Die Ludwigsburger City. Unten links der Schillerplatz, in der Mitte rechts der vom Staatsarchiv eingerahmte Arsenalplatz, der heute noch für Autos reserviert ist. Foto: Google Earth

An diesem Freitag tagt das Preisgericht für das Großprojekt ZIEL in Ludwigsburg. Es geht um die Umgestaltung der Innenstadt rund um Arsenal- und Schillerplatz – und um weit mehr als nur eine optische Auffrischung.

Ludwigsburg - Es ist kein schöner Weg. Wer heute mit der Bahn in Ludwigsburg ankommt und in die Innenstadt läuft, hat es nicht leicht. Am Schillerplatz: Autos aus allen Richtungen, Ampeln an allen Ecken. Dahinter: der Arsenalplatz. Eingerahmt von den hübschen Gebäuden des Staatsarchivs und umgeben von ein paar Bäumen, dient diese zentrale Fläche in Ludwigsburg noch immer allein als Parkplatz. Verweilen möchte hier niemand, und genau das soll sich ändern.

Aus diesem Grund hat die Stadt einen sogenannten Realisierungswettbewerb ausgelobt. 22 Büros – Freiraumplaner, Stadtplaner, Architekten – haben in den vergangenen Monaten Ideen zur Umgestaltung der City erarbeitet. An diesem Freitag kürt eine Jury den Siegerentwurf – es ist eine bedeutende Weichenstellung für die Stadt. Am Samstag, 30. November, 12 bis 18 Uhr, und am Sonntag, 1. Dezember, 11 bis 17 Uhr, werden die Wettbewerbsarbeiten im Reithaus an der Königsallee 41 öffentlich ausgestellt.

Es geht ums große Ganze

Ludwigsburg hat von den Wettbewerbsteilnehmern „qualitativ überzeugende und funktional tragfähige Entwürfe zur Stadtraumgestaltung“ eingefordert – so steht es in der Ausschreibung. Die Kernpunkte: Mehr Aufenthaltsqualität, weniger Autoverkehr, übersichtliche Wegeverbindungen vom Arsenalplatz zur Fußgängerzone in der Seestraße. Auch das aus zwei Gebäuden bestehende Staatsarchiv soll besser eingebunden werden. Während der Arsenalbau immerhin öffentlich zugänglich ist, ist das Zeughaus ein weitgehend toter Fleck in der Stadt. Das Land als Eigentümer hat sich bereit erklärt, zumindest das Erdgeschoss für die Öffentlichkeit zu öffnen. Mit welcher Nutzung? Auch dafür werden Vorschläge gesucht.

„Das oberste Ziel ist die zukunftsfähige Weiterentwicklung der Innenstadt“, sagt der Chef-Stadtplaner Martin Kurt. Der Umbau soll Ludwigsburg nicht nur als touristische Destination, sondern vor allem als Einzelhandelsstandort aufwerten. Das Großprojekt ist demnach auch eine Reaktion auf den Online-Handel. Der Gedanke: Nur wenn die Besucher sich wohl fühlen, kommen sie zum Einkaufen nach Ludwigsburg. „Mehr Grün – auch das wird eine Rolle spielen“, sagt Kurt. Das sei dann auch im Sinne des Klimaschutzes.

Weg mit den Parkplätzen?

Was in den 1990er Jahren auf dem barocken Marktplatz gelang, soll nun auch am Arsenalplatz gelingen: ein bedeutendes Areal im Stadtbild von Autos zu befreien. Zu einer Multifunktionsfläche soll der Platz werden, und noch weiß keiner genau, was das bedeutet. Denn über die Umsetzung aller Ideen entscheidet der Gemeinderat, und die Interessenslagen könnten unterschiedlicher kaum sein.

Im Gespräch ist, zunächst einen Teil der Parkplätze zu erhalten, das wollen CDU und Freie Wähler. „Wir müssen über eine Reduzierung des Autoverkehrs nachdenken“, sagt zwar der Freie-Wähler-Chef Reinhardt Weiss. „Aber wir sollten das momentan eher defensiv angehen.“ Der Verlauf der künftigen Stadtbahntrasse, die Verkehrsführung – für all das fehle noch ein Gesamtkonzept. „Deshalb sollten wir jetzt nicht über große Veränderungen nachdenken“, sagt Weiss. Zumal es wichtigere Themen für Ludwigsburg gebe. „Wir müssen Prioritäten setzen.“

„Ich kriege richtig Angst, dass alles so bleibt, wie es ist“, sagt hingegen Christine Knoß, die stellvertretende Grünen-Chefin. Die Grünen wollen alle 143 Stellplätze am Arsenalplatz streichen und verweisen darauf, dass in der City ausreichend Parkhäuser vorhanden sind. Zumal die Kreissparkasse unweit des Schillerplatzes gerade eine zusätzliche Tiefgarage baut.

Die Autos sollen raus aus der Stadt

Wenn die Parkplätze verschwinden, besteht die Möglichkeit, die Arsenalstraße sowie die Straßen rund um den benachbarten Schillerplatz für Individualverkehr zu sperren. Aber auch hier gilt: Das letzte Wort hat der Gemeinderat. Die Straßen jedenfalls werden weiterhin gebraucht, weil auch in Zukunft Busse durch die City fahren – und vielleicht kommt eines Tages die Stadtbahn hinzu. Die Planung einer Bahnstrecke durch den Landkreis ist noch längst nicht abgeschlossen. Fest steht jedoch, dass die Wilhelmstraße nicht angetastet wird. Überlegungen, Autos von der zentralen Ost-West-Achse zu verbannen, werden aktuell nicht weiter verfolgt.

Inwieweit die drohenden Fahrverbote für Dieselautos Einfluss auf die Planung haben werden, lässt sich nicht abschätzen. Der Oberbürgermeister Matthias Knecht steht der Verkehrsberuhigung jedenfalls grundsätzlich offen gegenüber.

Der Zeitplan

2023 könnte ein realistischer Starttermin sein, meint Kurt. Zunächst einmal muss die Kreissparkasse ihre diversen Bauprojekte am Schillerplatz abschließen, denn zwei Großbaustellen nebeneinander möchte niemand – auch bei den Grünen nicht. Aber, und da unterscheidet sich die Position fundamental von den Freien Wählern: „Unser Anspruch ist, dass wir möglichst schnell loslegen“, sagt Knoß. „Denn das ist momentan das wichtigste Projekt für Ludwigsburg.“ Trotz aller Widerstände, die es zu überwinden gelte: „Ich bin überzeugt, dass die Leute die Verkehrsberuhigung, wenn sie da ist, genießen werden. Die Fußgänger werden sich den Straßenraum zurückerobern.“