Auch die Stuttgarter Kickers kämen in den Genuss zweier Spiele gegen die Chinesen. Foto: Baumann

Die Idee zündet: In der nächsten Saison soll die chinesische Olympia-Auswahl in der Regionalliga Südwest spielen – außer Konkurrenz. Das wirft Fragen auf.

Stuttgart - Wenn in China ein Sack Reis umfällt, interessiert das hierzulande keinen Menschen. Wenn aber der Fußball-Verband aus dem Reich der Mitte in Kooperation mit dem DFB seine U-20-Auswahl am Spielbetrieb der vierten Liga beteiligen will, dann wird das im Fußball-Sommer zu einem Volltreffer. Ohne Übertreibung lässt sich sagen: So eine hohe Aufmerksamkeit wie in diesem Tagen hat die Regionalliga Südwest wohl noch nie erfahren. Das mag damit zusammenhängen, dass die Chinesen einen Hauch Exotik, aber gerade durch ihre hohen finanziellen Investitionen im Fußball zuletzt auch etwas Angst verbreiten. Die Ausgangslage:

Spielbetrieb Vorneweg bleibt zu sagen, dass der Vertrag noch nicht offiziell abgesegnet ist. Die Grundlagen sind geschaffen, „nun sind der DFB und der chinesische Verband am Zug“, sagt DFB-Vizepräsident Ronny Zimmermann. Beide Seiten wollen die Kooperation, die vor zwei Wochen mit dem ersten deutsch-chinesischen Fußball-Gipfel in Frankfurt einen vorläufigen Höhepunkt erreicht hat, nun auch mit Leben füllen. Die Olympia-Auswahl würde über die gesamte Saison am Spielbetrieb – selbstredend außer Konkurrenz – teilnehmen und somit sowohl in der Hin- als auch Rückrunde jeweils auf die spielfreie Mannschaft treffen.

Ob es endgültig dazu kommt, soll auf der Managertagung der Regionalliga am 11. Juli (15 Uhr) entschieden werden. Doch im Moment spricht wenig dagegen. „Solche Farbtupfer sind doch sehr interessant und bereichernd“, sagt DFB-Vize Hans-Dieter Drewitz in seiner Eigenschaft als Präsident des Südwestdeutschen Fußball-Verbandes.

Marc Kienle, Nachwuchschef beim VfB Stuttgart, ergänzt: „Wir haben das positiv aufgenommen. An den spielfreien Wochenenden sind wir ohnehin immer auf der Suche nach Testspielgegnern.“ So stünden zwei „Freundschaftsspiele“ (Kienle) bereits fest – und das „ohne Anreise“. Auch VfB-II-Trainer Andreas Hinkel wurde vor der Zustimmung befragt, auch er war für die Teilnahme der Chinesen.

Für jeden Verein winken 15 000 Euro

Rahmenbedingungen Die Idee ist nicht nur interessant, sondern durchaus auch lukrativ. Neben den Zuschauereinnahmen sollen die Clubs vom DFB finanzielle Zuwendungen für den Kostenaufwand bekommen. Die Rede ist von 15  000 bis 20 000 für jeden Verein, damit der zweimal pro Saison zu Hause gegen das chinesische Team antritt. Wobei die Stuttgarter Kickers bereits anklingen ließen, dass sie als Traditionsverein dafür plädieren, einen höheren Anteil zu erhalten als ein weniger bekannter Club.

Ob sich Chancen in der Vermarktung auftun, ist offen. Jochen Röttgermann, Marketing-Vorstand des VfB, sagt: „Wir schauen natürlich, ob sich positive Effekte ergeben. Die Spiele unserer zweiten Mannschaft könnten eine Chance darstellen, allerdings muss man das genau prüfen. Am Ende müssten entsprechende Aktivitäten in unsere generelle Strategie passen.“ Die Internationalisierung habe der VfB „auf dem Schirm“, das Thema genießt direkt nach dem Aufstieg aber keine Priorität.

Spielstärke Olympia-Auswahl – klingt nicht schlecht, vor allem wenn man sieht, welche Leistungen derzeit zum Teil bei der U-21-EM in Polen abgerufen werden. Allerdings sollte man von der chinesischen U 20 nicht gleich Wunderdinge erwarten wie von Deutschland oder Spanien, die mit gestanden Profis an dem Turnier teilnehmen. „Ich bin selbst gespannt auf die Mannschaft, wie talentiert sie sein wird und was für einen Fußball sie spielen wird, wie spielintelligent sie ist. Sie wird sicher extrem hart arbeiten und äußerst diszipliniert sein“, sagt zum Beispiel der Kickers-Trainer Tomasz Kaczmarek, der China persönlich kennt, weil seine Eltern beruflich fünf Jahre dort gelebt haben und er öfters auf Besuch war.

Ein Versuch der Einschätzung: Bei der U-19-Championship 2016 in Bahrain hat China kein Gruppenspiel gewinnen können (0:1 gegen Tadschikistan, 0:0 gegen Usbekistan und 0:1 gegen Australien) – sportlich scheint da noch Luft nach oben.

Im Volleyball geht’s nach Innsbruck

Andere Sportarten Grenzüberschreitende Wettbewerbe gibt es im deutschen Sport auch schon in anderen Sporarten. Das wohl prominenteste Beispiel startet erst im Herbst im Volleyball. Die Teams aus Unterhaching und Hypo Tirol erhalten eine Wildcard für die Bundesliga und starten – vorläufig für drei Jahre – als Alpenvolley Haching im deutschen Oberhaus. Der Spielbetrieb wird über eine GmbH der beiden Clubs gesichert, der der österreichische Bauunternehmer Hannes Kronthaler vorsteht. 70 Prozent der Heimspiele sollen zunächst in Innsbruck ausgetragen werden, danach soll das Verhältnis pari sein. Ziel: schnellstmöglich in die Champions League.

Solche Ambitionen hegen die Tilburg Trappers nicht. Die Niederländer spielen seit 2015 in der Eishockey-Oberliga (dritte Klasse) mit – und das sehr erfolgreich. In diesem Frühjahr verteidigten sie ihren Titel – können aber nicht aufsteigen. „Sie sind eine Bereicherung für die gesamte Liga“, hatte der Ligenleiter Oliver Seeliger beim Startschuss gesagt. Dennoch gibt es aus Fankreisen immer mal wieder Kritik an der Teilnahme der Holländer – und sei es nur wegen deren angeblich zu harter Spielweise. Diese Gefahr scheint bei den chinesischen Fußballern eher unbegründet.

Wer sich ein erstes persönliches Bild von den viel beachteten Gästen machen will, kann das tun: Nächsten Dienstag (18 Uhr) tritt Chinas U 20 zu einem Testspiel beim Drittligisten SGS Großaspach an.