Ein guter Scrabble-Spieler sollte strategisch denken können und räumliches Vorstellungsvermögen besitzen, sagt Brigitte Brath. Foto: /Tassos Panajotidis

Sie mag Sprachen, und sie spielt gerne. Scrabble vereinigt beide Interessen für Brigitte Brath. Für die Dozentin ist das Buchstabenquiz mittlerweile viel mehr als ein Spiel. Es erschließt ihr neue Welten.

Künzelsau - Anfangs war es nur ein Spiel. Jetzt ist es eine Leidenschaft. Und die führt Brigitte Brath mittlerweile in die ganze Welt. Im Oktober ist die 56-jährige Künzelsauerin bei der englischsprachigen Scrabble-Weltmeisterschaft in Indien angetreten, als einzige Deutsche unter 140 Teilnehmern. Mit Erfolg. „Ich bin Dritte geworden“, sagt die Englisch-Dozentin und lacht. „Dritte von hinten.“

Unter den Englisch-Scrabblern als Deutsche die Qualifikation für das alle zwei Jahre ausgetragene Weltmeisterturnier geschafft zu haben, schon darauf kann Brigitte Brath stolz sein. „So ein Turnier ist etwas ganz Besonderes“, erzählt sie: Die Teilnehmer kommen aus der ganzen Welt, alle Altersklassen, alle Berufssparten seien versammelt – und alle verbinde diese gemeinsame Begeisterung für das Spiel. „Da erlebt man so viele interessante Begegnungen“, schwärmt Brath.

In Nigeria wird schon in der Schule gescrabbelt

Obendrein hat sie Spiele gewonnen gegen Spieler, die auf der Weltrangliste deutlich vor ihr geführt werden, was ihr wichtige Punkte fürs Rating beschert hat. Es gibt zwar in Deutschland eine kleine Community, die auf der Basis des Collins English Dictionary, in dem mehr als 700 000 Wörter versammelt sind, das 88 Jahre alte Spiel auf Turnieren spielt wie andere Leute Schach. Zur Weltspitze gehört Deutschland nicht, anders als die Nigerianer: In dem westafrikanischen Land wird schon in der Schule gescrabbelt.

Brigitte Brath hat das Buchstabenquiz gespielt, wie man es halt so macht. „Ich habe ein Faible für Sprachen“, sagt sie, „und ich spiele gerne.“ Mit drei Bekannten hat sie sich zu regelmäßigen Scrabble-Abenden getroffen, bis sie eher zufällig jemand kennen gelernt hat, der sie in die Fachwelt und in die Fachsprache der englischsprachigen Turnier-Scrabbler eingeführt hat: „Seitdem bin ich total angefixt.“

„Scrabble hat Ähnlichkeit mit Schach“

Als sprachaffine Englisch-Dozentin verfügt sie über einen besonders guten Wortschatz. Spielentscheidend ist das aber nicht. Der Weltranglisten-Führende und mehrfache Weltmeister Nigel Richards räumt nicht nur auf englischsprachigen Turnieren ab. Er ist auch mehrfacher Weltmeister im französischen Scrabble, obwohl er kein Wort Französisch spricht: Der Neuseeländer, der in Malaysia lebt und als einer der wenigen Scrabbler seinen Lebensunterhalt mit dem Spiel bestreitet, „hat sich innerhalb von drei Monaten das französische Dictionnaire reingeschaufelt“, erzählt die 56-Jährige bewundernd. Dem Mann, den man auch „Computer mit Bart“ nennt, wird ein fotografisches Gedächtnis zugeschrieben.

„Scrabble hat viel Ähnlichkeit mit Schach“, erklärt Brath. Die besten Spieler seien häufig Mathematiker oder Informatiker: Wer strategisch denkt, Wahrscheinlichkeiten im Blick behält und über ein gutes räumliches Vorstellungsvermögen verfügt, der ist im Vorteil bei dem Spiel, bei dem es darum geht, Buchstabenplättchen mit unterschiedlichen Werten zu Worten zu versammeln, die möglichst viele Punkte ergeben. Im Turnier wird auf Zeit gespielt. Wie beim Schach steht neben jedem Spieler eine Uhr. Jeder hat 25 Minuten. Wer am Zug ist, dessen Zeit läuft ab, bis er ein Wort gelegt hat.

Blitzemerker sind im Vorteil

Wer schnell kombiniert, ist also im Vorteil. Brigitte Brath hat vor der WM trainiert. Sie hat die „high probabilities“ unter den „seven-letter-words“, die wahrscheinlichsten Kombinationen bei Wörtern aus sieben Buchstaben und Anagramme geübt. So kann sie die Buchstaben der Vokabel ‚retain’ für behalten „mit fast jedem Buchstaben kombinieren und bekomme ein Bingo“, sagt sie. Ihren Rekordwert weiß sie nicht mehr genau, „das ist mir nicht so wichtig, wissen Sie“ – um die 156 Punkte werden es gewesen sein. Das Wort weiß sie aber noch: Mit „steeping“ (Einweichen) schaffte sie einen „Ninetimer“ – sie spielte damit gleich drei Mal über das Feld dreifacher Wortwert.

Ihr Hobby ist ihr lieb, aber auch teuer. Bei den UK-Open in Großbritannien im Januar, den Israel-Open im Februar, den German-Open hierzulande und den Continental-Open in irgendeiner europäischen Stadt ist sie Stammgast. Ab und zu gewinnt sie ein Preisgeld, das wenigstens die Flugkosten deckt. Doch das Spiel erschließt ihr neue Welten. Brath: „Ich weiß nicht, ob ich ohne Scrabble je nach Rumänien gekommen wäre.“