In den Arztpraxen werden Patienten mit einem Infekt und andere Patienten räumlich getrennt. Foto: dpa

Wie sieht es in den Arztpraxen im Kampf gegen das Coronavirus aus? Die Pandemie fordert die Mediziner derzeit stark.

Marbach/Bottwartal - Die Allgemeinmediziner in Marbach und im Bottwartal haben ihre Arbeitsabläufe in weiten Teilen umgestellt, um des steigenden Patientenandrangs wegen der Corona-Krise in ihren Praxen Herr zu werden. „Es gibt deutlich mehr Anfragen als üblich“, berichtet der Marbacher Hausarzt Jürgen Wirth. Er müsse jede einzelne ernst nehmen und abklären, da die Symptome für eine Corona-Erkrankung so unspezifisch seien. Er habe seine Patienten daher gebeten, nur noch in dringenden und unaufschiebbaren Fällen in die Praxis zu kommen. Die Betreuung seiner Altenheime könne er nur noch telefonisch machen. „Wegen einer Medikamentenneueinstellung kann ich nicht mehr vorbeikommen“, sagt er.

Auch der Allgemeinmediziner Joachim Kieferle in Erdmannhausen nimmt nur noch wirklich schwierige Fälle wie Schlaganfall- oder Herzinfarktpatienten neben den Infizierten bei sich in der Praxis auf. „Damit der Arbeitsaufwand nicht wesentlich höher wird, haben wir reine Gesundheitsuntersuchungen erst mal verschoben“, erklärt er. Die Abläufe in seiner Praxis hätten sich enorm geändert, fügt er hinzu. Der Anmeldebereich sei zum Schutz der Mitarbeiterinnen mit Folie abgeklebt worden, die Praxis sei in verschiedene Zonen eingeteilt, durch die die Patienten mit Schildern geleitet würden.

In allen Arztpraxen werden Patienten mit einem Infekt und andere Patienten räumlich getrennt. Bei Joachim Kieferle dürfen Erstere vormittags erst ab 11.30 Uhr und nachmittags erst ab 17.30 Uhr erscheinen. „Sie kommen dann gleich in ein bestimmtes Sprechzimmer und nicht in den Wartebereich“, erläutert der Arzt.

Ebenso verfährt auch der Oberstenfelder Hausarzt Manfred Frenzel. „Ich versuche, schon am Telefon einzuschätzen, welches Erkrankungsrisiko der Patient hat, und organisiere dementsprechend die Krankmeldung und die ärztliche Versorgung“, erzählt er. Bei Jürgen Wirth müssen die Patienten nach telefonischer Anmeldung vor der Tür warten und werden dann einzeln eingelassen. Das Personal achtet auf den Mindestabstand von zwei Metern zu anderen Personen.

Ein großes Ärgernis ist für alle drei Ärzte die schlechte Versorgung mit medizinischem Material. „Wir haben vor sechs Wochen Mundschutzmasken bestellt und bis heute nichts bekommen“, bedauert Jürgen Wirth. Auch bestimmte Medikamente und Impfstoffe seien derzeit nicht lieferbar. Joachim Kieferles Mitarbeiter haben sich sogar schon auf Online-Plattformen wie eBay oder dem chinesischen Pendant Alibaba um Masken und Schutzanzüge bemüht – vergeblich.

Etwas besser sieht die Lage bei Manfred Frenzel aus: „Wir haben uns frühzeitig mit Material eingedeckt, aber wir werden in absehbarer Zeit an unsere Grenzen stoßen und können nur hoffen, dass dann Nachschub da ist“, sagt der Oberstenfelder Arzt.

Besonders ärgerlich ist für Joachim Kieferle, dass einige Anbieter die Corona-Krise schamlos ausnutzen. „Mundschutzmasken kosten normalerweise 70 Cent. Ich habe per Mail ein Angebot über 17 Euro erhalten“, erzählt er fassungslos. Auch Jürgen Wirth kennt maßlos überteuerte Angebote, ihm wurden Schutzmasken für 7,50 Euro offeriert. „Das ist für uns Ärzte keine gut bezahlbare Situation mehr“, hadert er. Er hat zehn so genannte FFP2-Masken (Partikel filternde Halbmasken) vorrätig, die er einsetzt, wenn er einen Abstrich bei einem infizierten Patienten macht.

Positive Corona-Fälle gab es bisher noch in keiner der drei Praxen. Allerdings können die Ärzte auch nicht so viele Tests machen, wie sie eigentlich für notwendig erachten würden. „Ich teste nur einen von zehn Patienten, da die Laborkapazitäten erschöpft sind“, sagt Joachim Kieferle. Dass Risiko-Patienten nur solche seien, die Kontakt zu einem Infizierten hatten oder aus einem Risikogebiet wieder eingereist sind, glaubt er nicht. „Inzwischen ist der Virus in Deutschland so verbreitet, dass man sich auch hier anstecken kann“, sagt er. Jürgen Wirth kann auch nicht mehr alle Risikopatienten testen und schickt diese dann direkt zum Gesundheitsamt.

Ärgerlich ist für die Mediziner auch der Egoismus einiger Patienten. „Viele halten den Mindestabstand von zwei Metern einfach nicht ein. Bestimmte Informationen kommen bei ihnen offenbar nicht an“, sagt Jürgen Wirth. In der Praxis von Manfred Frenzel hätten sich Arzthelferinnen von Patienten „angeifern“ lassen müssen, weil das Wartezimmer mit mehr als fünf Patienten besetzt sei. Doch trotz der schwierigeren Umstände seien er und seine Mitarbeiterinnen noch guter Dinge, sagt Jürgen Wirth. Und Joachim Kieferle pflichtet ihm bei: „Wir machen unseren Job immer noch gerne.“