Ganz so aufregend wird es auf der Stuttgarter Digitalsafari nicht zugehen. Aber für die Begegnung mit kreativen Ideen ist gesorgt. Foto: Unsplash/Hu Chen

Auch in Stuttgart sind Start-up-Touren inzwischen üblich. Nun führt ein Event erstmals ausschließlich in etablierte Firmen.

Stuttgart - Zum ersten Mal öffnen etablierte Firmen in Stuttgart am Freitag die Tür, um im Rahmen einer öffentlichen Tour auf ihre Innovationsbaustellen blicken zu lassen. Im Start-up-Milieu sind solche sogenannten Safaris seit einigen Jahren weitverbreitete, offene Besichtigungstouren für jedermann. Im Start-up-Bereich haben sie auch in Stuttgart schon unterschiedliche Veranstalter organisiert.

Bei den Rundtouren an einem Standort geht es weniger um Expertenpräsentationen als um das gegenseitige Kennenlernen und den Austausch, ganz nach dem Prinzip der vor allem im Digitalbereich propagierten, offenen Innovation.

Vier Firmen reden über digitale Projekte

In Stuttgart reden nun vier Firmen aus unterschiedlichen Bereichen über aktuelle Themen: Der Schreibgerätehersteller Montblanc erläutert, wie man solche traditionellen Gebrauchsgegenstände digital macht; der Versicherungskonzern Allianz spricht über digitale Mitarbeitergewinnung; der Energieversorger EnBW zeigt die Start-up-Projekte des Unternehmens, und das IT-Unternehmen IBM präsentiert aktuelle Projekte aus dem Bereich der Künstlichen Intelligenz. Bis zu 120 Teilnehmer, die in Gruppen von maximal 20 aufgeteilt werden, erhalten hier direkten Kontakt zu Firmen, bei denen sie normalerweise nicht so einfach durch die Tür kommen.

Wie sehr sich die Unternehmen in die Karten schauen lassen, hänge von den Teilnehmern ab: „Die müssen eben die entsprechenden kritischen Fragen stellen,“, sagt Daniel Nill, Geschäftsführer der Digitalagentur Turbine Kreuzberg, die inzwischen auch einen Standort in Stuttgart hat. Die Agentur organisiert die Veranstaltung in Kooperation mit den Wirtschaftsjunioren Baden-Württemberg. Im technologiegetriebenen Südwesten sind bei der Frage, wie viel Know-how man preisgibt, selbst Start-ups bisher oft vorsichtiger als Unternehmen an Standorten wie Berlin. Dort wird Innovation mehr von Marketingideen getragen, und es geht darum, sich und die eigene Idee möglichst bekannt zu machen. Die Events haben vor allem in Regionen einen Sinn, wo eine solche Öffnung der Unternehmen noch eher exotisch ist – wie auch der Name Safari besagt.

Nicht zufällig heißt der Abschlussvortrag der Stuttgarter Tour „Innovation braucht Rebellen“. Die kulturellen Gegensätze der Start-up-Standorte sind dem Organisator Nill vertraut. Vor seinem Weg zur Digitalagentur hat er sieben Jahre lang für den schwäbischen Schraubenspezialist Würth gearbeitet. „In Berlin brauchen sie so etwas nicht mehr, da ist Offenheit die Regel“, sagt er. „Uns geht es darum, Menschen miteinander in Verbindung zu bringen.“ Und dazu gehöre es heutzutage auch, selbst den unverkrampften Kontakt zu unmittelbaren Konkurrenten zu pflegen. Der Organisator ist mit Turbine Kreuzberg, einer Agentur mit deutschlandweit 100 Mitarbeitern, eine relativ kleine Firma. Größere Firmen hätten bisher eher die Tendenz, eigene Präsentationsevents zu veranstalten, sagt Nill. Die Hürde für die Innovationssafari ist niedrig gehalten, weil sie kein reines Insider- oder Expertenevent sein soll. Das Einzige, was neben einer überschaubaren Gebühr für Teilnahme und Rundumverpflegung gefordert werde, sei die namentliche Registrierung, die bis kurz vor Beginn am Freitag möglich ist, erklärt Nill.

Mit Offenheit tut man sich in Baden-Württemberg noch schwer

Unverkrampftes Verhältnis selbst zur Konkurrenz