Schließlich macht Übung die Meister. Foto: Horst Rudel

Mit Scheiben auf Körbe zielen – im Nürtinger Galgenbergpark gibt es seit bald einem Jahr einen Discgolf-Parcours. Was verbirgt sich hinter dem Outdoorsport, der immer mehr zum Trend wird?

Nürtingen - Breitbeinig steht Markus Hybl im Klee und schaut konzentriert in die Ferne. Am anderen Ende der Wiese steht ein Metallkorb auf einer Stelze; das Ziel. In seiner rechten Hand hält er eine Kunststoffscheibe, ähnlich einem Frisbee. Vier Finger hat er fest unter den gebogenen Rand der Scheibe geschoben, der Daumen fixiert von oben. Das ist der Powergrip, erklärt er. Dann geht es blitzschnell. Nah am Körper vorbei reißt er den Arm herum und schleudert – zack! – die Scheibe in die Ferne. Die fliegt erst geradeaus und macht dann einen Linksbogen. Das ist Discgolf. In Nürtingen steht einer von gerade mal zwei Parcours in der Region.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Die schönsten Tipps für Daheimgebliebene

Markus Hybl ist nach eigenen Angaben fast täglich da. „Im Endeffekt ist es ein großes Minigolf“, erklärt er. Man wirft ab einem fixen Startpunkt auf den Korb, und von da, wo die Scheibe landet, spielt man weiter, bis das Ding in den Ketten rasselt. Wer am Ende die wenigsten Würfe benötigt hat, ist Sieger. Die Bahnen hat die Stadt erst im September 2020 installiert. „Es war meine Idee“, sagt der 46-Jährige. Zwei Monate später wurde der Discgolf- und Frisbeeclub Nürtingen gegründet, Hybl steht ihm vor. Der Verein mit dem Eichhörnchen-Logo betreut als Kooperationspartner die Anlage. Infotafeln vor Ort erklären den Parcours und die Regeln.

Was ist das Besondere?

Während etwa in den USA, wo die Sportart in in den 1970-er Jahren entwickelt wurde, Profis discgolfen, ist es hierzulande den meisten Menschen gänzlich unbekannt. Kein Wunder also, dass Markus Hybl und seine Mitstreiter in den Wurfkörben immer wieder Äpfel und Heu finden – die Leute halten die Installationen für Wildtier-Futterstellen. Allerdings findet die Outdoor-Freizeitbeschäftigung immer mehr Fans. Markus Hybl spricht von einem Boom, gerade seit Corona. „Es ist eine brutal wachsende Sportart“, sagt er. Es gebe immer mehr Spieler, aber kaum Parcours. Wohl deshalb ist im jüngsten Stuttgarter Bürgerhaushalt die Idee vom „0711 Disc-Golf-Kurs“ aufgetaucht.

Lesen Sie aus unserem Plus-Angebot: Der Trend geht zu App und Premium

Für wen ist Discgolf geeignet?

Allein, in Gruppen, mit Kindern: Discgolf funktioniert in nahezu jeder Konstellation. Laut Markus Hybl sollten sich aber nicht mehr als vier Personen einen Korb teilen. Ein bestimmtes Fitnesslevel muss auch nicht erfüllt werden. Allerdings: Der Nürtinger Parcours liegt an einem Hang, und die letzte der elf Bahnen liegt ganz oben. Gutes Schuhwerk ist also von Vorteil.

Was gibt es vor Ort sonst noch?

Der Discgolf-Parcours liegt mitten im idyllischen Galgenbergpark. Dort kann man prima einen ganzen Tag verbringen. Erst im Mai hat die Stadtverwaltung Outdoor-Fitnessgeräte installiert, daneben sind ein großer Spielplatz und Fußballtore, das Hallen- und das Freibad sowie ein Skatepark. Wer die Gegend weiter erkunden will, dem sei der Premiumwanderweg „Hochgehblickt“ empfohlen. Der startet im Park an einer großen Übersichtstafel. Highlights auf dem neun Kilometer langen, gefälligen Rundweg: die Mauern eines römischen Gutshofs, der 1988 bei Arbeiten in einem Neubaugebiet entdeckt worden war, die Alpakafarm mit ihren riesigen Außengehegen und ein famoser Blick übers Neckartal.

Lesen Sie aus unserem Plus-Angebot: Sicherheit geht im Urlaub vor

Wie kommt man hin?

Der Galgenbergpark ist mit dem Auto bestens zu erreichen und liegt in Nürtingen nahe der Stelle, wo die Bundesstraßen 313 und 297 aufeinandertreffen. Sowohl das Hallenbad als auch das Freibad, beide unmittelbar am Gelände gelegen, verfügen über große Parkplätze. Markus Hybl empfiehlt zudem die Anreise mit den öffentlichen Verkehrsmitteln bis zum Bahnhof Nürtingen. „Der Zug kommt in zehn Gehminuten Entfernung an“, sagt er. Auch eine Möglichkeit: Wer den Discgolf-Tag schon sportlich starten will, kann mit dem Rad kommen. Neben dem Galgenbergpark verläuft die vierte Etappe des Neckartalradwegs. Der 52 Kilometer lange Streckenabschnitt führt auf nahezu ebener Strecke von Tübingen nach Esslingen.

Wie ist es mit der Verpflegung?

Nichts geht über ein Picknick im Grünen! Der Galgenbergpark ist üppig bestückt mit großen Bäumen, unter denen man sich auf den weitläufigen Wiesen niederlassen kann. Auch Bänke hat die Stadtverwaltung nicht zu knapp aufgestellt. Vesper vergessen? Just in diesem Sommer soll mitten im Park in einem historischen Gebäude, der ehemaligen Trinkhalle der Heinrichsquelle, ein Kiosk eröffnen, das „Heinrichs-Café“. Auch sanitäre Anlagen sind vorgesehen.

Was braucht man zum Discgolfen?

Distance Driver, Midrange, Putter: Die Scheibenlehre scheint eine Wissenschaft für sich zu sein. Die einen fliegen weit, die anderen weniger. Sogar einen echten Sammlerkult gibt es. Laien können aber einfach starten. „Es reicht eine Scheibe, dann können Sie anfangen“, sagt Markus Hybl. Ab zehn Euro werde man im Internet oder im Fachhandel fündig. Klassische Frisbees taugten indes nicht. Wer einfach mal schnuppern möchte, wird im „Heinrichs-Café“ Scheiben ausleihen können. Manuel Sachs (35) aus Dettingen, ebenfalls ein passionierter Discgolfer, prophezeit: „Wer einmal gespielt hat, spielt zu 90 Prozent wieder.“

Fallen sonst noch Kosten an?

Nein, die Anlage steht jedermann offen. „Das Schöne an dem Sport ist: Er ist kostenlos“, sagt Markus Hybl. Ein weiterer Vorteil sei, dass man jederzeit spielen könne – selbst im Winter. Eine Einschränkung gibt es in Nürtingen allerdings: Um die Sicherheit der Spaziergänger und der Nutzer der Liegewiesen zu gewährleisten, gilt an Sonn- und Feiertagen zwischen 11 und 17 Uhr ein Spielverbot.

www.nuertingen-squirrels.de