Die zwei mächtigsten Männer der Welt: US-Präsident Donald Trump und Russlands Präsident Wladimir Putin als traditionelle russische Matrjoschka-Puppen mit Porträts an einem Souvenier-Verkaufsstand in Sankt Petersburg (Russland). Foto: dpa

Der neue US-Präsident Donald Trump vereint eine Machtfülle auf sich wie nur wenige andere Staatsoberhäupter auf der Welt. Dazu gehört auch die Befehlsgewalt über alle US-Streitkräfte und das Atomwaffenarsenal. Für viele ein Horrorszenario.

Washington/Stuttgart - Donald Trump ist am Ziel seiner Träume angekommen. Was vielen anderen Albträume bereitet. Nach der Vereidigung auf dem Capitol Hill in Washington am heutigen 20. Januar ist er nun ganz offiziell der 45. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Damit vereint der 70-jährige Immobilienunternehmer und Jung-Politiker eine Machtfülle auf sich wie nur wenige andere Staatsoberhäupter auf der Welt. Ähnlich mächtig ist der Präsident in Frankreich (Francois Hollande) und Russland (Wladimir Putin). Beide verfügen aber nicht über so umfängliche Ressourcen.

Was darf der US-Präsident und was darf er nicht?

Der amerikanische Präsident darf keine Kriege erklären – das tut der Kongress. Er darf aber sehr wohl Kampftruppen in fremde Länder entsenden, wenn es für die Sicherheit der Vereinigten Staaten nötig erscheint. Dann muss er den Kongress spätestens nach 90 Tagen um Zustimmung bitten.

Der Präsident ist in Personalunion auch „Commander in Chief“ – Oberkommandierender der US-Streitkräfte, der größten Armee der Welt. Er ist der einzige, der den Einsatz von Atomwaffen anordnen kann und über die Atomcodes dazu verfügt. Nur der Verteidigungsminister (seit dem 20. Januar Ex-General James Mattis, 66) und der Vorsitzende der „Joint Chiefs of Staff“ (Vereinigte Stabschef der Teilstreitkräfte, seit dem 1. Oktober 2015 ist dies General Joseph Francis Dunford, 61) können dies unter bestimmten Umständen noch verhindern. Im Extremfall kann Donald Trump die Welt innerhalb weniger Minuten dem Untergang weihen.

Trumps Charakter – eine Gefahr für die Welt?

Trump gilt als dünnhäutig, aufbrausend, fahrig und leicht reizbar. Ein Twitter-Fan, der mit einem 140-Zeilen-Tweed ganze Wirtschaftsbranchen erschüttert kann. Könnte er aus einer impulsiven Laune oder einem Wutanfall heraus auch den Befehl für den Start der Atomraketen geben?

Angeblich soll Donald Trump während eines Treffens mit seinen außenpolitischen Beratern während des Präsidentschaftswahlkampfes im vergangenen Jahr innerhalb einer Stunde dreimal wörtlich gefragt haben „Wenn wir Atomwaffen haben, warum setzen wir sie nicht ein?“

Trump und die Nuklearoption – Zitate

Es war nicht das erste Mal, dass sich der konservative Politiker und Republikaner zum Einsatz von Atomwaffen geäußert hat, wie folgende Beispiele zeigen:

„Es ist ein Horror, Atomwaffen einzusetzen. Ich werde der Letzte sein, der sie einsetzt, aber ich werde es niemals ausschließen.“ (Trump am 28. April 2016 in der „Today Show“ auf NBC).

„Jemand vom ‚Islamischen Staat’ trifft uns. Würden Sie nicht mit einer Atomwaffe zurückschlagen?“ (Trump am 26. März 2016 im Interview mit dem Nachrichtenkanal MSNBC).

„Ich bin der letzte Mensch, der die nukleare Karte spielen möchte, glauben Sie mir. Aber man kann niemals die Karten vom Tisch nehmen, weder von einem moralischen Standpunkt aus oder von irgendeinem anderen Standpunkt und sicher nicht vom Standpunkt eines Verhandlers.“ (Trump am 31. März 2016 in einem Interview auf Fox News).

