Frankreichs Polizisten sind nicht immer zimperlich bei ihren Einsätzen. Doch nun sollen sie sich von ihrem Prügel-Image lösen. Das Bild zeigt einen Einsatz am Place de la Nation in Paris. Foto: dpa/Lorena Sopêna I Lòpez

Immer wieder machen Videos vom brutalen Vorgehen der Beamten die Runde. Nun sollen die Sicherheitskräfte neu aufgestellt werden.

Paris - Die Helden von gestern sind die Buhmänner von heute. Nach den schweren Terroranschlägen im Jahr 2015 wurden in Frankreich die Polizei und der Sicherheitsapparat überschwänglich gefeiert. Sie waren es, die in jenen traumatischen Wochen für den Sieg der staatlichen Ordnung über das Chaos standen. Doch das Bild hat sich gewandelt, nun sieht sich die Polizei selbst am Pranger. Seit Monaten wird der überharte Einsatz der Beamten während der Proteste der Gelbwesten oder bei Räumungen von illegalen Flüchtlingslagern in verschiedenen französischen Städten diskutiert.

Entsetzen über Prügel-Video

Für Entsetzen sorgte jüngst das Video von Pariser Polizisten, die einen schwarzen Musikproduzenten in dessen Studio ohne erkennbaren Grund schlugen und traten - nicht ahnend, dass eine Überwachungskamera sie filmte. Umfragen zeigen, dass das Vertrauen der Franzosen in die Sicherheitskräfte dramatisch gesunken ist, vor allem bei den jungen Menschen. Über die Hälfte der 18- bis 30-Jährigen hält die Polizei für brutal und rassistisch.

Emmanuel Macron will dem Prügel-Image der Beamten nun ein Ende bereiten. Die Attacken der Beamten auf zum Teil unbescholtene Bürger seien eine Schande für Frankreich, erklärte der Präsident. Also hat er einen Runden Tisch ins Leben gerufen, der sich in diesen Tagen zum ersten Mal trifft und über eine Neuaufstellung der Sicherheitskräfte diskutieren soll. Unter der Federführung von Innenminister Gérald Darmanin sollen die die Gespräche mit Polizeigewerkschaften, Politikern, Anwälten und Vertretern der Zivilgesellschaft in ein „groß angelegtes Gesetz für innere Sicherheit“ münden.

Die Probleme liegen auf der Hand

Doch schon vor der Einberufung des Runden Tisches lagen die Probleme offen auf der Hand. Kritisiert wird immer wieder eine zu kurze Grundausbildung der Beamten. Sie war nach den Anschlägen von 2015 von zwölf auf acht Monate verkürzt worden, um schneller Einsatzkräfte zur Verfügung zu haben. Die schlechte Bezahlung ist ein Thema und die miserable Ausrüstung. Auch die internen Ermittlungen nach Übergriffen von Polizisten im Einsatz steht im Fokus. Selbst nach Einsätzen mit Todesfolge werden Beamte nur selten belangt.

Viele Polizisten halten den Runden Tisch allerdings für einen Affront. In einem offenen Brief an den Präsidenten schreibt eine Polizeigewerkschaft, dass die Beamten zu Unrecht beschuldigt würden – und hebt selbst zur Klage an. Seit Jahren würde sich die Einsatzkräfte über die schlechte Bezahlung, zu wenig Personal, eine mangelhafte Ausrüstung und Überlastung durch Anti-Terror-Einsätze beschweren. Neuerdings muss die Polizei auch noch kontrollieren, ob sich die Franzosen an die Ausgangsbeschränkungen und die Maskenpflicht in der Corona-Pandemie halten.

Kritik der Polizei-Gewerkschaften

Die politische Opposition hält die Gespräche für ein durchschaubares Manöver des Präsidenten. Mit demselben Mittel habe Macron auf die Proteste der Gelbwesten oder auch die Probleme im Gesundheitssektor reagiert, ohne am Ende wirklich etwas zu bewegen. Auch Fabien Vanhemelryck, Generalsekretär der Polizeigewerkschaft Alliance, ist skeptisch. Die Debatte dürfe nicht zu einer Art „Wahlkampfveranstaltung“ werden, warnt er. Nicht nur er hegt diesen Verdacht, denn die Ergebnisse der Runde sollen im kommenden Frühjahr verkündet werden, kurz vor der Präsidentschaftswahl im Mai 2022.