Land unter auf der Waiblinger Erleninsel im Jahr 1956. Foto: Stadtarchiv Waiblingen

Seit rund 200 Jahren versuchen der Mensch, die Rems zu zähmen – mehr oder weniger erfolgreich, wie der Waiblinger Archivar Matthias Gandlau herausgefunden und in einem Vortrag berichtet hat.

Waiblingen - Rund 84 Kilometer Länge, zahlreiche Kurven und Windungen und ein Gefälle von gerade einmal 0,4 Prozent. „Die Rems war ein kleiner, gemütlicher Fluss“, fasst Matthias Gandlau die Situation im 19. Jahrhundert zusammen. Allerdings hatte das Gewässer noch eine andere Seite – und auch über diese hat der Waiblinger Archivar am Donnerstagabend bei einem gut besuchten Vortrag mit dem Titel „Die Zähmung des Wassers“ im Haus der Stadtgeschichte gesprochen.

Die Kehrseite, das waren bis zu acht Hochwasserereignisse pro Jahr, das früheste dokumentierte Hochwasser war im Jahr 1663. Dabei sei zwar hauptsächlich die Talaue überflutet worden, Häuser blieben also meist verschont. Dennoch bedeutete ein Hochwasser wirtschaftliche Nachteile für die Remsanwohner. „Das Flussbett ist sehr sandig und die vielen Krümmungen führen zu Überschwemmungen, die die Heuernte gefährden“, heißt es daher beispielsweise in der Oberamtsbeschreibung von 1850.

Sand als Handelsware

Allerdings war der Sand, den die Rems mit sich führte, nicht nur ein Ärgernis, sondern bis in die 1930er-Jahre auch eine Einnahmequelle für die Remstäler. Im Archiv ist Matthias Gandlau zum Beispiel auf eine Order aus dem Jahr 1862 gestoßen: 100 Wagen Sand wurden beispielsweise nach Stuttgart geliefert, genutzt wurde er unter anderem für den Sandplatz des zweiten Reiterregiments.

Die vielen Windungen der mäandernden Rems hatten laut Matthias Gandlau zur Folge, dass diese im Gegensatz zu anderen Flüssen nie eine große Rolle als Transportweg spielte. Allerdings wurde der Fluss genutzt, um Holz aus dem Welzheimer Wald durch das Tal zu schaffen. Dass die Flößer für ihre Zwecke die Dämme rodeten, habe vermehrt zu Hochwassern geführt, bei denen die Eigentümer der angrenzenden Wiesen Ernteausfälle zu beklagen hatten.

Mühlenbesitzer contra Flößer

Auch den Mühlenbesitzern war die Holzflößerei ein Dorn im Auge. Denn während der Zeit, in der die Stämme den Fluss hinab schwammen, mussten sie den Betrieb einstellen. Im Jahr 1847 habe es ein Gesuch zur Beendigung der Flößerei gegeben, berichtete Matthias Gandlau. Dem Wunsch sei erst 1861 entsprochen worden – wohl deshalb, weil man nun auf die Bahn als Transportmittel setzte.

Bereits in den 1820er-Jahren gab es erste Korrekturen, sprich Begradigungen, am Fluss. „Man wollte die Fließgeschwindigkeit erhöhen, damit das Wasser schneller an Waiblingen vorbeifließt“, berichtete Gandlau. In den folgenden Jahrzehnten wurden – während die Rems regelmäßig übers Ufer trat – das Flussbett verbreitert, die Sohle vertieft, Wehre abgerissen und Dämme aufgebaut und in den 1960er-Jahren erste Rückhaltebecken gebaut.

Der Prozess läuft bis heute, das nächste geplante Becken soll im Bereich Schorndorf-Urbach entstehen. Wobei sich der Fluss an manchen Stellen im Tal nun wieder ausbreiten und Kurven machen darf, Stichwort: Renaturierung in Winterbach. Eines sei jedenfalls sicher, sagte Matthias Gandlau: „Hochwasser war, ist und wird immer ein Kernthema für das Leben an der Rems bleiben.“

Mehr über die Rems

Ausstellung
: Zum Thema Hochwasser zeigt das Haus der Stadtgeschichte, Weingärtner Vorstadt 20, derzeit die Sonderausstellung „Als Weihnachten ins Wasser fiel – Remshochwasser 1919“. Sie läuft bis zum 23. Februar und thematisiert neben dem schlimmen Hochwasser von 1919 noch weitere solche Ereignisse. Der Eintritt zur Ausstellung ist frei.

Öffnungszeiten:
Die Ausstellung ist montags geschlossen, dienstags bis sonntags kann man die Ausstellungsräume von 11 bis 18 Uhr besichtigen.