Der Brite John Cryan erhält für seinen unfreiwilligen Abgang eine fürstliche Abfindung. Foto: dpa

Der Austausch ihres Vorstandsvorsitzenden im vergangenen Jahr kommt die Deutsche Bank teuer zu stehen: Der Brite John Cryan bekommt eine üppige Abfindung. Der neue Vorstand unter Christian Sewing kassiert nach der Rückkehr in die Gewinnzone Millionen-Boni.

Frankfurt - Während bei der Deutschen Bank viele Mitarbeiter um ihre Jobs bangen müssen, sahnen die Vorstände ab: Dem Vorstandsvorsitzenden Christian Sewing wurde für das Jahr 2018 eine Gesamtvergütung von sieben Millionen Euro zugesprochen, Investmentbanking-Chef Garth Ritchie sogar 8,6 Millionen Euro. Die höchsten Bezüge bekommt laut dem am Freitag veröffentlichten Vergütungsbericht allerdings ein Manager, der gar nicht mehr für die Bank arbeitet: Der vor einem Jahr ausgeschiedene Ex-Chef John Cryan erhält 12,8 Millionen Euro.

Diese Summe erklärt sich vor allem durch eine hohe Abfindung für den im April 2018 geschassten Briten. Sie beläuft sich auf 8,7 Millionen Euro. Hinzu kommen 2,2 Millionen Euro „Karenzentschädigung“ – dafür, dass der 58-Jährige vorerst nicht zu einem direkten Wettbewerber der Deutschen Bank wechseln darf. Weitere 1,9 Millionen Euro wurden Cryan als Vergütung für seine drei Monate Amtszeit im vergangenen Jahr gewährt. Insgesamt stand der Brite knapp drei Jahre an der Spitze der Bank, bis er im vergangenen Frühling durch Sewing ersetzt wurde. Sein Vertrag lief eigentlich bis Sommer 2020.

Neben den neun amtierenden Vorständen, Cryan und drei seiner Ex-Kollegen gibt es über 600 weitere Deutschbanker mit Gesamtbezügen von über einer Million Euro. Die in den Vergütungspaketen enthaltenen Boni für 2018 werden zum Teil allerdings erst in der Zukunft ausgezahlt. Ihre tatsächliche Höhe kann dann, je nach Entwicklung des Aktienkurses der Deutschen Bank, von dem aktuell geschätzten Wert abweichen.

Bei einer Fusion mit der Commerzbank drohen Filialschließungen

Die Veröffentlichung des Vergütungsberichts fiel mit einer Meldung der „Bild“ zusammen, wonach bei einer Fusion der Deutschen Bank mit der Commerzbank rund 500 Filialen geschlossen werden könnten. Die beiden Institute hatten letztes Wochenende Sondierungsgespräche für einen Zusammenschluss eingeleitet. Die Gewerkschaften fürchten, dass einer Fusion bis zu 30 000 Stellen zum Opfer fallen könnten. Ein Sprecher der Deutschen Bank bezeichnete die Schätzungen als „reine Spekulation“. Ob die Fusion überhaupt zustande komme, sei nach wie vor offen. „Es wird jetzt erst einmal alles genau geprüft.“ Die Deutsche Bank betreibt in Deutschland gut 500 Filialen, die Commerzbank etwa 1000. Hinzu kommen fast 900 Zweigstellen der Deutsche-Bank-Tochter Postbank.

Für die Filialangestellten von Postbank und Deutscher Bank haben die Gewerkschaften einen Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen erkämpft, der bis Mitte 2021 gilt. „Nimmt man zentrale Einheiten hinzu, die den Filialen unmittelbar zuarbeiten – wie Kreditabwicklung, Call Center und Teile der IT – so fallen fast 30 000 Beschäftigte unter den Kündigungsschutz“, erklärt Oliver Popp vom Deutschen Bankangestellten-Verband (DBV). Möglich wäre ein Stellenabbau in diesen Bereichen dennoch, etwa über Abfindungen oder Vorruhestandsregelungen – was die Bank aber teuer zu stehen käme.

Zumal die Gewerkschaften bereits auf gleiche Rechte für die Commerzbanker pochen: „Es ist für mich unvorstellbar, für eine Fusion zu stimmen, bei der die Beschäftigten der Commerzbank schlechter gestellt werden“, sagte Stefan Wittmann, Gewerkschaftssekretär bei Verdi und Mitglied des Aufsichtsrats, im Gespräch mit unserer Zeitung.

Die höchsten Boni fließen im Investmentbanking

Bei der Commerzbank herrscht ohnehin schon dicke Luft, weil die Boni für die außertariflich beschäftigten Mitarbeiter um 27 Prozent gekappt wurden. Wie viel dabei für den Vorstand übrig blieb, ist nicht bekannt – die Veröffentlichung des Vergütungsberichts steht noch aus.

Bei den Tarifangestellten der privaten Banken beschränken sich die Bonuszahlungen auf maximal zwei Monatsgehälter. Bei den übertariflich bezahlten Mitarbeitern kann die variable Vergütung aber weitaus höher ausfallen: Von den 1,9 Milliarden Euro an Boni, die die Deutsche Bank insgesamt für das Jahr 2018 gewährt, fließen rund 800 Millionen Euro an eine Gruppe von nur 1900 Personen. Neben dem Top-Management von Deutscher Bank und Postbank sind dies weitere Mitarbeiter in besonders verantwortungsvollen Positionen, sogenannte „Material Risk Takers“. Die meisten von ihnen arbeiten im Investmentbanking.

Während die Vorstände der Deutschen Bank von 2015 bis 2017 keine Leistungsprämien erhielten, bekamen die Mitarbeiter auch in diesen Verlustjahren Boni. 2017 lag ihre Summe mit 2,3 Milliarden Euro sogar höher als 2018, allerdings ist seither auch die Zahl der Mitarbeiter weltweit um 5800 auf rund 92 000 geschrumpft.