Der „Auschwitzapotheker“ machte ihn bekannt: Dieter Schlesak Foto:  

Seine siebenbürgische Heimat lies den Schriftsteller Dieter Schlesak nicht los. Er folgte der Blutspur der Geschichte. Jetzt ist er in Italien gestorben.

Stuttgart - Dieter Schlesak wurde in derselben Stadt geboren wie Vlad Tepes, der durch Bram Stokers „Dracula“-Roman zu bissiger Berühmtheit gelangte: Sighișoara, zu deutsch Schäßburg im rumänischen Siebenbürgen. Den Erfindungen des britischen Schauerromanciers stellte der 1934 geborene Schlesak die Dracula-Korrektur seines Romans „Vlad“ entgegen: die historische Tragödie und den grausamen Wahnsinn der hinter dem Trivialamythos verborgenen Tatsachen. Durch die Gedichte und Prosa dieses seit 1973 wechselweise in Stuttgart und der Toskana lebenden Autors zieht sich die Blutspur der Geschichte.

Mörderischer Apotheker

Berühmt wurde er mit dem Roman über einen anderen Bewohner seiner Heimatstadt, den Apotheker Viktor Capesius, der als SS-Offizier nach Auschwitz kam und seine ehemaligen Mitbürger, Bekannten, Nachbarn und Kunden kaltblütig in den Tod schickte. Schlesaks „Auschwitzapotheker“ ist eine erschütternde Collage aus Dokumenten, Originalstimmen und Erzählung.

2010 erregte Schlesak mit der Behauptung Aufsehen, sein rumänischer Dichterkollege Oskar Pastiorhabe den Selbstmord seines engen Freundes Georg Hoprich mit zu verantworten, weil er ihn an den Geheimdienst Securitate verraten habe. Unter anderem die Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller protestierte heftig gegen diese durch die Akten nicht eindeutig belegbare Anschuldigung. Am 29. März ist der 2001 mit der Ehrengabe der Deutschen Schillerstiftung ausgezeichnete Dieter Schlesak in Italien verstorben. Sein Nachlass ruht im Deutschen Literaturarchiv Marbach.