Das Gelände an der Fils zwischen Faurndau und Uhingen ist vielen Göppingern gänzlich unbekannt. Dabei wird dort heute wie vor 75 Jahren das Abwasser gereinigt. Foto: SEG/Steinert

Das Klärwerk feiert in diesem Jahr sein 75-jähriges Bestehen. Rund 100 000 Einwohner sind an eine der größten Anlagen in Baden-Württemberg angeschlossen. Am Sonntag findet ein Tag der offenen Tür statt.

Göppingen - Jochen Gugel, der Leiter des Göppinger Eigenbetriebs Stadtentwässerung, hofft auf ein paar trockene Tage. Das böte aus seiner Sicht zweierlei Vorteile: „Zum einen wäre der Tag der offenen Tür in der städtischen Kläranlage am Sonntag damit um einiges attraktiver, zum anderen verbessert sich die Reinigungsleistung des Klärwerks.“ Die Anlage funktioniere nämlich umso besser, je schmutziger das Abwasser sei. Eine vom Regen verläpperte Verdünnung wie in den vergangenen Wochen mache den reinigenden Mikroorganismen das Leben schwer.

Das Klärwerk ist eine Exsklave

Solche und noch viel mehr Einblicke in die Endstufe unserer Kanalisation gewährt der Betrieb in der Regel nur angemeldeten Gruppen. Am Sonntag öffnet sich das Klärwerk jedoch von 10.30 bis 17 Uhr beim Tag der offenen Tür jedem Interessenten. Gefeiert wird damit das 75-jährige Bestehen der Anlage, die kurioserweise zum größten Teil auf Uhinger Gemarkung liegt. „Man hat sich damals eben den tiefsten Punkt unterhalb Göppingens gesucht, und der lag selbstverständlich filsabwärts“, erklärt Jochen Gugel.

Der Bau der Göppinger Kläranlage, die am 10. Dezember 1941 in Betrieb genommen wurde, war ein Meilenstein für den Gewässerschutz im Kreis und gerade angesichts der rasanten Entwicklung von großer Bedeutung. Denn was in den Fünfziger und Sechziger Jahren im Klärwerk ankam, war Gugel zufolge so bunt wie die heutige Gesellschaft. Damals habe man an der Fils ablesen können, welche Farbe gerade Mode gewesen sei, heißt es. Und auch die zunehmende Anzahl an Waschmaschinen schlug sich schäumend in der Fils nieder.

Teuerstes Millionenprojekt aller Zeiten

1993 bis 1997 wurde die Anlage für umgerechnet knapp 50 Millionen Euro grundlegend umgebaut und erweitert. Sie gilt bis heute als das teuerste städtische Bauprojekt. Das Ergebnis dieser Maßnahmen konnte sich jedoch sehen lassen. Die Reinigungsleistung wurde um stolze 70 Prozent verbessert. „Damals basierten die Pläne auf Schätzungen aus den Siebziger Jahren. Das Genehmigungsverfahren für den Ausbau war langwierig. Dass der Wasserverbrauch und auch die industrielle Weiterentwicklung sich derart wandeln würden, war damals nicht abzusehen“, erklärt Gugel. Nun ist die Anlage wohl auf Jahre hinaus ausreichend dimensioniert.

Mit 330 000 Einwohnerwerten (eine Kennzahl, die auch die gewerbliche Abwasserbelastung einschließt) ist die Göppinger Kläranlage eine der zehn größten in ganz Baden-Württemberg. Das Abwasser von 100 000 Einwohnern wird dort entsorgt. Auch Teile der Städte Eislingen und Uhingen, die Gemeinden Ottenbach, Rechberghausen und Schlat sowie der Abwasserverband Heiningen, zu dem noch Dürnau, Eschenbach und Gammelshausen gehören, sind über eine Klärgemeinschaft an die Anlage angeschlossen.

50 Millionen Liter Brühe pro Tag

Pro Tag hat die Kläranlage einen Zulauf von rund 50 Millionen Liter Abwasser. Die Reinigung erfordert einen erheblichen Aufwand und jede Menge Energie. „Das Energiemanagement wird auch in Zukunft eine große Aufgabe sein, neben der Problematik, die Abwässer auch von Spurenstoffen zu reinigen, etwa Hormonen und Arzneimittel“, erklärt Jochen Gugel. Es gehe dabei an Detailfragen.

Energetisch ist die Kläranlage schon auf einem hohen Stand. Sie ist eine der wenigen, die einen Großteil ihres Stromverbrauchs selbst deckt. Das Faulgas, das in den Klärschlämmen auftritt, wird vor Ort in Blockheizkraftwerken verstromt. Die Wärme wird zur Schlammtrocknung eingesetzt. „Wir sind auf einem hohen Stand, aber wir können durch Energieeinsparung und einer Optimierung des Blockheizkraftwerks noch besser werden“, sagt Gugel.

Energiegewinnung spielt auch andernorts bei der Stadtentwässerung noch eine Rolle. Beim Neubau der Kreissparkasse wurde erstmals in einem großen Sammelkanal eine Wärmepumpe eingebaut, die nun Energie für die neue Bankzentrale gewinnt. Für den geplanten Neubau des Rathauses II am Bahnhof ist eine ähnliches Heizkonzept geplant.