Ein relativ einfaches System soll ältere Diesel retten: Werner Hofsäß (links) und Giuseppe Rocco) beim Einbau eines Filters. Foto: factum/Jürgen Bach

Das Stuttgarter Regierungspräsidium will weitere Fahrverbote im Großraum verhindern und unterstützt deshalb Filterhersteller und Kfz-Werkstätten, die für eine Ertüchtigung älterer Dieselautos werben.

Ludwigsburg - Auch wenn augenblicklich wegen der Pandemie deutlich weniger Autos fahren: Ludwigsburg droht nach wie vor ein Fahrverbot. Um dem zu entgehen, wurde im vergangenen Herbst ein Bündel von Maßnahmen beschlossen – und jetzt das Modell eines Filters zur Diesel-Nachrüstung angepriesen. Nachdem VW und Daimler eine Nachrüstprämie von 3000 Euro für ältere Dieselfahrzeuge in Aussicht gestellt haben, bieten die Werkstätten jetzt den Bausatz zum passenden Preis. „Dadurch entstehen dem Autofahrer keine Nachteile“, warb der Regierungspräsident Wolfgang Reimer bei der Präsentation des Filters in einem Ludwigsburger Autohaus.

Das Kfz-Gewerbe ist nicht gut auf die Autohersteller zu sprechen. Zu groß sei der Vertrauensverlust. „Wir haben bis zu 90 Prozent Stammkunden“, sagt Petra Tschirner vom Autohaus Tschirner & Fuchs. Nichts sei schlimmer, als diese zu beleidigen. Jetzt gebe es endlich ein Chance, etwas wieder gut zu machen.

Einbau dauert kaum 30 Minuten

Zur Vorführung im Autohaus gehörte der Einbau eines Gerätes, das stark an den guten alten Drei-Wege-Katalysator erinnert, mit dem in den achtziger Jahren Fahrzeuge nachgerüstet wurden, um dem Waldsterben zu begegnen. Der Einbau dauert kaum 30 Minuten, große Eingriffe in die Fahrzeugtechnik sind nicht nötig. Warum also haben die Hersteller jahrelang behauptet, diese Nachrüstung sei unmöglich, weil dafür in die Motorsteuerung eingegriffen werden müsse? Und dass dafür in den meisten Autos der Platz unter der Motorhaube gar nicht ausreiche?

„Wer so etwas behauptet hat, ist entweder dämlich oder hat keine Ahnung vom Auto“, schimpfte der Obermeister Thorsten Treiber. Der VW-Vorstand habe damit „alternative Fakten“ in die Welt gesetzt. „Denn das ist falsch.“ Im Grunde beruhe der vorgestellte Filter auf einem relativ einfachen System, sagte Petra Haas, die Vertriebsleiterin der Firma Oberlang-Mangold, die seit 25 Jahren Filtersysteme produziert.

„Man hätte sich die lange Kakofonie im Dieselskandal sparen können“, sagte Ludwigsburgs Erster Bürgermeister Konrad Seigfried, der sich als Betroffener outete: „Ich fahre privat einen Euro-5-Diesel“, sagte er. „Den habe ich mir gekauft, weil man mir damals sagte, dass man damit etwas Gutes für die Umwelt tut.“ Das Beste, was man als Besitzer eines solchen Wagens in dieser Situation noch für die Umwelt tun könne, sei eine Nachrüstung, sagt Seigfried. Es sei sehr viel besser für die Ökobilanz, wenn ein bereits produzierter Wagen noch einige Jahre gefahren werde. Ihn zu verschrotten und einen Neuwagen zu kaufen sei keine Alternative.

Regierungspräsident: Gelegenheit ist günstig

Auch das Kfz-Gewerbe profitiere mehr von eine Nachrüstung als vom Neuwagenkauf, sagte der Innungsgeschäftsführer Christian Reher. Der Wagen, der am Donnerstag beispielhaft umgerüstet wurde, könne noch bis zu zehn Jahre laufen: „Das ist dann wirklich nachhaltig.“

Nach Angaben von Oberland Mangold sind im Bereich des Stuttgarter Regierungspräsidiums noch etwa 14 000 Dieselautos gemeldet, für die diese Art von Katalysator in Frage käme. „Wenn möglichst viele davon beim Nachrüsten mitmachen, wird es keine Fahrverbote geben“, sagt der Regierungspräsident.

Damit das Ganze für die Kunden aber wirklich das von der Kfz-Innung, den Werkstätten und den Filterbauern versprochene Nullsummenspiel werden kann, müsste der Bund reagieren. Denn der Nachrüstbetrag von 3000 Euro reicht nur für den Kauf und den Einbau eines Filters – ohne Mehrwertsteuer.

Die Gelegenheit sei günstig, meinte Reimer. Die Berliner Regierung debattiere über Förderungen der Autobranche, um die Verluste auszugleichen, die der Stillstand wegen der Corona-Krise verursacht habe. „Eine Abwrackprämie ist unsinnig“, sagte der Regierungspräsident. Stattdessen sollte der Bund in eine Nachrüstprämie investieren und den Betroffenen die bei einer Nachrüstung anfallende Mehrwertsteuer erlassen.

Ein Stück Gesundheitsschutz

Über dem Streit über die Dieselproblematik und die Schadstoffgrenzwerte, die ausschlaggebend für Fahrverbote sind, dürfe man nicht vergessen, dass es auch dabei um die Gesundheit der Menschen gehe, sagte Seigfried. Auch eine Filternachrüstung sei ein Stück Gesundheitsschutz. „Es geht ja nicht nur darum, Zahlen einzuhalten, es geht darum, diese Werte tatsächlich zu unterschreiten“, sagte der Bürgermeister. „Die Anwohner, die dem unmittelbar ausgesetzt sind, wissen was das bedeutet.“

Reimer ergänzte: Nachdem man in Ludwigsburg jahrelang nur in der Friedrichstraße überhöhte Werte gemessen habe, gebe es jetzt auch in der Schlossstraße deutlich überhöhte Schadstoffwerte.