Unschöne Hinterlassenschaften am Lukasplatz (links) und an der Sickstraße. Foto: Christoph Kutzer

Die SPD Stuttgart und ihr Ortsverband diskutierten am Donnerstag mit Bürgern und Experten über Wege zu mehr Sauberkeit im Stuttgarter Osten.

S-Ost - Verlassen liegt der Lukasplatz in der Abendsonne. Dass es hier ein Problem mit zu viel Müll gibt, ist am Donnerstag kaum zu erahnen. Zwischen den Altglas- und kleidercontainern stehen Tüten mit Unrat. Ansonsten ist das Areal sauber. „Im Sommer kann das ganz anders aussehen“, weiß Gerd Häußler, Pfarrer der Lukasgemeinde. „Ich freue mich immer, wenn ich sehe, dass die Kirchentreppen belebt sind“, lässt er die Interessierten wissen, die zur SPD-Veranstaltung „Who kehrs? Sauberkeit und Zusammenhalt im Stuttgarter Osten“ ins Gemeindehaus an der Landhausstraße gekommen sind. „Am späten Nachmittag ärgere mich dann, weil die Leute weg sind, aber ihren Müll dagelassen haben.“

Müll im öffentlichen Raum ist mehr als ein Ärgernis

„Es ist wichtig zu erkennen, dass die Verschmutzung kein individuelles und kein rein ästhetisches Problem ist“, stellt Anja Dargatz, Vorstandsmitglied des SPD-Ortsverbands Ost fest. „Wie dreckig es ist, hat auch Auswirkungen darauf, ob wir uns zuhause fühlen und zeigt, wie wir zur Gemeinschaft stehen.“ Daniel Rölle, Soziologe an der Universität Speyer, untermauert mit seinem Impulsvortrag die These, dass Müll im öffentlichen Raum mehr ist, als ein Ärgernis für Ordnungsfanatiker. „Mangelnde Sauberkeit trägt ebenso wie leerstehende Gebäude oder verwilderte Gelände zu einer Verunsicherung der Bürger bei“, erklärt er. Zudem folge Vermüllung einer ähnlichen Logik wie Vandalismus.

Wo eine Fensterscheibe eingeworfen sei, werde schon bald die nächste zertrümmert, sagt Rölle unter Bezugnahme auf eine Theorie amerikanischer Sozialwissenschaftler. Beim Müll sehe es ähnlich aus: Wo einer etwas hinwerfe, folgten andere nach. Das gilt im Stuttgarter Osten ebenso für die Grünstreifen an der Ostendstraße wie für den Grillplatz im Schlossgarten oder den Klingenbachpark. Hinzu kommen Schmutzmagneten wie die Haltestellen des ÖPNV, wo insbesondere Zigarettenkippen zur Verschmutzung beitragen.

An das Bewusstmachen appelliert

Dass vor allem junge Menschen den Stadtbezirk mit undiszipliniertem Verhalten unansehnlicher machen, ist ein naheliegender Gedanke. Suvi-Kristin Welt von der Mobilen Jugendarbeit Stuttgart Ost betont allerdings, beim Umgang mit dem Müll handle es sich um ein Querschnittsproblem. Jugendliche seien zwar Mitverursacher städtischer Verunreinigung, aber beileibe nicht allein verantwortlich. Einen möglichen Lösungsansatz sieht die Sozialarbeiterin in der gemeinsamen Schaffung von Treffpunkten im öffentlichen Raum. „Wenn junge Leute etwas selbst mit aufgebaut haben, sind sie auch eher bereit, acht zu geben, dass es nicht verkommt.“ Zudem empfiehlt Welt, mehr Bewusstsein dafür zu schaffen, was es bedeutet, die Stadt sauber zu halten: „Mehr Wertschätzung für die Männer in der orangefarbenen Arbeitskleidung ist mit Sicherheit hilfreich, wenn es darum geht, nicht einfach alles fallen zu lassen.“

Obwohl den Teilnehmern der Podiumsdiskussion und den ebenfalls zu Statements eingeladenen Besuchern der Veranstaltung Ideen wie die Übernahme von Patenschaften für die Pflege besonderer Plätze oder Straßen und persönliches Engagement mit Vorbildcharakter näher liegen, als Serviceleistungen, werden auch die Pläne der Stadt mit Interesse wahrgenommen. Stadtrat Martin Körner gewährt Einblicke in die Maßnahmen, von denen im Rahmen eines 10 Millionen Euro umfassenden Gesamtpakets auch der Osten profitieren soll: Ab dem Frühjahr ist eine Nassreinigung auf Ostend- und Gablenberger Hauptstraße vorgesehen. Tal- und Wagenburgstraße sollen künftig wöchentlich, statt zweiwöchentlich gereinigt werden, acht Spielplätze im Quartier will man sogar mehrmals pro Woche säubern. Auch will Stuttgart ein Mehrwegbechersystem einführen, das die Müllflut durch To-Go Getränke eindämmen soll.

Knackpunkt bleibt die Einsicht des Einzelnen in die Notwendigkeit, seinen Stadtteil sauber zu halten. Und sei es über die Kehrwoche. Die hat Daniel Rölle gemeinsam mit Studierenden aufs Korn genommen: Im Zuge einer Untersuchung fanden die Beteiligten heraus, dass die Reinhaltung des Bereichs vor der eigenen Haustür beliebter ist, als vermutet und mehrheitlich aus Überzeugung praktiziert wird.