Der italienische Ministerpräsident Giuseppe Conte wirft der deutschen Regierung nationalen Egoismus vor. Foto: imago images/Italy Photo Press

Die Corona-Krise reißt alte Wunden in Europa auf. Auch Italien und Deutschland machen sich wechselseitig Vorwürfe. Nun kommt ein ungewöhnlicher Zwischenruf, die Diskussion nicht ausufern zu lassen.

Stuttgart - Italiener in Deutschland rufen angesichts der aktuellen Spannungen zwischen den beiden Ländern dazu auf, die Corona-Krise koordiniert und europäisch anzugehen. In einem offenen Brief äußern sich die Präsidenten der Italiener-Komitees in Deutschland besorgt, dass „alte Streitigkeiten und Ressentiments“ wieder aufbrechen. Oftmals werde „die Vernunft durch Emotion ersetzt“, heißt es in dem Schreiben des „Intercomites Germania“.

Die in allen Konsularbezirken Deutschlands von den dort ansässigen Italienerinnen und Italienern gewählten Komitees appellieren, die Gemeinsamkeiten und nicht das Trennende in den Vordergrund zu stellen: „Was wir in diesem historischen Moment genau tun können, müssen und wollen, ist, vereint zu bleiben. Anders, verschieden, aber in unseren Besonderheiten vereint.“ Unterschrieben ist der Brief unter anderem von Tony Mazzaro, Leiter des italienischen Bildungsinstituts in Stuttgart, Michele Di Leo und Giuseppe Maggio (beide Freiburg).

Matteo Salvini heizt die Auseinandersetzungen an

In den letzten Tagen sind die wechselseitigen Vorwürfe zwischen Deutschland und Italien stärker geworden – ausgelöst vor allem durch die Debatte über Coronabonds. Der italienische Premier Giuseppe Conte warf der Berliner Regierung nationalen Egoismus vor. Der Chef der rechtspopulistischen Lega Nord, Matteo Salvini, kritisierte Deutschland noch schärfer: „Seit 20 Jahren hat man uns mit europäischen Parolen vollgestopft“, sagte der frühere Innenminister unter anderem. Aber wenn Italien Hilfe brauche, komme sie aus Venezuela oder Albanien. „Von Deutschland bekommen wir nichts – außer zwei Finger in die Augen gedrückt.“ Andererseits war den Italienern von Deutschen vorgeworfen worden, sie wollten sich mit dem Geld anderer Länder sanieren, ohne ihrerseits eine stärkere Haushaltsdisziplin zu üben.

Größtes Hilfspaket aller Zeiten

In ihrem offenen Brief kritisieren die Verfasser ausdrücklich die Debatte in Italien. „Vielleicht weiß man in Italien wenig darüber“, heißt es in dem Schreiben, „aber ein großer Teil der deutschen Bevölkerung, einige der prominentesten Intellektuellen, der Deutsche Gewerkschaftsbund, Politiker, Ökonomen, Industrielle mit ihren Appellen haben Druck ausgeübt auf Europa, mehr Einigkeit zu zeigen.“ Zudem sei im Kampf gegen die Corona-Krise das bislang größte Euro-Hilfspaket aller Zeiten aufgelegt worden.