Großer Bahnhof unter der Erde: Offizielle Feier zum Durchschlag des Rosensteintunnels im Zuge des Projekts Stuttgart 21. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die Bahn und Vertreter von Land, Region und Stadt feiern den Durchschlag des neuen S-Bahn-Tunnels Rosenstein nach 15 Monaten Bauzeit. Nur die Mineure fehlen beim offiziellen Festakt. Das hat seinen Grund.

Stuttgart - Montag, Viertel nach zwölf am Tunnelportal Mittnachtstraße: eine Bohrmaschine hämmert gegen die letzte verbliebene Wand des S-Bahn-Tunnels Rosenstein. Vertreter der Deutschen Bahn, von Land, Region und Stadt warten auf der anderen Seite gespannt auf den entscheidenden Moment. Einige Minuten später ist es dann soweit: Ein Loch klafft in der Wand, der Durchschlag im Andrea-Tunnel, benannt nach seiner Patin, der Feuerbacher Bezirksvorsteherin Andrea Klöber, ist vollzogen.

Zwar handelte es sich nur um einen symbolischen Durchschlag, der weniger Krach und Staub erzeugt als der tatsächliche. Dennoch ist das Ereignis im Gesamtkontext des Bahnprojekts Stuttgart 21 bedeutsam. Schließlich sind mit dem Abschluss der Bohrungen im S-Bahn-Tunnel Rosenstein fast alle Tunnel im Talkessel gegraben – 97 Prozent oder 50 Kilometer, ein kleiner „Ast“ fehlt noch.

Zentraler Verkehrsknoten für S-Bahn

Vor acht Jahren war eine Arbeitsgemeinschaft aus verschiedenen Unternehmen unter Federführung der Hochtief AG mit dem Bau beauftragt worden. Der reine S-Bahn-Tunnel ist 1170 Meter lang, er verbindet die Haltestelle Mittnachtstraße über die neue Neckarbrücke mit der Bestandsstrecke vom Hauptbahnhof in Richtung Bad Cannstatt. Der Bahnhof Mittnachtstraße wiederum wird der zentrale Verkehrsknoten für das nach dem Jahr 2030 entstehende Rosenstein-Quartier.

Am Tunnelportal feierten hochrangige Gäste den buchstäblichen und symbolischen Durchbruch: es sprachen unter anderem Thomas Bopp, Vorsitzender des Verbands Region Stuttgart, Verkehrsminister Winfried Hermann und Ronald Pofalla, Infrastruktur-Vorstand der Deutschen Bahn. Er freue sich, einen der letzten Tunneldurchschläge im Kessel zu feiern, sagte Pofalla. Das Vorstandsmitglied der Bahn betonte, dass man im Corona-Jahr 2020 mit S 21 insgesamt gut vorangekommen sei und verwies dabei unter anderem auf die Eröffnung der Stadtbahnhaltestelle Staatsgalerie im September. Auch am Flughafen starte man endlich durch. Der Durchschlag im Tunnel Rosenstein sei ein Beweis für diesen Fortschritt.

Heute Randlage, später Mittelpunkt

Verkehrsminister Winfried Hermann sieht in dem Tunnel vor allem eine Verbesserung für den Nahverkehr, ein Aspekt, der bei S 21 sonst oft kritisiert werde. Richtungsweisend sei, dass der öffentliche Verkehrsknoten bereits fertig sei, bevor das Rosenstein-Quartier erschlossen werde – ein Punkt, den auch Baubürgermeister Peter Pätzold hervorhob. Heute befinde sich die Station noch in einer Randlage, künftig bilde sie den Mittelpunkt eines neuen Quartiers mit 5300 Wohneinheiten, so Pätzold.

Thomas Bopp bezeichnete das Ereignis als „tollen Tag für die Region und die S-Bahn.“ Man sehe, dass S 21 von Anfang an ein Synergieprojekt gewesen sei, das Fernverkehr, Nahverkehr und Städtebau verbinde. Pofalla, Hermann und auch Bopp betonten außerdem, dass die S-Bahn insgesamt von der Digitalisierung der Schiene profitieren werde. Stuttgart ist europaweite Modellregion für das European Train Control System (ETCS), das bis Ende 2024 im Bahnknoten installiert sein wird und ab 2025 mit S 21 in Betrieb gehen soll. Allein auf der S-Bahn-Stammstrecke würde man dadurch um 20 Prozent leistungsfähiger, sagte Pofalla.

Mineure fehlen – coronabedingt

Die Protagonisten des Erfolgs fehlten am Montag allerdings: Die Mineure mussten den Feierlichkeiten aus Gründen des Infektionsschutzes fernbleiben. Nikolaus Graf von Matuschka von der Hochtief AG attestierte ihnen großes Können und „bergmännische Maßarbeit“ während der 15-monatigen Bauzeit. Die Herausforderungen seien groß gewesen, so etwa der Umgang mit dem quellfähigen Gestein Anhydrit. Sie seien aber bewältigt worden.