Die Belastung mit Stickoxid ist in Ludwigsburg und Pleidelsheim höher als erlaubt – die Kommunen müssen handeln. Foto: dpa

Ludwigsburg will das drohende Diesel-Fahrverbot abwenden – und hat kurz vor dem kommunalen Diesel-Gipfel ein Maßnahmenpaket geschnürt. Das Rathaus will 14 Millionen Euro aus dem neuen Mobilitätsfonds, um Projekte zur Luftreinhaltung zu finanzieren.

Ludwigsburg - Mit einem eilig zusammengeschnürten Maßnahmenpaket will Ludwigsburg das drohende Diesel-Fahrverbot in der Stadt noch abwenden. Das hat das Rathaus am Freitag und damit kurz vor dem kommunalen Diesel-Gipfel, der am Montag in Berlin stattfindet, mitgeteilt. Dort werden Ministerpräsidenten, Vertreter von kommunalen Spitzenverbänden und mehrere Oberbürgermeister mit Kanzlerin Angela Merkel debattieren, wie die Luftqualität in deutschen Städten verbessert werden kann. Auch über den bereits beschlossenen Mobilitätsfonds, den Bundesregierung und Autoindustrie mit mindestens 500 Millionen Euro füllen wollen, wird in der Hauptstadt gesprochen.

Der Ludwigsburger Oberbürgermeister Werner Spec war zunächst nicht eingeladen, nimmt auf Vermittlung des CDU-Bundestagsabgeordneten Steffen Bilger nun aber doch teil – auch, weil Ludwigsburg eine von drei Elektromobilität-Modellkommunen des Landes ist. Mit der nun vorgestellten Projektliste hat sich die Stadt klar positioniert: Sie will Fördergelder in Höhe von 14 Millionen aus dem Fonds. „Wir wollen alles in die Waagschale werfen, um das Fahrverbot zu verhindern“, sagt Spec.

Mehr Elektromobilität, Busse und Bahnen statt Autos

Die Millionen Euro sollen unter anderem verwendet werden, um die Reaktivierung der alten Bahntrasse nach Markgröningen anzustoßen, Schnellbusse und normale Busse mit Elektroantrieb anzuschaffen, den Ausbau der Radwege zu forcieren, die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge auszubauen und die Einführung eines vergünstigten ÖPNV-Stadttickets zu subventionieren. Das Ziel müsse sein, all dies „mit Kraft und Zielstrebigkeit anzugehen“, sagt Spec. Über die Umsetzung der Projekte muss noch der Gemeinderat entscheiden.

Immer wieder hatte Spec in den vergangenen Monaten davor gewarnt, dass das, „was in Stuttgart passiert ist, irgendwann auch bei uns passieren kann“. Nach einer Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) drohen in der Landeshauptstadt schon vom kommenden Jahr an Fahrverbote für bestimmte Diesel-Fahrzeuge, nun kommen weitere Kommunen an die Reihe. Kürzlich leitete die DUH Verfahren gegen bundesweit 45 Städte und Gemeinden ein, darunter acht in der Region Stuttgart und zwei im Landkreis: Neben Ludwigsburg selbst ist auch Pleidelsheim betroffen.

53 Mikrogramm Stickoxid pro Kubikmeter Luft wurden in Ludwigsburg zuletzt im Jahresmittel gemessen, erlaubt sind lediglich 40 Mikrogramm. Die Klageandrohung betrifft Kommunen, die diesen Grenzwert um mindestens zehn Prozent überschritten haben. Die DUH hat diese aufgefordert, einen Katalog mit „wirksamen Maßnahmen“ vorzulegen, hält Diesel-Verbote aber für unabwendbar. Spec spricht von einem Damoklesschwert, das über den Städten schwebe. Sollte es tatsächlich zu einer gerichtlichen Auseindersetzung kommen, so der OB, „geht es für uns auch darum zu zeigen, dass wir mit aller Ernsthaftigkeit alles tun, um die Situation zu verbessern“. Allerdings hat auch das Verwaltungsgericht Stuttgart Mitte Juli deutlich gemacht, dass es Fahrverbote für die einzig wirksame Maßnahme gegen die zu hohe Stickoxidbelastung hält.

Auch Pleidelsheim ist betroffen – der Bürgermeister ist verärgert und spricht von Populismus

Auch Ralf Trettner, der Bürgermeister von Pleidelsheim, hofft, dass es so weit nicht kommt. Er verweist darauf, dass die Stickoxid-Belastung in seiner Gemeinde zurückgegangen ist. 2005 lag der Jahresmittelwert bei 73 Mikrogramm pro Kubikmeter, seit 2013 pendelt sich der Wert bei 47 bis 48 Mikrogramm ein. Trettner führt dies darauf zurück, dass schon vor Jahren ein Luftreinhalteplan für Pleidelsheim aufgestellt wurde, der offenbar wirke.

Anders als Spec, der mit der Klageandrohung gerechnet hat, scheint Trettner durchaus verärgert – und äußert Kritik. „Auch 47 Mikrogramm Stickoxide im Jahresmittel sind noch zu viel“, sagt er. „Ich glaube aber nicht, dass dies allein am einzelnen Auto liegt, das durch Pleidelsheim fährt. Die Hintergrundbelastung aufgrund der Autobahn und anderer externer Einflüsse ist um ein Vielfaches größer.“ Vor diesem Hintergrund halte er die Forderung nach Diesel-Verboten für populistisch. „Ich würde mich freuen, wenn konkrete Vorschläge geäußert würden, wie die Luftschadstoffe weiträumig gesenkt werden können, anstatt punktuelle Fahrverbote durchzusetzen.“