Auf der Didacta diskutieren Experten Strategien für Werben um Azubis. In der Region sind drei bis vier Prozent der Lehrstellen unbesetzt. Foto: dpa

Ausbildungsplätze müssen wie sauer Bier angeboten werden. In der Region Stuttgart bleiben drei bis vier Prozent des Angebots in Handel und Handwerk leer. Der Mangel an Lehrlingen ist auch Thema auf der Bildungsmesse Didacta.

Stuttgart - Das waren noch Zeiten, als sich die Betriebe raussuchen konnten, wen sie ausbilden wollten und wer ihnen gut genug war. „Die jungen Leute rannten ihnen die Bude ein“, erinnert sich Klaus Troltsch vom Bundesinstitut für Berufsbildung. Troltsch gehörte zu der Runde, die am Dienstag auf der Didacta die etwas provokativ und überspitzt formulierte Frage diskutierte, ob man heute schon einen Dienstwagen als Köder bieten müsse, wenn man noch einen Azubi ergattern wolle. Nein, so weit kann es auch angesichts eines eklatanten Lehrlingsmangels nicht kommen, war sich die Runde einig. Viel wichtiger, so Troltsch, sei eine neue Haltung der Unternehmen. Er wirft ihnen vor, sich nicht genug um Lehrlinge zu bemühen und sich zu distanziert zu verhalten: „Sie sind immer noch verwöhnt.“

„Wir stehen mit einem Minus von drei bis vier Prozent immer noch gut da“, versichert Andrea Bosch von der Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart. Sie kann Troltsch auch entgegenhalten, dass sich in Baden-Württemberg Lehrherren nicht nur wartend zurücklehnen und hier längst Strategien gegen den Lehrlingsmangel entwickelt wurden, die bundesweit Schule machten: beispielsweise die Bildungspartnerschaft der Betriebe mit Schulen, bei der Azubis als Bildungsbotschafter in Schulen über ihre angestrebten Berufe und die Ausbildungssituation berichten. „Das ist eine authentische Information auf Augenhöhe und geht weit über die üblichen Orientierungsmöglichkeiten für Schüler oder Praktika hinaus“, betont Andrea Bosch.

Dennoch lässt auch die IHK-Expertin keinen Zweifel daran, dass sich der eklatante Lehrlingsmangel aufgrund der demografischen Entwicklung weiter verschärfen wird: „Vor allem im ländlichen Raum. Und vor allem im Handwerk.“ Aber es bleibe bei den schlecht angesehenen Berufen nicht nur bei den vielzitierten Bäckern und Metzgern: „Einzelhandel und Gastronomie haben leider ein schlechtes Image“, redet Andrea Bosch Klartext.

Für den Vertreter des Handwerks, den Gärtnermeister Albrecht Bühler, ging es auch darum, einmal die Qualität der Ausbildung zu hinterfragen: „Dazu gehört fachliche Meisterschaft und ein fürsorgliches Unternehmen.“ Er, so Bühler, wolle, dass seine Azubis ihre Fähigkeiten auch in Wettbewerben messen. Aber seiner Erfahrung nach gebe es zu viele negative Beispiele. Können die Betroffenen erkennen, ob ihre Ausbildung gut ist oder schlecht? „Nein“, sagt Troltsch, „die meisten blicken da nicht durch.“ Die Einschätzung sei viel simpler: „Ob ein Beruf scheiße ist oder nicht.“

Wie also schaffen es Betriebe und Lehrherren, auch ohne den Dienstwagen Lehrlinge an Land zu ziehen? „Mit einer guten Präsentation und einer Webseite, die den Beruf und den Arbeitsalltag transparent macht“, rät Werbefachmann Alexander Spanic. Manchmal, meint Andrea Bosch, helfe auch schon eine veränderte Berufsbezeichnung: zum Beispiel von der Sekretärin zur Bürokauffrau für Büromanagement. Denn: „Wer will kein Manager sein?“