Gute Nachricht für gestresste Diesel-Fahrer: Die Nachrüstung kommt doch. Foto: dpa

Jetzt drückt die Bundesregierung beim Thema Dieselnachrüstung aufs Tempo: Ende 2018 sollen die Voraussetzungen für Nachrüstungen stehen. Die Abgasspezialisten sind schon weiter – sie haben ihre Katalysatorlösungen dem Kraftfahrt-Bundesamt vorgelegt.

Berlin/Stuttgart - Unter dem Druck der Justiz, die am Mittwoch auch für die schadstoffbelastete Stadt Mainz ein Fahrverbot ab September 2019 anmahnte, treibt die Regierung die Umsetzung ihres Dieselkompromisses voran. Das Bundeskabinett verabschiedete nun die entsprechenden Eckpunkte dazu. Sie sehen beispielsweise vor, dass das Bundesverkehrsministerium noch in diesem Jahr Förderrichtlinien aufstellen soll, über die der Staat 80 Prozent der Kosten eines Katalysatoreinbaus bei kommunalen Fahrzeugen, Handwerkern oder Lieferwagen übernehmen wird. Die finanzielle Förderung soll in allen 65 Städten und Regionen gelten, in denen der Jahresmittelwert über dem EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft liegt.

Für die Hardwarenachrüstung bei privaten Pkw werde das Ministerium zudem bis Anfang nächsten Jahres die nötigen „technischen Vorschriften“ erarbeiten, wie Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) nach der Kabinettssitzung in Berlin sagte. Dabei geht es darum, dass nachgerüstete Fahrzeuge auch die notwendigen Zulassungen erhalten. In der Kabinettssitzung vom 7. November soll zudem eine Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes beschlossen werden, die sicherstellen soll, dass nachgerüstete Fahrzeuge, die pro Kilometer weniger als 270 Milligramm Stickoxid ausstoßen, in jedem Fall in die Innenstädte fahren können. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Sören Bartol begrüßte, dass es nun einen „verbindlichen Zeitplan“ auch für das Bundesverkehrsministerium gebe.

Fahrverbote jetzt auch in Mainz angeordnet

Das geänderte Immissionsschutzgesetz soll nach Angaben des Bundesumweltministeriums auch eine „Orientierungshilfe“ enthalten, die Fahrverbote bei einer nur leichten Überschreitung des Stickoxid-Grenzwertes für „unverhältnismäßig“ erklärt. Die Regierung ist der Ansicht, in Städten mit einem Jahresmittelwert zwischen 40 und 50 Mikrogramm werde die, so Kanzleramtschef Braun, „Vielzahl von anderen Maßnahmen in der Regel ausreichen, um von Fahrverboten Abstand zu nehmen“. Regierungssprecher Steffen Seibert betonte, dass die kommunale Selbstverwaltung von dieser Gesetzesänderung unberührt bleibe.

Nach Hamburg, Berlin, Stuttgart, Frankfurt am Main und Aachen gehört seit Mittwoch auch Mainz zu den Städten, für die Gerichte ein Dieselfahrverbot angeordnet haben. Im Rechtsstreit mit der Deutschen Umwelthilfe ordneten die Richter an, dass die Stadtverwaltung ihren aktuellen Luftreinhalteplan bis April entsprechend umschreiben muss. Wenn es der Stadt mit anderen Maßnahmen nicht gelinge, bis Mitte 2019 den EU-Grenzwert einzuhalten, müsse zum 1. September ein Fahrverbot für ältere Dieselfahrzeuge in Kraft treten.

Übernahme der Kosten für die Nachrüstung bleibt unklar

Die Hardwarenachrüstungen sollen den Besitzern älterer Dieselmodelle angeboten werden, die in den 15 besonders belasteten Städten mit einem Jahresmittelwert von mehr als 50 Mikrogramm oder in den angrenzenden Landkreisen leben beziehungsweise in die „Intensivstädte“ pendeln. Voraussetzung ist, dass Kunden nicht bereits von der ersten Option – nämlich einer Umtauschprämie von BMW, Daimler oder VW – Gebrauch gemacht haben.

