Zieht ein positives Fazit der Handball-WM: Der DHB-Vorstandsvorsitzende Mark Schober. Foto: Baumann

Das Achtelfinal-Aus der deutschen Handballerinnen tut weh. Dennoch nimmt der DHB-Vorstandsvorsitzende Mark Schober viele positive Impulse aus der Heim-WM mit.

Stuttgart - Mark Schober ist in Bietigheim-Bissingen geboren und in Möglingen aufgewachsen. Der Schwabe hat als Handballfunktionär eine steile Karriere hingelegt: Seit Oktober ist er Vorstandsvorsitzender des Deutschen Handballbundes (DHB) – als solcher zieht der ehemalige Geschäftsführer des TV Kornwestheim ein positives Fazit der Frauen-WM.

Stuttgart - – Herr Schober, als Cheforganistator der Frauen-WM dürfte Ihr Fazit der Titelkämpfe vom desaströsen Abschneiden des deutschen Teams überstrahlt werden.
Natürlich hätten wir uns ein besseres Abschneiden unserer Ladys gewünscht. Aber wir haben mit dieser WM dennoch eine sehr gute Geschichte erzählt. Beide Finaltage in Hamburg waren auch ohne deutsche Beteiligung ausverkauft. Wir waren auch dank der engagierten Arbeit der lokalen Organisationskomitees an den sechs Standorten gute Gastgeber und haben geschafft, was wir erreichen wollten: den Frauenhandball mit unserem Motto „simply wunderbar“ in den Fokus zu rücken.
Aus deutscher Sicht war es sportlich aber „simply zu wenig“. Stürzt der deutsche Frauenhandball nach dieser verpassten Chance in die Bedeutungslosigkeit?
Nein. Denn Frauenhandball wird nicht nur an der Spitze betrieben, sondern auch im Nachwuchsbereich. Diesbezüglich haben wir viele Dinge angestoßen und entwickelt. Zudem haben wir die Leistungssportstrukturen angepasst.
Also war es kein Anti-Werbung?
Auf keinen Fall war es eine Anti-Werbung. Denken Sie nur an das auf dem Weg zur WM eingeführte Eliteförderprogramm oder den Entschluss der HBF, ein Jugendzertifikats für die Bundesligisten einzuführen. Wir sind auf einem sehr guten Weg...
...den der künftiger Bundestrainer Henk Groener fortsetzen wird.
Da bin ich mir sicher. Er hat schon mit den Niederlanden bewiesen, dass er Strukturen aufbauen, verfeinern und sehr erfolgreich arbeiten kann. Der Frauenhandball hat weiterhin enormes Wachstumspotenzial.
Woran machen Sie das fest?
Skandinavien hat es vorgemacht: Die Rolle der Frau in der Gesellschaft verändert sich und wird immer wichtiger. Dies ist auch in Deutschland deutlich zu spüren. Wir wollen Mädchen und Frauen in verschiedensten Rollen für den Handballsport gewinnen – als Spielerinnen, als Aktive in den Vereinen und als Zuschauerinnen.
War die Frauen-WM organisatorisch der gewünschte Testlauf für die Männer-WM 2019?
Wir haben bestätigt, dass wir ein Team haben, das ein Turnier dieser Größenordnung sehr gut organisieren kann. Das hilft uns auch für die Zukunft: Die WM 2019 soll ja nicht die letzte internationale Veranstaltung für uns sein. Wir haben Erfahrungen gemacht, die wir nutzen werden.
Welche?
Ein Beispiel: Wie man 24 Mannschaften unterbringt, verpflegt, durch Deutschland fährt, das lässt sich mittels copy and paste auf die Männer-WM übertragen. Die Männer-WM genießt auch in der Öffentlichkeit einen anderen Stellenwert. Zudem richten wir die Titelkämpfe 2019 gemeinsam mit Dänemark aus.
Die Frauen-WM sollte eine Investition in die Zukunft sein, wie sehr hat sich durch das frühe Aus des deutschen Teams das einkalkulierte Defizit von 500 000 Euro erhöht?
Zwar haben wir durch die enttäuschende Zuschauerresonanz in den Achtel- und Viertelfinalspielen rund 100 000 Euro weniger eingenommen, dennoch lag der Zuschauerschnitt bei rund 3000 pro Spiel. Das ist ein hervorragender Wert. Wir werden erst in den kommenden Wochen das genaue wirtschaftliche Ergebnis der WM kennen. Ich gehe aber davon aus, dass das Minus geringer als erwartet ausfallen – und deutlich unter 500 000 Euro liegen wird.
Was sagen Sie zum neuen Weltmeister Frankreich?
Es hat mich überrascht, dass sich Frankreich im Finale durchgesetzt hat. Norwegen hatte mich mit beeindruckenden Leistungen begeistert. Welche Technik, Schnelligkeit und Dynamik Nora Mork, Stine Oftedal und ihre Mitspielerinnen aufs Feld brachten, zeigte die ganze Faszination des Frauenhandballs. Aber die Franzosen machen eben auch im weiblichen Bereich einen Riesenjob.