Hissène Habré während seiner Verurteilung an diesem Montag. Foto: AP

Erstmals wird mit Hissène Habré ein afrikanischer Diktator in einem anderen Land Afrikas wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt.

Dakar - Ein Gericht in Senegals Hauptstadt Dakar hat den ehemaligen Diktator des Chad, Hissène Habré, wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Vergewaltigung, Folter, sexueller Sklaverei und Aufträgen für Morde schuldig gesprochen und zu lebenslanger Haft verurteilt. Zum ersten Mal musste sich ein ehemaliges afrikanisches Staatsoberhaupt vor einem Gericht eines anderen Landes wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit juristisch verantworten. Der sieben Monate dauernde Prozess war im Auftrag der Afrikanischen Union (AU) in die Gerichtsbarkeit des Senegals eingegliedert worden.

Der Prozess wurde beim Internationalen Strafgerichtshof (ICC) mit Interesse beobachtet, schließlich wurde er für derartige Fälle geschaffen. Im Jahr 2006 wurde der Fall jedoch auf Bestreben der AU in den Senegal gegeben. Viele afrikanische Länder werfen dem Weltstrafgericht Rassismus vor, da bislang mit Ausnahme des Konflikts zwischen Georgien und Russland im Jahr 2008 ausschließlich offizielle Ermittlungen in Afrika aufgenommen worden sind. Die AU hat im Januar auf Initiative Kenias einen „Vorschlag“ verabschiedet, in dem ein „Plan für einen Austritt aus dem ICC“ erörtert werden solle.

Die Hartnäckigkeit der Opfer

Bislang bleibt es bei derart schwammigen Formulierungen, doch die im Senegal für den Habré-Prozess eingerichteten „Extraordinary African Chambers“ könnten nach Einschätzung der Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“ (HRW) als Präzedenzfall für die Strafverfolgung von Diktatoren und Kriegsverbrechern in Afrika dienen. Eine wichtige Signalwirkung gehe auch von der Hartnäckigkeit der Opfer aus, sagte HRW-Anwalt Reed Brody der Nachrichtenagentur „AFP“, „wir hoffen, dass dies andere Überlebende inspiriert.“ Es sei möglich, Diktatoren vor Gericht zu bringen. Der Prozess war nach Angaben von Analysten billiger und effizienter als Verhandlungen vor dem ICC.

Die Staatskassen geplündert

Das gilt freilich nur für die vergangenen Monate. Es dauerte Jahrzehnte, bis sich der 73 Jahre alten Habré für seine Verbrechen verantworten musste. Der einst von den USA und Frankreich protegierte Diktator war nach seinem Sturz im Jahr 1990 nach Dakar ins Exil geflüchtet, wo er über zwei Jahrzehnte lang unbehelligt in einem Luxusviertel lebte. Geld war weiterhin verfügbar, vor seiner Flucht hatte er angeblich die Staatskassen geplündert. Senegals ehemaliger Präsident Abdoulaye Wade hatte die Strafverfolgung gegen Habré über Jahre verzögert, erst nach der Wahl von Macky Sall im Jahr 2012 kam der Prozess ins Rollen. Habré erkannte die Legitimität des Gerichts nicht an und bezeichnete das Verfahren als „imperialistische Verschwörung“. Mehrfach musste er gewaltsam in den Gerichtssaal getragen werden. Sein Gesicht versteckte er auch am Montag hinter einem Turban und einer Sonnenbrille.

Opfer seiner acht Jahre währenden Terror-Herrschaft kamen so ausführlich zu Wort wie bei bislang keinem vergleichbaren Prozess. Gefangene seines Regimes wurden Berichten der 93 vernommenen Zeugen zufolge in so engen Zellen zusammengepfercht, dass sie sich nicht umdrehen konnten. Viele Mithäftlinge seien in der Hitze erstickt. Vor Gericht wurde aus Gefängnisdokumenten zitiert, die den Tod von 1208 Gefangenen dokumentieren. Folteropfern wurde Gas in die Augen gesprüht, Elektroschocks verabreicht oder der Kopf gequetscht, was Habrés Schergen spöttisch als „Baguette“ bezeichneten. Schon der geringste Verdacht des Regimewiderstands genügte für eine derartige Bestrafung.

Habré verdiente sich seinen Spitznamen „Afrikas Pinochet“ redlich. Nach Angaben der Behörden im Chad ist er für den Mord an 40 000 Menschen mitverantwortlich. Seine Verteidiger hatten in Dakar in allen Anklagepunkten auf nicht schuldig plädiert. Er habe keine Kenntnis von Verbrechen der ihm unterstehenden Geheimpolizei gehabt. Handschriftliche Vermerke auf Gefängnisdokumenten widerlegten dies aus Sicht des Gerichts.