Mit seinem Kunstschuss hält Toni Kroos das DFB-Team im Rennen bei der WM in Russland. Foto: AFP

Manche Spieler flanken den Ball nach innen, manche chippen ihn, manche dreschen ihn einfach vors Tor: Toni Kroos schießt selbst und zeigt mit einem Kunstschuss beim WM-Spiel gegen Schweden seine Klasse.

Sotschi - Die DFB-Elf besiegt Schweden in einem verrückten, wilden und hochdramatischen zweiten Gruppenspiel mit 2:1. Das letzte Wort hat Toni Kroos – mit seinem Kunstschuss in der Nachspielzeit und seinen heftigen Aussagen hinterher. Das Team von Joachim Löw hat gegen Südkorea nun gute Chancen, ins Achtelfinale einzuziehen.

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Spielidee: Joachim Löw startete mit vier Änderungen im Vergleich zum 0:1 gegen Mexiko: Antonio Rüdiger kam für den verletzten Mats Hummels in der Innenverteidigung zum Zug und empfahl sich nicht für weitere Startelf-Nominierungen, Sebastian Rudy ersetzte Sami Khedira im zentralen Mittelelf und musste mit blutender Nase raus– besser lief es für Marco Reus, der für Mesut Özil zum Zug kam. Der Dortmunder erzielte das 1:1 und brachte Tempo und Esprit ins Spiel. Ach ja, Jonas Hector durfte noch hinten links für Marvin Plattenhardt ran, der Kölner spielte recht unauffällig. Löw jedenfalls wollte frischen Wind bringen – was ihm zumindest mit Reus gelang.

Spielentscheidend: Eben dieser Reus glich zum 1:1 aus (48.), und die DFB-Elf bekam nach mieser erster Hälfte wieder Schwung, verlor dann aber erneut den Faden. „Insgesamt“, sagte Toni Kroos, „haben wir im Spiel die Phasen, in denen wir richtig gut waren, zu wenig genutzt.“ Durch einen Kraftakt erarbeitete sich Deutschland im Schlussakt - selbst in Unterzahl (nach Gelb-Rot Boateng, 82.) - gute Chancen, schien allerdings ohne Glück zu bleiben. Bis Toni Kroos kam und sich den Ball zurechtlegte.

Spielentscheider: Die eher kleineren Lichter im Weltfußball flanken die Kugel in solchen Situationen nach innen, manche chippen ihn, manche dreschen ihn einfach vors Tor. Selber schießen? In der Nachspielzeit? Von dieser Position aus? Niemals!

Das kann der nicht bringen jetzt. Der soll flanken!

Doch, der schießt. Der schießt wirklich.

Klar schießt er, so wie der da schon zum Ball steht und dem Reus daneben Anweisungen gibt.

Kroos schießt. ER SCHIESST! Weil er es kann!

Kroos schoss von halblinks, ach was, von links, er tippte vorher den Ball an, Marco Reus tippte zurück, und was folgte, war ein Kunstwerk eines Freistoßes. Und unbändiger Jubel. Toni Kroos, vorher mit der schlechteste Deutsche, der Mann, der mit einem kapitalen Fehlpass das 0.1 einleitete, wurde zum Helden. Und womöglich zum Wegbereiter einer WM, die vielleicht aus deutscher Sicht jetzt erst so richtig losgeht. Gerne spricht man in solchen Fällen von einer Initialzündung. Kroos lieferte sie.

Wortspiel: Der Matchwinner sprach hinterher Klartext. „So wie wir gefightet haben, haben wir uns das auch verdient“, sagte Kroos – ehe er schnippisch wurde: „Es hätte viele Leute gefreut, wenn wir heute rausgeflogen wären, aber so einfach machen wir es ihnen nicht.“ Kroos meinte damit die Kritiker in der Heimat, die nach dem schwachen ersten Spiel recht deutliche Worte gefunden hatten – und auch einige Medien, die dem Weltmeister von Real Madrid ein zu negatives Bild der Mannschaft gezeichnet haben.

Spielplan: Das deutsche Team zieht ins Achtelfinale ein, wenn es an diesem Mittwoch in Kasan gegen Südkorea (16 Uhr) gegen Südkorea mit mindestens zwei Toren Differenz gewinnt – unabhängig vom Ergebnis im Parallelspiel zwischen Mexiko und Schweden. Das ist gegen den mutmaßlich schwächsten Gruppengegner zumindest im Bereich des Möglichen.

Die Tore des Spiels gibt es im Video: