Verkehrssünder im Visier: Eine Polizeikontrolle in der Heilbronner Straße in Stuttgart-Nord. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Auswärtige Autos mit Euro-4-Diesel dürfen nicht durch Stuttgart fahren. Jetzt sind die ersten Bußgelder mit 80 Euro fällig geworden. Wer wurde erwischt?

Stuttgart - Die Schonfrist für Besitzer ältere Dieselautos aus den Landkreisen ist längst abgelaufen. Die ersten Sünder gegen das Fahrverbot für Euro-4-Diesel sind auch schon erwischt – doch noch hüllt sich die städtische Bußgeldbehörde in Schweigen. Wir schauen genauer hin.

Wer gehört zu den ersten Diesel-Sündern, die nun wirklich zahlen müssen?

Die Fahrerin ist gerade mal 19 Jahre alt. Die junge Dame stammt aus dem Rems-Murr-Kreis und ist am 5. Februar um 14.15 Uhr in der Heilbronner Straße im Stuttgarter Norden unterwegs, als sie auf Höhe des Pragfriedhofs herausgewinkt wird. Die Beamten haben von weitem gesehen, dass der BMW des Typs 535 in die Kategorie der Euro-4-Diesel fallen könnte – und liegen damit völlig richtig. Die Beamten fertigen eine Anzeige. Fällig wird ein Bußgeld von 80 Euro. Zuzüglich Gebühren und Auslagen dürfte die Rechnung am Ende 108,50 Euro betragen. Für die 19-Jährige bleibt ein kleiner Trost: Sie muss nicht sofort zahlen. „Der Vorgang liegt noch bei der Dienststelle“, bestätigt Polizeisprecher Martin Schautz den Vorgang. Die Anzeigenformalien müssen noch endbearbeitet und an die Bußgeldbehörde verschickt werden. Ein weiterer Trost: Die 19-Jährige wird wohl nicht selbst zahlen müssen. Weil sie nicht die Halterin ist. Der BMW ist auf ihre Mutter zugelassen.

Wie viele Anzeigen wegen Verstoßes gegen das Diesel-Fahrverbot sind schon zusammengekommen?

„Hierzu können wir noch keine Aussage machen“, sagt Stadtsprecherin Jasmin Bühler. Ganz sicher hätten die Mitarbeiter der städtischen Verkehrsüberwachung seit Anfang Februar die ersten betroffenen Fahrzeuge an die Bußgeldstelle gemeldet. Doch frühestens nächste Woche könnten erste Zahlen genannt werden. Seit 1. Februar gibt es Sanktionen gegen auswärtige Autobesitzer, die Schonfrist für die Stuttgarter Fahrzeughalter endet am 31. März.

Wie groß ist das Potenzial der Sünder?

Erheblich. Bei ihren Rundgängen haben städtische Verkehrsüberwacher im Januar Karten unter die Scheibenwischer jener geparkten Fahrzeuge geklemmt, die wohl unter das Diesel-Fahrverbot fallen. Auf diese Weise sollen etwa 1000 Karten verteilt worden sein. Die näheren Details muss dann aber die Bußgeldstelle überprüfen.

Was passiert, wenn man mehrfach gegen das Diesel-Fahrverbot verstößt?

Hier hat das städtische Amt für öffentliche Ordnung eine eindeutige Antwort: Bei notorischen Sündern geht es irgendwann an die Fahrerlaubnis. Denn: „Bei mehrfacher Begehung derselben Tat handelt ein Betroffener vorsätzlich“, heißt es bei der Bußgeldbehörde. Die Verwaltung sei in diesem Fall nicht mehr an die Zumessungsrichtlinien des Bußgeldkatalogs gebunden, es kann also ein höheres Bußgeld festgesetzt werden. „In der Regel wird hier zunächst verdoppelt“, heißt es. Diese Ahndung könne mehrfach verhängt werden, möglich sei auch eine weitere Erhöhung des Bußgeldes. Bei „anhaltender Verkehrsuntreue“ könne die Führerscheinstelle schließlich eine Fahreignungsprüfung anordnen. Das ist übrigens keine Diesel-Sonderregel – sie trifft auch bei anderen Verkehrsverstößen zu.

Neuerdings überlegt das Land, ob die P+R-Anlagen Degerloch, Weilimdorf und Österfeld sowie weitere Parkhäuser am Stadtrand von Euro-4-Dieselautos angesteuert werden dürfen. Erschwert das die Kontrollen?

„Das kommt darauf an, wie das ausgestaltet wird“, sagt Polizeisprecher Schautz. Vorerst seien das noch Spekulationen. Es sei wichtig, vorher über die Regularien zu sprechen. Denn: „Je unklarer die Regeln, desto schwieriger die Kontrollen.“

Woran erkennt ein Polizist den zu alten Diesel?

An den richtigen Ziffern in der Zulassungsbescheinigung. Bei Fahrzeugen vor dem Zulassungsjahr 2005 stehen die entscheidenden Ziffern im Feld „Schlüsselnummer zu 1“, bei jüngeren Papieren das Feld „14.1“. Zwei Ziffern am Ende, von 00 bis 88, verraten den alten Diesel. Euronorm 5 endet mit 35A0 bis 35M0, Euro 6 mit 36N0 bis 36Y0.

Können die Beamten auch irren?

Allenfalls in Einzelfällen. So wurde am 22. Januar in der Nürnberger Straße in Bad Cannstatt eine Skoda-Fahrerin mit Euro-5-Diesel darüber aufgeklärt, dass ihre Schonfrist im April enden werde. Der Beamte hatte das mit Euro 4 verwechselt. Allerdings wog ihr Handyverstoß am Steuer schwerer.

Kommentar zur Dieseldebatte: