Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sieht in der Flüchtlingspolitik „vernünftige“ Vereinbarungen mit der SPD. Foto: dpa

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sieht den Staat nicht mehr im Krisenmodus. Aber beim Thema „Abschiebungen“ gibt es nur wenig Fortschritte. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten.

Berlin - Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat am Dienstag zusammen mit Jutta Cordt, der Leiterin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf), die Jahresbilanz Asyl für das Jahr 2017 vorgestellt. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Wie entwickelt sich die Zahl der in Deutschland ankommenden Flüchtlinge?

Gemessen an den turbulenten Ereignissen des Jahres 2015 normalisiert sich die Situation allmählich. Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland 187 000 neue Asylsuchende registriert. Das sind deutlich weniger als in den Vorjahren. So waren 2016 noch rund 280 000 und in 2015 sogar 890 000 asylsuchende Menschen von den Behörden erfasst worden. Rechnet man etwa 24 000 Folgeanträge und verzögerte Antragstellungen, die sich aus dem Rückstau der Vorjahre ergeben, dazu, haben im vergangenen Jahr 222 683 Personen einen förmlichen Asylantrag gestellt.

Was ist aus dem enormen Rückstau der Anträge beim Bundesamt geworden?

Auch hier entspannt sich die Lage deutlich. Die Behörde hat 2017 über die Anträge von 603 428 Personen entschieden. Damit konnte die Anzahl der anhängigen Asylverfahren beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge auf 68 254 gesenkt werden. Davon sind nur noch rund 22 000 Altverfahren aus den Jahren 2016 und früher. Die Zahl ist damit auf den Stand von Mitte 2013 zurückgeführt worden. Zum Vergleich: Ende des Jahres 2016 hatte die Zahl der anhängigen Asylverfahren noch bei knapp über 433 000 gelegen.

Aus welchen Herkunftsländern kommen die Asylsuchenden?

Hier gibt es keine neuen Tendenzen. Auch im vergangenen Jahr kommen die meisten der Asylsuchenden aus den drei Staaten Syrien (47 434 in 2017), Irak (21 043) und Afghanistan (12 346). Viertgrößte Gruppe sind die Schutzsuchenden aus Eritrea (9524). Interessant ist, dass danach bereits Asylsuchende aus der Türkei kommen (7927).

Wie hoch liegt die Anerkennungsquote bei den Asylanträgen?

Nach Angaben der Leiterin des Bundesamtes, Jutta Cordt, liegt die Gesamtschutzquote bei 43 Prozent. Wobei sich der zugestandene Schutz in je unterschiedlichem Status äußert. Praktisch jedem fünften Antragsteller (123 909 Personen) wurde die Rechtsstellung eines Flüchtlings nach der Genfer Flüchtlingskonvention zuerkannt. Darunter waren nur 0,7 Prozent Flüchtlinge, die als politisch Verfolgte nach Artikel 16a des Grundgesetzes anerkannt wurden. 98 074 Personen erhielten subsidiären Schutzstatus, weil ihnen bei Rückführung ins Herkunftsland ernsthafter Schaden droht. Dazu zählt unter anderem die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung, sowie eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens. Abgelehnten Bewerbern steht der Klageweg offen. Cordt teilte mit, dass das Bundesamt in den Gerichtsverfahren in 32 Prozent der Fälle obsiege und in 23 Prozent unterliege. Die restlichen Verfahren erledigten sich anderweitig, etwa durch durch Rücknahme der Klage.

Gibt es Fortschritte bei den Abschiebungen?

26 000 Menschen wurden 2017 aus Deutschland abgeschoben. 30 000 kehrten darüber hinaus freiwillig in ihre Heimat zurück. Die Zahl der Abschiebungen ging damit im Vergleich zu 2016 um 2000 zurück. Der Minister erklärt das damit, dass 2016 die leichter zu bewerkstelligen Rückführungen von abgelehnten Asylsuchenden aus dem Westbalkan praktisch abgeschlossen wurden. Bei den nun im Vordergrund stehenden Abschiebungen in die Maghreb-Staaten komme man nur langsam voran. So wurden im vergangenen Jahr 450 Algerier in ihr Heimatland abgeschoben. Im Jahr 2015 lag die Zahl noch bei lediglich 57. Ähnlich steigerte sich die Zahl bei Marokkanern (von 61 auf 590). De Maizière hob hervor, dass es 2017 gelungen sei, 60 Menschen aus Deutschland abzuschieben, die von den Sicherheitsbehörden als „Gefährder“ eingestuft worden waren.

Gibt es Neuigkeiten beim Thema Familiennachzug?

Union und SPD hatten sich in ihren Sondierungsgesprächen auf einen Kompromiss geeinigt, der es ermöglicht, dass künftig 1000 Angehörige von Menschen nachgeholt werden können, die in Deutschland subsidiären Schutz genießen. Für die Gruppe ist der Nachzug derzeit ausgesetzt. Bundesinnenminister Thomas de Maizière sprach von einem „Kontingent, für das in einer möglichen erneuten großen Koalition noch Kriterien festgelegt werden müssten“. Er nannte die Vereinbarung „vernünftig“. Er sehe durchaus den „integrativen Effekt gerade bei jungen Männern“. Es dürfe aber auch nicht der Eindruck entstehen, „dass Familien dafür prämiert werden, wenn sie jemanden, vielleicht sogar den Schwächsten, vorschicken“.