Das Gesicht Österreichs muss passen: Anna Veith fliegt nicht zur WM. Foto: AP

Wenige Wochen vor der WM in Are muss sich Anna Veith einer Knie-Operation unterziehen. Damit fällt Österreichs große Ski-Hoffnung für die Titelkämpfe aus.

Stuttgart - Bei der alpinen WM 2013 in Schladming befand sich Österreich im Glück. Anna Veith, die damals noch Fenninger hieß, war der Ski-Liebling der Nation. Die „Kronenzeitung“ hatte sie auf einer Bilderstrecke mit Romy Schneider verglichen und die Rennläuferin auf Augenhöhe mit der Film-Diva katapultiert: als eine Art Sissi auf Brettern. Und von den Bussen in Schladming lächelte die Wunderläuferin überlebensgroß ihre weitgehend rustikalen Kolleginnen des Skiteams Austria in Grund und Boden.

Österreich hatte damals ein Gesicht: Anna Fenninger, heute Veith. Vor der WM 2019 im Februar in Are sollte die Rennläuferin wieder das Aushängeschild österreichischer Alpinkunst werden, doch vor wenigen Tagen platzte die Hoffnung. Beim Riesenslalom-Training in Pozza di Fassa endete für Veith die Saison vorzeitig – dazu war nicht einmal ein Sturz nötig. „Ich bin sehr direkt auf ein Tor zugefahren, musste leicht korrigieren und habe dann einen Schlag abgekriegt“, sagte Veith über den Moment, in dem sie wusste, dass es aus ist. „Ich habe gleich gespürt, dass etwas mit dem Knie nicht stimmt.“ Mal wieder.Der Weg führte ins Krankenhaus, Veith ist damit die achte alpine Rennläuferin, die dem ÖSV zurzeit verletzt fehlt. In der Privatklinik Hochrum wurde sie am Kreuzband operiert. In der Alpenrepublik überschlugen sich derweil die Schlagzeilen – es war nicht nur die Rede vom WM-Aus, sondern auch die vom Ende einer großen, aber auch durchwachsenen Karriere. „Das wichtigste ist jetzt für mich, in Ruhe gesund zu werden, und ich werde meinem Körper alle Zeit geben, die er dafür braucht“, sagte Veith zwar. Doch die allgemeine Befürchtung, dass sie gar nicht mehr zurückkehrt, konnte sie mit dieser vagen Ankündigung, sich zurück zu kämpfen, nicht auslöschen.

Alles gewonnen

Anna Veith hat alles gewonnen: zwei große Kugeln, drei kleine, dazu Gold bei Olympia und sogar drei WM-Titel. Aber der Blick auf ihre Weltcuperfolge offenbart, dass ihr Dasein als Rennläuferin immer auch bestimmt war von Höhen und Tiefen. 15 Weltcupsiege holte sie, es hätten mehr sein können, die Bayerin Viktoria Rebensburg gewann sogar einen Weltcup mehr. Auf die Frage, warum Anna Veith die möglicherweise auch etwas zu hoch gesetzten Erwartungen an ihr enormes Potenzial nie ganz erfüllen konnte, gibt es zwei Antworten: So konstant wie Lindsey Vonn oder Mikaela Shiffrin siegte sie nie – und zum anderen kam das Pech hinzu.Würde Anna Veith nach dieser Saison alles hinschmeißen, wer wollte es ihr verübeln. Am 21. Oktober 2015 ging das Drama los, da stürzte sie in Sölden so schwer, dass sie sich einen Kreuzband- und einen Innenbandriss zuzog, hinzu kam ein Riss der Patellasehne im rechten Knie – damit war die Saison gleichmal futsch. Ende Dezember 2016 gab sie ihr Comeback. Doch wenige Wochen später bei der WM in St. Moritz schied sie im Super-G aus, fuhr im Riesenslalom auf Platz 22 – und verzichtete auf die Abfahrt. In der Woche nach der WM gab sie das vorzeitige Ende der Saison bekannt. Der Grund: chronische Entzündung der Patellasehne, diesmal im linken Knie. Sie ließ sich operieren. Schon wieder.

1001 Tage ohne Sieg

Am 17. Dezember 2017 errang Veith 1001 Tage (!) nach ihrem letzten Sieg im Weltcup, dem Riesentorlauf in Meribel 2015, zum ersten Mal wieder einen Sieg – dazwischen befand sich öfter in der Reha als auf der Piste. Überdies befand sie sich in einem nervenaufreibenden Streit zwischen ihrem damaligen Manager Klaus Kärcher und dem ÖSV zwischen den Stühlen. Das Theater hat ihre Psyche nicht gefestigt.

Anna Veith hat Jahre der Enttäuschung hinter sich – und war beim Saisonauftakt zuletzt in Sölden zuversichtlich, endlich wieder die Alte zu werden, zumal sie bei Olympia in Südkorea Silber im Super-G holte. Bis zur verhängnisvollen Trainingsfahrt in Pozza di Fassa. Natürlich sei es möglich, dass sie sich zurückkämpfen könne, sagt die Rennläuferin tapfer. Doch viel Zeit bleibt ihr nicht – denn mit 29 Jahren ist „Sissi“ nicht mehr die Jüngste.

Anna Veith ist nicht die einzige Verletzte in diesem Winter. Klicken sie sich durch unsere Bildergalerie.