Der Duden führt alle wichtigen Regeln auf. Jetzt muss man sie nur anwenden. Foto: © Bibliographisches Institut GmbH, 2019

Nicht nur Schüler, auch Erwachsene hadern mit den Regeln für den korrekten Gebrauch von Gliederungszeichen. Das Komma entscheidet oft über Sinn und Unsinn. Manchmal muss man es mit Humor nehmen.

Stuttgart - Neulich kündigt ein Abteilungsleiter per E-Mail eine neue Kollegin an. Der Einfachheit halber fügt er die selbst verfasste Kurzvorstellung der jungen Dame der Mitteilung an. Irgendwie ja ein Schaufenster zum Wohlwollen all derer, mit denen sie es künftig zu tun haben würde, entsprechend sorgfältig formuliert und weitgehend absturzfrei in Orthografie und Zeichensetzung werde ihr geschriebenes Porträt sein, denkt man. Und liest: „Hallo ich heiße Tessa Blumkowski, bin 27 Jahre alt und seit dem 1. Juni als Teamassistentin in der Abteilung C.“

Ja, da hört man gleich zu lesen auf. Der Kommaschwund nach dem legeren Hallo grämt am meisten. Besonders elegant ist der Rest, die Fügung zweier Sachverhalte an das unregelmäßige und (hilfsmäßige) Verb sein, auch nicht. Sei’s drum. Nun ist nicht davon auszugehen, dass Tessa, äußerst selbstbewusst, in der Schwebe lassen wollte, dass sie sich selbst grüßt: „Hallo ich, heiße Tessa . . .“

Punkte und Kommata sind keine Folterwerkzeuge

Der Fall zeigt, wie ein fehlendes Satzzeichen die Rhetorik aufweicht. Ein Verständnisschaden wurde hier gerade noch vermieden. Punkte und Kommata sind keine Folterwerkzeuge aus dem Keller eines Diktators, sondern gliedern Satzgefüge und sind sinnstiftend. Oder Unsinn schaffend. Genauer gesagt: keine luzide Syntax ohne präzis gesetzte Gliederungszeichen. „Es ist möglich, Welten durch ein einziges Komma zu trennen“, schrieb der französische Schriftsteller Victor Hugo, er musste es als Mitglied der Académie française wissen.

Äußerst beliebt auf den einschlägigen Nachhilfe-Webseiten, weil lustig, sind Missverständnis-Beispiele wie „Komm, wir essen Tante Erna!“ (falsch!), „Komm, wir essen, Tante Erna!“ (richtig!). Auch wie der Beistrich über die Umkehrung von (Liebes-)Verhältnissen entscheidet, wird oft ähnlich illustriert: „Er will sie nicht.“ „Er will, sie nicht.“

Die Rechtschreibreformen haben einiges erleichtert

Schüler und Erwachsene hadern mit den Kommaregeln. Vielleicht, weil allgemein nicht mehr gut, also prononciert gesprochen wird? Mit Pausen, pointierten Betonungen? Nichts anderes spiegeln meist die Satzzeichen wider: verständliches Reden. Und das kommt ohne Teilungen nicht aus. Eine unmittelbar fassliche Schriftsprache ebenso wenig. Der Duden rät generell zum Ex-negativo-Schlüssel: „Kein Komma ohne Grund!“ – so heißt es in der aktuellen Online-Version des Bibliographischen Instituts in Berlin.

Dabei ist der Gebrauch des Kommas durch die Rechtschreibreformen erleichtert worden. Beispielsweise galt früher, dass Infinitivgruppen per Komma abgetrennt werden: Heute ist beides möglich: „Sie weigerte sich[,] uns zu helfen.“ Etwas kniffeliger wird es bei Adjektiven. Sind sie gleichrangig, das Getränk ebenso süß wie klebrig, heißt es „ein süßes, klebriges Getränk“. Es hängt vom Sinn des Satzes ab, ob eine Nebenordnung vorliegt. Hier ist der Fall eindeutig: „Die jüngsten politischen Entwicklungen“.

Und schließlich gibt es noch die Nebensätze, die sich durch Prädikate auszeichnen, also gebeugte Verben. Sie brauchen ein Komma. Eigentlich ganz einfach, meint der einstmals beliebteste Sprachcoach der Deutschen, Bastian Sick („Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod“): „Der Schaden war größer als zunächst angenommen.“ Aber: „Der Schaden war größer, als zunächst angenommen worden war.“ Stimmt, ist ganz einfach.