Papst Franziskus betet am 26. Februar 2017 in der anglikanischen Allerheiligen Kirche in Rom vor einer Christus-Ikone des englischen Künstlers Ian Knowles. Foto: dpa

Das Vaterunser ist das bekannteste Gebet der Welt. Nun könnte es in der katholischen Kirche an einer ganz entscheidenden Stelle geändert werden. Papst Franziskus hat bereits sein Einverständnis gegeben.

Rom - Papst Franziskus hat die Übersetzung des Vaterunser in mehreren Sprachen bemängelt. Die Bitte „Und führe uns nicht in Versuchung“, wie sie etwa im Deutschen und Italienischen lautet, sei „keine gute Übersetzung“, sagte das katholische Kirchenoberhaupt in einem Interview des Senders TV2000.

Versucher und Versuchter

„Lass mich nicht in Versuchung geraten“, träfe es besser, sagte Franziskus. „Ich bin es, der fällt, aber es ist nicht er, der mich in Versuchung geraten lässt.“ Ein Vater mache so etwas nicht. „Ein Vater hilft, sofort wieder aufzustehen. Wer dich in Versuchung führt, ist Satan.“ In dem Gespräch sagte Franziskus, in Frankreich hätten die Bischöfe aus diesem Grund beschlossen, die offizielle Übersetzung des Vaterunser zu ändern. Die Bitte laute nun: „Lasst uns nicht in Versuchung geraten.“

Im Wortlaut: „Vater unser im Himmel . . .

geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe,

wie im Himmel so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft

und die Herrlichkeit in Ewigkeit.

Amen.“

Kritik an päpstlichen Idee

Kritik am dem pontifikalen Vorschlag kam von Bischöfen und Theologen. Nach Ansicht des Bochumer katholischen Theologen Thomas Söding sollte die deutsche Vaterunser-Übersetzung „und führe uns nicht in Versuchung“ trotz der Kritik von Papst Franziskus erhalten bleiben. „Die deutsche Übersetzung braucht nicht verändert zu werden. Sie muss bleiben, wie sie ist“, sagte er.

Die bisherige Übersetzung aus dem griechischen Originaltext sei wörtlich, erklärte der katholische Bibelwissenschaftler. „Wer mit den Worten Jesu beten will, hält sich am besten ans Neue Testament.“

„Ein guter Vater hält Anklagen aus“

Auch der Jesuitenpater Klaus Mertes sprach sich gegen Änderungen aus. Er plädierte dafür, die Zeile „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen“ beizubehalten. Diese Übersetzung entspreche dem Originaltext und dem Gottesbild im Neuen Testament, erläuterte der Ordensmann. Er verwies auf eine von den Evangelisten Markus, Matthäus und Lukas überlieferte Episode: „Jesus wird vom Geist in die Wüste geführt, damit er dort versucht wird.“ Gemeint sei der Geist Gottes, Gott trete als Subjekt, als Verführender auf.

Eine Versuchung sei keine Strafe, betonte Mertes. „Dann wäre der Mensch, der sich in einer Versuchungssituation findet, selbst daran schuld.“ Dies sei ein wichtiger Punkt. „Gott in die Verantwortung zu nehmen – das hat eine ganz wesentliche entlastende Funktion.“