Flytrex verspricht nicht nur schnelle, sondern auch billige Lieferungen. Foto: Flytrex

Das israelische Start-up Flytrex behauptet, die Probleme der Lieferung per Drohne geknackt zu haben. In Island zeigt ein erster Alltagsbetrieb, in welcher Nische das Konzept funktionieren kann.

Tel Aviv - Alle Jahre wieder vor Weihnachten wird die Frage, wie wir der Online-Paketflut Herr werden können wieder ein beherrschendes Thema. Die Vision, dass Geschenke einmal von Drohnen gebracht werden, fasziniert viele. Ein israelisches Start-up zeigt, wie ein solcher Liefersystem organisiert werden kann - und auf welche Details es ankommt. In Reykjavik kann man Flytrex-Drohnen seit September im Alltagsbetrieb erleben. Das Start-up spricht vom ersten derartigen Lieferdienst weltweit in einem städtischen Umfeld.

Die Stadt ist von Wasserarmen durchzogen, sodass die Auslieferung auf dem Landweg oft lange Umwege bedeute - die Pizza vom Lieferdienst wird da schon einmal kalt. Die bisherigen Versuche von Amazon oder DHL mit Drohnenlieferungen fanden im ländlichem Raum statt oder auf Inseln. Daimler kooperiert versuchsweise in der Schweiz mit einem Online-Versender. Dort kombiniert man Lieferwagen- und Drohnenlieferung, um abgelegene Adressen im Gebirge zu erreichen. Flytrex glaubt hingegen jetzt schon an einen Massenmarkt in den Städten.

Flytrex blickt nur auf das lukrativste Liefersegment

Als Start-up hat man sich auf ein Marktsegment mit potenziell hoher Nachfrage und auf einen reibungslosen und nutzerfreundlichen Ablauf konzentriert. „Wir selber bauen keine Drohnen“, sagt der Flytrex-Gründer Bash. Flytrex agiere wie ein ganz normaler Spediteur, der einfach ein anderes Beförderungsmittel benutzt, sagt er. Man kauft handelsübliche Fluggeräte, meist aus China. „Drohnen werden in rasantem Entwicklungstempo immer leistungsfähiger und sicherer“, sagt Bash.

Die Drohnen fliegen mit bis zu 70 Stundenkilometern in festgelegten Flugkorridoren auf einer Höhe von maximal 200 Metern. Sie steuern auch nur fest umrissene, hindernisfreie Lieferzonen an. Sie landen nicht, sondern lassen ihr Paket aus etwa 15 bis 20 Metern an einem kleinen Drahtseil herunter. Die ganze Kommunikation mit dem Kunden von der Bestellung bis zur Freigabe der Paketübergabe von der Drohne zum Menschen funktioniert bequem per Smartphone.

„Das ganze Steuerungssystem befindet sich in der Cloud“, sagt Yariv Bash. Und ganz wie beim Taxifahrdienst Uber kann man auf einer Karte genau verfolgen, wo die Lieferdrohne sich genau befindet.

Eine Chance für kleinere Händler gegen Amazon?

Einen viel versprechenden Markt sieht man in kleinen Anbietern, die ihren Kunden mithilfe von Drohnen eine sehr schnelle Lieferung versprechen können. Das sind nicht nur Essenslieferanten, sondern auch kleine Händler, die direkt vom ihrem Lager liefern. Große Versender wie Amazon müssten wohnortnahe Verteilzentren erst flächendeckend aufbauen.

Ein Start-up wie Flytrex, das sich nur als Spediteur sieht, kann sich hingegen die Rosinen herauspicken. Bei kleineren Läden ist auch weniger ein Hemmnis, dass sich Drohnen nicht für größere Liefermengen eignen. Hier ist hingegen ein eigener Lieferwagen schlicht zu groß.

Zwei Drohnen sollen einen Lieferwagen ersetzen

Die Lieferung per Drohne sei in diesem Bereich heute schon wirtschaftlich konkurrenzfähig, sagt der Flytrex-Gründer Bash: „Sie ist deutlich billiger als mit dem Lieferwagen.“ Flytrex wirbt mit Kosten ab 0,8 US-Cent je Meile, also etwa 0,4 Cent je Kilometer. Da Drohnen schnell und häufig zur Basis hin- und herfliegen, könnten schon zwei Fluggeräte trotz ihrer viel niedrigeren Zuladung einen Lieferwagen ersetzen.

Die Reichweite sei bei einem solchen System kein Problem: Die Akkus können bei der Beladung rasch ausgetauscht werden. Die Rechnung funktioniert allerdings nur, wenn sich die Lieferungen gleichmäßig über den Tag verteilen - was durch unterschiedliche Lieferkosten je nach Tageszeit gesteuert werden soll. In Reykjavik peilt man mit zwei Drohnen schon 100 Flüge am Tag an.

Die Regulierer in den USA beeilen sich

Pakete mit einem Gewicht von bis zu drei Kilogramm kann man so ausliefern. „Das sind heute 86 Prozent des Paketaufkommens“, sagt Bash. Die regulatorischen Hemmnisse sieht er sehr schnell verschwinden: „Die US-Flugaufsichtsbehörde FAA, die bis 2020 die Spielregeln für die USA erstellen wollte, hat jetzt das Ganze auf 2019 vorgezogen“, sagt er.

Das größte Problem des Online-Paketversands kann aber auch Flytrex nicht lösen: Die Lieferung funktioniert nur, wenn ein Empfänger das Paket direkt abnimmt. Wenn in der Übergabezone niemand die Freigabe erteilt, muss die Drohne unverrichteter Dinge wieder zur Ausgangsbasis zurückfliegen.

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Probleme bei der Lieferung mit Drohnen

Sicherheit - Noch fehlt in den meisten Ländern die Genehmigung der Flugsicherheitsbehörden für den autonomen Drohnenflug insbesondere in dicht besiedelten Gebieten. Drohnen auf Augenhöhe mit Spaziergängern oder an der Haustür sind ein Risiko, das bisher nicht beherrschbar ist. Von einer intelligenten Sensorik, wie man sie etwa für das autonome Fahren braucht, ist man noch weit entfernt.

Kapazität - Um die zehn Kilogramm dürften vorerst das Limit sein. Bei handelsüblichen Drohnen liegt heute die Gewichtsgrenze deutlich niedriger. Ein Drohne kann also nur durch häufiges Hin- und Herfliegen diesen Nachteil kompensieren. Und dafür braucht es ein Netzwerk von dezentralen Zwischenlagern, die ihrerseits beliefert werden müssen.

Reichweite - Drohnen fliegen mit Akkus, die nicht unbegrenzt Kapazitäten haben. Flugstrecken von mehr als zehn Kilometern dürften nicht wirtschaftlich sein. Wieder gilt: Eine Drohne muss eine sehr hohe Umlauf- und Umschlagsgeschwindigkeit haben, um sich zu lohnen.

Flexibilität- Eine Drohne ist extrem flexibel - wenn ein Empfänger auf sie wartet. Doch sie ist keine Lösung für das zentrale Problem der „letzten Meile“, die Abwesenheit des Bestellers. Der müsste im Drohnenzeitalter akzeptieren, dass er zum Empfang des Pakets da sein muss.