Weitgehend unklar bleibt, ob die Autobauer die Kosten für diese Nachrüstungen übernehmen. Ein Appell der Regierung an die Autoindustrie ist auch in dem vom Kabinett beschlossenen Eckpunktepapier enthalten: „Die Bundesregierung erwartet, dass die Kosten für Hardware-Nachrüstungen von Euro-5-Diesel-Pkw für die besonders betroffenen Fahrzeugeigentümer von den jeweiligen Automobilherstellern einschließlich des Einbaus übernommen werden.“ Fortschritte in den Verhandlungen mit den Herstellern konnten oder wollten Regierungsvertreter jedoch noch nicht vermelden. „Wir sind intensiv mit den Automobilherstellern im Gespräch“, bestätigte Kanzleramtschef Braun lediglich.

Daimler bietet 2400 Euro pro Nachrüstung an

Der künftige Daimler-Chef Ola Källenius will einen konstruktiven Beitrag bei der Nachrüstung leisten. Bei einer Veranstaltung der Stuttarter Zeitung nannte er einen Betrag von 2400 Euro, den der Stuttgarter Konzern für eine Nachrüstung biete. Nach Branchenschätzungen sind das 80 Prozent der zu erwartenden Kosten. Andere Hersteller stehen dem Nachrüstprojekt skeptisch (Opel) bis ablehnend (BMW) gegenüber. Bei VW wird bezweifelt, dass eine Nachrüstung überhaupt zeitnah möglich ist. Das sehen die Nachrüster selbst anders.

„Wir begrüßen es, dass mit dem Arbeitsplan nun bis Jahresbeginn 2019 die bisherige Unsicherheit hinsichtlich der rechtlichen und technischen Vorschriften für den Einsatz von Hardwarenachrüstungen ausgeräumt werden“, sagte Marcus Hausser, Vorstand des mittelständischen Abgasspezialisten Baumot Group in Königswinter (Nordrhein-Westfalen). Baumot stehe „in den Startlöchern“. „Alle notwendigen Anträge für die Erteilung der Allgemeinen Betriebserlaubnis sind beim Kraftfahrt-Bundesamt gestellt. Wir rechnen damit, dass die Zulassung zügig kommen und wir in wenigen Monaten mit der Belieferung beginnen können“, sagte Hausser. Auch beim Katalysatorhersteller Oberland-Mangold im bayerischen Eschenlohe sind die Vorarbeiten weit gediehen. Seit drei Jahren arbeitet das Unternehmen an einer Nachrüstlösung; vor zwei Monaten habe man die Allgemeine Betriebserlaubnis beim Kraftfahrt-Bundesamt beantragt. Wann er mit der Zulassung aus Flensburg rechne, wollte Geschäftsführer Hubert Mangold nicht beantworten. Denn: Bisher gebe es für Nachrüstsysteme kein technisches Anforderungsprofil; dies müsse das Verkehrsministerium erarbeiten.

Trotzdem hat auch der Bamberger Nachrüster Martin Pley das Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg bereits angeschrieben. Vor etwa zehn Wochen habe er bei der Behörde die Allgemeine Betriebserlaubnis für drei Volumenmodelle eines Herstellers beantragt, sagte Pley. Um welchen Hersteller es sich dabei handelt, wollte er im Gespräch mit unserer Zeitung nicht sagen. Er sagte lediglich, dass es sich um Nachrüstsysteme für Euro-5-Fahrzeuge handelt. Er ist zuversichtlich, dass mit diesen Systemen, die Mitte nächsten Jahres in größerer Stückzahl zur Verfügung stehen könnten, die geltenden Grenzwerte für Diesel eingehalten werden könnten – und diese Fahrzeuge damit vom drohenden Fahrverbot in einigen Städten ausgenommen werden.