Auf dem Weg an die Regierung: Die Ampelkoalition. Foto: dpa/Michael Kappeler

Der Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP steht. Doch bevor das Bündnis den von ihm beabsichtigten Aufbruch wagen kann, geht es um anderes: Die Bekämpfung der schlimmsten Welle in der Pandemie.

Berlin - Zum ersten Mal wird Deutschland von einem rot-grün-gelben Dreierbündnis regiert werden: Zwei Monate nach der Bundestagswahl hat die künftige Ampel-Regierung am Mittwoch ihren Koalitionsvertrag präsentiert. Der designierte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) betonte, die Parteien hätten kein Bündnis des kleinsten gemeinsamen Nenners geschlossen, sondern zielten auf „große Wirkung“. Das Motto, welches das Bündnis sich in Anlehnung an ein Zitat des SPD-Kanzlers Willy Brandt gegeben hat, lautet „Mehr Fortschritt wagen.“ Für die Grünen nannte Parteichef Robert Habeck den 177 Seiten starken Vertrag ein „Dokument des Mutes und der Zuversicht.“

Corona steht vor allem anderen

Allerdings startet das Bündnis mitten in der vierten Coronawelle mit einer Hypothek: Bevor Scholz überhaupt über den Koalitionsvertrag sprach, verkündete er einen Katalog rascher Maßnahmen. Im Kanzleramt soll demnach ein Bund-Länder-Krisenstab eingerichtet werden. Scholz sprach sich für eine Impfpflicht für Einrichtungen mit vulnerablen Gruppen aus. Die Ampelkoalition will eine Milliarde Euro als Bonus an Pflegekräfte verteilen. Die Ampel-Spitzen hatten sich am Vorabend zu einem ad-hoc-Gespräch bei Noch-Kanzlerin Angela Merkel getroffen. Einem Bericht der „Bild“-Zeitung zufolge hat die Ampel dort einen Versuch Merkels abgeschmettert, einen Lockdown zu verhängen. Merkels Sprecher sagte am Mittwoch lediglich: „Wir sind auf dem Weg in eine Notlage, wie wir sie hierzulande noch nie hatten.“

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FDP übernimmt überraschend Verkehr

Einig ist sich die Ampel bereits über die Ressortverteilung: Die SPD wird neben dem Kanzleramt sechs Ministerien bekommen, darunter die Kernressorts Innen und Verteidigung sowie Arbeit und Soziales, außerdem das Gesundheitsressort sowie ein neu geschaffenes Ministerium für Bauen und Wohnen. Für die Grünen soll Robert Habeck ein neu geschaffenes Wirtschafts- und Klimaministerium übernehmen, Annalena Baerbock soll Außenministerin werden. Außerdem wird die Partei die Ressorts Umwelt- und Verbraucherschutz, Agrar und Ernährung sowie Familie erhalten. Für die FPD übernimmt Parteichef Christian Lindner das Finanzministerium. Überraschenderweise übernehmen die Liberalen auch das Ressort Verkehr, zudem Bildung und Justiz.

Strobl kritisiert Ampel massiv

Die Koalition will die Schuldenbremse ab 2023 wieder einhalten. Bis 2030 soll Deutschland 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien beziehen. Weitere Vorhaben im Koalitionsvertrag sind eine verschärfte Mietpreisbremse und die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro. Nach der Billigung des Vertrages durch die Parteien kann der Bundestag den Kanzler am 8. Dezember wählen. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) kritisierte die Ampel massiv. Mit ihrer Coronapolitik habe sie einen „verheerenden Fehlstart“ hingelegt, sagte er unserer Zeitung. Strobl kündigte an, man werde „intelligente und zielgenaue Oppositionsarbeit“ leisten.