Moderator John Dickerson: „Die USA haben seit 1945 keine Atomwaffen eingesetzt. Wann sollten sie es tun?“ Trump: „Als absolut letzte Möglichkeit. Und, wissen Sie, das Wort lautet unberechenbar. Man muss unberechenbar sein.“ (Trump am 3. Januar 2016 in einem CBS-Interview)

„Bei Nuklearem geht es einfach um die Macht. Die Zerstörung ist mir sehr wichtig.“ (Trump am 15. Dezember 2015 in einer TV-Debatte mit republikanischen Konkurrenten um die Präsidentschaftskandidatur).

Zweifel an Trumps Eignung als „Commander in Chief“

Seit Donald Trump seine Kandidatur für das höchste Amt der USA erklärt hat, wird ihm von seinen zahlreichen Kritikern die Fähigkeit abgesprochen, als Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte das weltweit größte Atomwaffenarsenal zu kontrollieren.

„Stellen Sie ihn im Oval Office vor, wenn er mit einer wirklichen Krise konfrontiert ist“, sagte seine unterlegene Konkurrentin Hillary Clinton auf dem Parteitag der Demokraten Ende August 2016. „Ein Mann, den man mit einem Tweet in eine Falle locken kann, ist kein Mann, dem man Atomwaffen anvertrauen sollte.“

Der Atomkoffer des Präsidenten

Nuklearexperte Bruce Blair über „Atomic Trump“

Der amerikanische Sicherheitsexperte Bruce Blair, ein Fachmann für Nuklearfragen an der US-Eliteuniversität Princeton und einer der besten Kenner der Atommacht USA, hat jetzt in einem „Spiegel“-Interview vor Trumps Machtfülle gewarnt: „Sein Finger auf dem Atomkoffer macht mir Angst“.

„Könnte Trump mit einer einzigen Entscheidung einen Nuklearkrieg entfachen“, wird Blair vom „Spiegel“ gefragt. Seine unmissverständliche und beängstigende Antwort: „In der Nuklearfrage gibt es ein klar geregeltes Prozedere. Es ist dazu entworfen worden, im Zweifel schnell und effizient reagieren zu können. Es ist unglaublich: Der Präsident hat eine Entscheidungsmacht, die die Zivilisation beenden kann. Vollkommen ohne Hürden.“

Die Macht über 7100 Nuklearsprengköpfe

Nach Aussage von Bruce Blair haben die USA ihre landgestützten Interkontinentalraketen, die Nuklearwaffen auf U-Booten und jene an Bord von strategischen Bombern auf 900 Ziele in Russland (davon 100 in Moskau), 500 in China, 60 in Nordkorea und 50 im Iran ausgerichtet.

Doch ist es wirklich so einfach für Donald Trump, die Menschheit auszulöschen? Ja, antwortet Bruce Blair. „Was er angreifen will, kann der Präsident allein entscheiden. Ein Ziel, oder einfach alle Ziele gleichzeitig. Es gibt niemanden, der seine Entscheidung verhindern kann. Niemanden, der ein Veto einlegen kann. Übrigens auch nicht der Verteidigungsminister, wie manche glauben . . . Gibt der Präsident sein Okay, geht alles seinen Gang. Die Kommandozentrale schickt einen kurzen Startbefehl, der praktisch zeitgleich an den jeweiligen Raketenstandorten ankommt. Dann werden die Waffen innerhalb von einer Minute startklar gemacht.“

Das Atomwaffenarsenal der USA

Nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums von 2015 befinden sich im amerikanischen Atomwaffenarsenal 4760 Sprengköpfe. 2080 davon sollen aktiv und sofort einsatzbereit sein. Weitere 2680 werden als Reserve gelagert und können in die Arsenal zurückkehren. Darüber hinaus verfügen die US-Atomstreitkräfte (US Strategic Command) über 2340 Atomsprengköpfe, die zur Abrüstung vorgesehen, aber noch intakt sind.

Insgesamt umfasst diese Armada 7100 Sprengköpfe, die von Minuteman-III-Interkontinentalraketen, seegestützten Trident II D5 sowie von B-52H und B-2A Bombern ins Ziel gebracht werden können.

„Nuclear Football“ – der Atomkoffer

Wo auch immer sich Donald Trump sich gerade befindet, ob im Bett, bei einer Rede, auf Reisen oder im Football-Stadion, stets ist der Atomkoffer mit den Nuklearcodes griffbereit in seiner Nähe.

