100 Milliarden Euro wollen Wirtschaft und Politik in eine superschnelles Internet investieren. Foto: dpa

Im Zuge der Digitalisierung fallen großen Datenmengen in den Unternehmen an. Die Bundeskanzlerin ruft sie auf, die Daten zu nutzen, um neue Wertschöpfung zu generieren. Ansonsten würden andere dies tun, so die CDU-Politikerin.

Ludwigshafen - Angela Merkel dürften die Worte von Thorsten Dirks gefallen habe. Die Bundesregierung habe in ihrer ersten Digitalagenda 121 Maßnahmen definiert; jetzt, am Ende der Legislaturperiode, seien mehr als 80 Prozent davon umgesetzt oder in Umsetzung, lobte der Präsident des IT-Verbandes Bitkom die Bundeskanzlerin. Er forderte ein weiteres Regierungsprogramm, mit „noch ambitionierteren Zielen“. „Digital First“ – rief er in Anlehnung an den Trump-Slogan den Zuhörern auf dem Digital-Gipfel in Ludwigshafen zu.

Merkel ging auf diesen Wunsch nicht näher ein. Unklar sei auch, ob ein weiteres Digital-Gipfel stattfinden wird, sagte sie mit Verweis auf die Bundestagswahl im Herbst. Stattdessen rief sie die Unternehmen dazu auf, die großen Datenmengen, die im Zuge der Digitalisierung anfallen, für neue Produkte und Anwendungen zu nutzen. Es gebe „große Wertschöpfungsmöglichkeiten“, so die CDU-Politikerin, die der Mittelstand klug nutzen müsse. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass Anbieter von Plattformen diese „Wertschöpfungskette anknabbern“, sagte sie ohne dabei Namen wie Google zu nennen.

Treffen der Spitzenpolitiker

Zuvor wies Karl-Heinz Streibich auf die Bedeutung des Trends hin. „Versäumnisse bei der Digitalisierung werden künftig gravierende Auswirkungen auf Wahlen haben“, sagte der Vorstandschef der Software AG voraus. Dennoch ist Brigitte Zypries – anders als ihr Kabinettskollege Alexander Dobrindt – gegen die Schaffung eines Digitalisierungsministeriums. „Digitalisierung geht jedes Ministerium an“, sagt die Bundeswirtschaftsministerin.

In Ludwigshafen geben sich Spitzenpolitiker die Klinke in die Hand. Neben Merkel, Zypries und Verkehrsminister Dobrindt sind Gesundheitsminister Hermann Gröhe, Forschungsministerin Johanna Wanka sowie Malu Dreyer und Winfried Kretschmann, die Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, zugegen. Sie lassen sich über intelligente Operationssäle und Fortschritte in der digitalen Verwaltung informieren. Und sie freuen sich mit einer querschnittsgelähmten Frau, die dank eines tragbaren Computersystems alleine gehen kann. Bereits am Abend zuvor haben sie Darmstadt gratuliert; die Stadt hat den Wettbewerb „Digitale Stadt“ für sich entschieden – und Heidelberg auf den Platz verwiesen.

Neue Digital Hubs angekündigt

Alle Gipfel-Teilnehmer waren sich einig, dass auf dem Weg zur digitalisierten Gesellschaft noch viele Hürden zu nehmen sind. Eine davon ist das Internet. „Wir sind aus dem Megabit-Zeitalter fast raus, jetzt geht es um die Gigabitanbindung“, erklärte Merkel. Dobrindt hatte bereits zuvor über das Turbo-Netz gesprochen: 100 Milliarden Euro sollen dafür bis 2023 zur Verfügung stehen; die Politik will davon 20 Milliarden Euro beisteuern.

Der Mittelstand müsse auf dem Weg mitgenommen werden. „Die größte Gefahr ist, dass der Mittelstand wegen seiner zurzeit gut gefüllten Auftragsbücher nicht mehr über den Tellerrand schaut“, so Zypries. Sie hat in zwölf Städten – unter anderem Stuttgart – Digital Hubs errichten lassen – Zentren, wo Firmen praxistaugliche Informationen erhalten. Noch in diesem Jahr sollen 13 weitere solcher Kompetenzzentren hinzukommen. Auch der Gründerstandort Deutschland soll mehr Schwung bekommen – weitere zwei Milliarden Euro werden Start ups zur Verfügung gestellt.