Dirk Mack (li., damals noch bei 1899 Hoffenheim) bei einem Testspiel der U20 von China in Großaspach im Gespräch mit dem chinesischen Teammanager Jiayi Shao. Foto: Baumann

Dirk Mack hat seinen langfristigen Vertrag als Fußball-Nachwuchsdirektor bei 1899 Hoffenheim aufgeben und sucht gemeinsam mit Paco Vaz das Abenteuer in China. Derzeit befinden sie sich im Trainingslager in Dubai – wann es zurückgeht, ist wegen des Coronavirus ungewiss.

Stuttgart - Dirk Mack befindet sich mit seinem neuen Verein Shandong Luneng im Trainingslager in Dubai. So richtig weiß der ehemalige Nachwuchsdirektor von Fußball-Bundesligist 1899 Hoffenheim aber nicht, wie lange noch. Der ursprünglich für 22. Februar vorgesehen Saisonstart in Chinas erster Liga wurde vom chinesischen Fußballverband CFA verschoben. Auf unbestimmte Zeit. Der Coronavirus macht auch vor dem Fußball nicht halt. „Eigentlich wollten wir am 13. Februar zurückfliegen. Aber wir müssen abwarten, vielleicht bleiben wir länger in Dubai oder wir legen noch einmal eine Pause ein“, sagt Mack.

Temperaturmessung beim Abflug

Als der Trip ins Trainingslager vor gut einer Woche begann, deutete bei der Abreise in China noch wenig auf die Ausmaße der Lungenkrankheit hin. „Wir bekamen die Berichterstattung aus Deutschland mit, in China war es ruhig“, berichtet Mack. Die einzige ungewöhnliche Maßnahme erfolgte auf dem Flughafen vor der Reise nach Dubai. Da wurden bei ihm und allen anderen Fluggästen eine Temperaturmessung an der Stirn vorgenommen – ansonsten habe man wenig mitbekommen.

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Dirk Mack wird aus der Heimat viel auf das Thema angesprochen. In Panik gerät der gebürtige Bietigheimer mit Hauptwohnsitz in Löchgau nicht. Die Entscheidung, das Abenteuer China anzugehen, hat er sich reiflich überlegt. Wie es zustande kam? Lose Kontakte gab es schon länger, doch Ende vergangenen Jahres kam Schwung in die Sache. Vom 26. bis zum 29. Dezember 2019 hielt Mack einen Vortrag in China zum Thema Talententwicklung. Vereinfacht ausgedrückt, beleuchtete er wie aus Nachwuchsfußballern in einer Akademie Profis werden.

Die Verantwortlichen von Shandong Luneng waren Feuer und Flamme und wollten den Experten genau für diese Aufgabe unbedingt verpflichten. Mack, bis 2015 18 Jahre lang leitender Verbandssportlehrer beim Württembergischen Fußballverband (WFV), flog nach Deutschland zurück und hatte schon bei der Landung in Frankfurt ein konkretes Angebot auf seinem Handy. Er nahm mit Dietmar Hopp und den Geschäftsführern der TSG Hoffenheim Kontakt auf. Sie rieten ihm, noch einmal ins Reich der Mitte zu fliegen, sich alles genau anzuschauen und sich dann zu entscheiden.

Felix Magath trainierte den Club

Genau das tat der 51-Jährige am 8. Januar, er informierte sich zudem über den Club, den auch schon Felix Magath von Juni 2016 bis Dezember 2017 trainierte. Zum Beispiel bei dessen damaligem Torwart-Trainer Andre Lenz. Die Rückmeldungen waren positiv, das Angebot äußerst lukrativ – Mack entschloss sich, das Abenteuer anzugehen. Die TSG-Führungsetage ließ ihn aus dem langfristigen Vertrag. Und die Familie? Die stimmte zu. Seine Kinder, der VfB-Profi Luca (19) und das große Tennis-Talent Mia (15), sind aus dem Gröbsten raus. Seiner Frau Stefanie wird es mit ihrer Rehapraxis auch nicht langweilig. „Zudem ist das ganze ja zeitlich begrenzt“, betont Mack, der für den WFV und den DFB zwar schon in Asien, Afrika und den USA unterwegs war, aber sich selbst als bodenständig bezeichnet.

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Bis 2022 läuft der Kontrakt, plus Option. Schwäbischen Anschluss hat er gleich mitgebracht. Paco Vaz, bis zur Winterpause Trainer des Oberligisten VfB Stuttgart II, gehört zum Trainerteam. „Ich kenne Paco schon lange. Er ist ein akribischer Arbeiter und als er frei war, kam diese Personalie ins Rollen“, sagt Mack. Beide unterstützen Chefcoach Li Xiaopeng, eine Legende in dem chinesischen Club und WM-Teilnehmer 2002. Mack hat zudem das große Ganze im Blick. Er arbeitet Konzepte aus, feilt an den Strukturen und entwickelt eine Strategie für den Verein in der 8,7 Millionen Einwohner zählenden Stadt Jinan, rund 400 Kilometer südöstlich von Peking gelegen.

Hervorragende Infrastruktur

Der erste Eindruck ist hervorragend. „Die Infrastruktur sucht ihresgleichen. Die ist auf allerhöchstem Standard“, erzählt Mack und schwärmt vom riesigen Trainingszentrum am Rande der Stadt mit sechs Rasen- und einem Kunstrasenplatz sowie einem überdachten Spielfeld, mit Hallenbädern und einem Wohnkomplex für Spieler und Trainer. Bekannteste Profis sind der belgische Nationalspieler Marouane Fellaini und Graziano Pelle, der für Italien 20 Länderspiele absolviert hat. „Für chinesische Verhältnisse gibt es gute Spieler, da sind ein paar richtig gute Kicker drunter. Beim Durchsetzungsvermögen, der Robustheit im Zweikampf und im taktischen Bereich gibt es noch Luft nach oben“, charakterisiert Mack die Mannschaft. „Das ist eine große Herausforderung.“

Die größte aber wird wahrscheinlich sein, nach der Rückkehr nach China in den Alltag zu finden.