Dabei handelt es sich um einen schwarzen Lederaktenkoffer des US-Reisegepäckherstellers Zero Halliburton. Spitzname: „Nuclear Football“ und „Emergency Satchel“ (Notfallranzen des Präsidenten). Sein einziger Zweck: Im Ernstfall ausschließlich vom US-Präsidenten benutzt zu werden, um den Einsatz von Nuklearwaffen zu autorisieren.

Der Koffer ist eine mobile Kommandozentrale, mit deren Hilfe Doinald Trump eine ortsunabhängige, abhörsichere Verbindung zu den wichtigsten Mitgliedern des Nationalen Sicherheitsrates aufbauen kann. Egal, was passiert: Der 45. US-Präsident hat immer und überall den Finger auf dem Starknopf für den Weltuntergang.

„Black Book“ des Atomkrieges

Im Nuklearkoffer befindet sich das „Black Book“. Das schwarze Buch mit allen nuklearen und nicht-nuklearen Angriffsplänen – angefangen vom Marschflugkörper bis hin zur interkontinentalen Atomrakete mit Mehrfachsprengkopf.

Zudem sind in dem unscheinbaren Koffer die „Emergency Action Messages“ (EAM) und „Go Codes“ verstaut. Dabei handelt es sich um die Angriffscodes, mit denen die Raketen für bestimmte Optionen und Ziele scharf gemacht werden. Und nicht zu vergessen: ein abhörsicheres Telefon.

„Gold Codes“ des Präsidenten

Die „Gold Codes“ – die Autorisierungscodes des Präsidenten – sind ein weiteres unentbehrliches Mittel, um einen Atomkrieg zu initiieren. Sie befinden sich ebenfalls in dem Koffer. Mit ihnen kann sich Donald Trump im Fall aller Fälle als „Commander in Chief“ (Oberbefehlshaber) gegenüber den US-Streitkräften identifizieren und die „Go Codes“ autorisieren.

Diese „Gold Codes“, die über Leben und Tod von Millionen Menschen entscheiden, trägt Donald Trump ab sofort in Form einer Plastikkarte von der Größe einer Kreditkarte (Spitzname: „Biscuit“) immer bei sich am Körper.

Chronologie von Armageddon

Nur der Präsident darf den Atomwaffeneinsatz anordnen

Sollte sich eine Krise extrem zuspitzen, würde sich Donald Trump zusammen mit dem für Nuklearkoffer zuständigen Adjutanten (ein Soldat im Range eines Major oder höher) kurz zurückziehen, um den „Nuclear Football“ zu öffnen. Dann würde der Soldat eine Telefonkonferenz mit US-Verteidigungsminister James Mattis und General Joseph Francis Dunford starten.

Nachdem sich Trump mit Hilfe seinen Autorisierungscode eingegeben hat, würden die Angriffspläne des „Black Book“ geöffnet und zusammen mit den entsprechenden Befehle an den Chef des Generalstabs und von diesem an die verantwortlichen Offiziere weitergegeben.

Allerdings darf nur der Präsident den Einsatz von Nuklearwaffen anordnen. Für den Ausführungsbefehl bedarf es – gemäß der Zwei-Mann-Regelung der Nationalen Kommandobehörde („National Command Authority“, NCA – zusätzlich der Zustimmung von Verteidigungsminister James Mattis

„Ich fürchte, irgendwann trifft Trump eine schlechte Entscheidung, was Atomwaffen angeht“

Das ganze Prozedur dauert Sicherheitsexperten Bruce Blair zufolge im Notfall „maximal sechs Minuten“. „Trumps Finger auf dem Atomkoffer macht mir Angst“, sagt Blair dem „Spiegel“. In den 1970er Jahren war der 70-Jährige im Auftrag der US-Armee selbst damit beschäftigt, diesen Ablauf ständig zu kontrollieren.

„Ich habe keinerlei Vertrauen in Trumps Urteilskraft, was Krieg und Frieden angeht“, erklärt Blair. Trump sei impulsiv, aggressiv, schlecht oder falsch informiert. „Er weiß praktisch nichts über Atomwaffen oder internationale Beziehungen. Er ist ein Hitzkopf. Er denkt nicht. Er will nicht lernen. Und ganz wichtig: Er hat gezeigt, dass er die Welt in Gewinner und Verlierer einteilt. Ganz ehrlich: Ich lebe in Angst. Ich fürchte, irgendwann trifft Trump eine schlechte Entscheidung, was Atomwaffen angeht.“