Das Gebäude hinter der Messstation in der Reutlinger Lederstraße soll abgerissen werden. Fällt die Bebauung, dann sinkt auch der Stickoxidwert ist die Hoffnung der Stadtverwaltung. Foto: dpa

Reutlingen will unbedingt ein Fahrverbot für Diesel vermeiden. Die Aktionen der Stadt, um die Schadstoffwerte zu verringern, werden immer verzweifelter.

Reutlingen - Ein in die Jahre gekommenes Kassenhäuschen steht der Luftreinhaltung in Reutlingen buchstäblich im Weg. Gebaut für eine Landesgartenschau in den 80er Jahren, soll es einer Frischluftschneise für die Messstation in der Lederstraße weichen, einer der dreckigsten Straßen im Land. Die fromme Hoffnung der Stadtverwaltung: Fällt das Häuschen gleich neben der Messstelle, dann fällt auch der Stickoxidwert – mehr Durchzug verpustet die Schadstoffe. 40 Mikrogramm pro Kubikmeter sind erlaubt, 48 Mikrogramm sind im Jahresmittel erfasst worden. Wenn der Grenzwert nicht bald erreicht wird, kommt auch in Reutlingen ein Fahrverbot für die alten Diesel wie es bereits in Stuttgart verhängt wurde.

Reutlingen will eine Fahrspur in der dreckigen Lederstraße temporär sperren

Um bald jeden Preis wird die Luft rund um den Messquader verbessert – nicht der Gesundheit der Anwohner wegen, sondern um die Diesellobby zu beruhigen. Geholfen hat’s nur bedingt, immer verzweifelter werden die Aktionen. Weder der neue 135 Millionen Euro teure Tunnel zur Innenstadtumfahrung noch das Lastwagendurchfahrtsverbot führte zum Zielwert. Reutlingen muss nachlegen: eine Fahrbahn der zweispurigen Hauptverkehrsader soll auf 250 Meter exakt vor der Messstation gesperrt werden, dem hat der Bau- und Verkehrsausschuss jetzt zugestimmt. Anfangs nachts und am Wochenende, später so lange wie möglich – je nach Stautoleranz der Reutlinger. Schadstofffressende Spezialfarbe wird an drei Fassaden gepinselt. Und für eine halbe Million Euro sollen zwei Blitzer für Lastwagen her, um das Durchfahrtsverbot zu kontrollieren – wenn es schon die Polizei nicht macht. Alles zusammen bringt das Paket bis zu acht Mikrogramm weniger Stickoxidbelastung, verspricht Baubürgermeisterin Ulrike Hotz. Das wäre eine Punktlandung.

Schade um das Kassenhäuschen ist es nicht. Nur hielt das Bauwerk den Lärm ab. Die Stadt nimmt deshalb 350 000 Euro für den Umbau in die Hand. Sie spendiert einerseits den Anwohnern lärmgedämmte Fenster und zieht andererseits eine acht Meter hohe Schallschutzwand in reichlich Abstand zur Messstation hoch. Baubürgermeisterin Hotz freut sich schon darauf darauf: „Das gibt etwas ganz Tolles.“