Klare Fingerzeige: Leroy Sané geht im DFB-Dress voran Foto: Getty

Leroy Sané ist auf dem Weg zu einem Superstar des Fußballs. Darum verkörpert er den Umbruch im Nationalteam wie kein Zweiter – und darum ergäbe ein Transfer zum FC Bayern München Sinn.

Mainz/Stuttgart - Es gehört zu den Stärken des Leroy Sané (23), sich auf engstem Raum durchsetzen zu können. Sich aus Umklammerungen zu lösen. Den richtigen Laufweg zu wählen, um ans Ziel zu kommen. Kurze, prägnante Antworten parat zu haben. Oftmals auch die, die seine Gegenüber ratlos zurücklassen.

Auf dem Platz. Und außerhalb.

Die Tempodribblings des Flügelflitzers nach den Spielen und Trainingseinheiten der Nationalelf glichen zuletzt jenen von vorher, vom grünen Rasen. Flink, ja geradezu unaufhaltsam huschte Sané durch die Reporterscharen. Der derzeit wohl gefragteste Spieler des deutschen Fußballs gab auf die unzähligen Fragen, ob er reden wolle, immer nur die eine Antwort, so perfekt einstudiert wie die Laufwege vorher auf dem Platz: „Nein.“

Leroy Sané also will nicht reden, dabei gäbe es so viel zu erzählen. Der Mann aber, der mit seiner Frische, seinem Tempo und seiner Genialität wie derzeit kaum ein Zweiter die Hoffnung auf bessere Zeiten in der Nationalelf verkörpert nach dem WM-Desaster von Russland, schweigt beharrlich. An diesem Dienstag trifft die DFB-Elf in der EM-Qualifikation in Mainz auf Estland (20.45 Uhr/RTL), danach ist Urlaub angesagt – gut möglich, dass der Schlüsselspieler Sané nach dem Schlusspfiff wieder still und leise die Tür durch den Hinterausgang öffnet.

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Dafür reden andere – vor allem dann, wenn es um Sanés Zukunft geht. Geht der Offensivmann tatsächlich von Manchester City zum FC Bayern, schafft es der Rekordmeister tatsächlich, den gebürtigen Essener nach München zu holen – es ist die derzeit wichtigste Personalfrage im deutschen Fußball. Und zu hören ist, bearbeiten die Bayern-Profis im Kreise der DFB-Elf Sané nach allen Regeln der Überredungskunst, stellvertretend dafür steht Joshua Kimmich, der kürzlich betonte: „Ich hätte Leroy absolut gerne beim FC Bayern. Das ist das richtige Signal. Er ist ein Spieler, der super zu Bayern passt.“ Und weiter: „Er ist ein junger Spieler mit einem super Potenzial, der zuletzt bei City – gerade in den wichtigen Partien – nicht immer spielen durfte, was ich persönlich nicht nachvollziehen kann“, so Kimmich weiter. „Ich denke, er hat Bock zu spielen. Und bei uns spielt er!“

Bei Guardiola nicht unumstritten

Darüber gibt es wenig Zweifel, Sané wäre mit seiner Extraklasse wohl ein Fixpunkt im Bayern-Spiel – allerdings ist es im heißesten Poker des Fußballsommers noch nicht mal klar, ob er überhaupt wegwill aus Manchester. Sané, so ist zu hören, soll noch unentschlossen sein. Fakt ist: Der 23-Jährige hat bei City einen Vertrag bis Sommer 2021. 31 Spiele absolvierte Sané in der vergangenen Premier-League-Saison, aber nur 21 von Beginn an. Dabei schoss er zehn Tore und bereitete zehn Treffer vor. In der Saison 2017/18 waren es noch 27 Startelfeinsätze. Sané also ist, vorsichtig ausgedrückt, nicht gerade unumstritten bei Guardiola, der mit den Extravaganzen des Paradiesvogels auf und außerhalb des Platzes eher weniger anfangen kann, gleichzeitig aber auch um die Genialität seines Außenangreifers weiß.

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Mehrere Angebote über eine Vertragsverlängerung bei den Citizens lehnte der Flügelflitzer selbst wiederum offenbar schon ab, wegen Unzufriedenheit mit seiner Rolle unter dem spanischen Startrainer. Das wäre bei den Bayern mutmaßlich anders – wo Sané zudem auf etliche gute Bekannte träfe: Mit Joshua Kimmich, Niklas Süle, Leon Goretzka und Serge Gnabry spielte er schon in etlichen Junioren-Nationalteams. Die neue Generation der Nationalelf, sie wäre in München vereint, und so ganz nebenbei bekäme die Bundesliga ohne Zweifel eine neue Attraktion. Allein: Die Münchner Verantwortlichen müssen Sané noch überzeugen, und dazu steht da ja noch eine verdammt hohe Ablöse im Raum. Jüngst war von einem Angebot von 80 Millionen Euro zu hören, das die Bayern City gemacht haben sollen. Angeblich rief Manchester 100 Millionen auf.

Sané ist gereift

Der Poker also ist in vollem Gange, und schon jetzt ist klar: Wenn die Bayern Sané tatsächlich bekommen, dann bekommen sie einen gereiften Jungprofi. Früher war er im Kreise der Nationalelf – vor allem während des WM-Trainingslagers 2018 in Südtirol – nicht immer der disziplinierteste Spieler, er soll zum Beispiel nicht immer der pünktlichste Zeitgenosse gewesen sein. Obendrein waren seine Leistungen bei den Länderspielen meist ein paar Klassen schlechter als jene auf Vereinsebene bei ManCity. Deshalb verzichtete Bundestrainer Joachim Löw beim Turnier 2018 auf Sané – eine bis heute viel diskutierte und hochumstrittene Entscheidung.

Hinterher präsentierte sich Sané reifer. Und gefestigter. Seine Leistungen im Nationaltrikot waren meist Ausrufezeichen, das neue Tempo im Spiel kam dem Tempomacher Sané zu Gute. Die katapultartigen Sprints und Dribblings auf engstem Raum, die Explosivität, die Genialität, die Gabe, mit seinen Dribblings ganze Abwehrreihen aushebeln zu können – das kennzeichnete Sanés jüngste Auftritte in der DFB-Elf.

Das Spektakel könnte bald auch in München zu bestaunen sein.