Auch 2019 warten auf den VfB-Präsidenten Wolfgang Dietrich zahlreiche Herausforderungen. Foto: dpa

Trainerwechsel, Top-Rückrunde, kostspielige Transfers, wieder Trainerwechsel, Kampf gegen den Abstieg: Der VfB Stuttgart hat ein bewegtes Jahr hinter sich. Was 2019 kommt? Präsident Wolfgang Dietrich nimmt Stellung – zu 19 Fragen.

Stuttgart - Das Jahr 2018 begann holprig für den VfB Stuttgart, es folgten zügig ein Trainerwechsel, eine starke Rückrunde, Platz sieben, die verheißungsvollen Transfers des Sommers und eine verkorkste Hinrunde dieser Saison. Weshalb für 2019 mal wieder ein Ziel Priorität genießt beim Fußball-Bundesligisten: der Klassenverbleib. Doch es gibt 19 weitere drängende Fragen für das kommende Jahr 2019 – die uns Wolfgang Dietrich, der Club-Präsident und Aufsichtsratsvorsitzende der VfB-AG, zum Jahreswechsel beantwortet.

1. Herr Dietrich, 2018 war ein bewegtes Jahr mit Höhen und Tiefen für den VfB Stuttgart – welchen wichtigen Vorsatz haben Sie als Präsident des Vereins und Aufsichtsratsvorsitzender der VfB AG für 2019?

Ganz einfach: Wir wollen unsere Ziele erreichen. Daran arbeiten wir hart. Wir wollen in der Vereinsführung ruhig und sachlich weiterarbeiten, uns positiv wie negativ nicht von den Extremen beeinflussen lassen.

2. Was haben Sie 2019 mit dem VfB vor?

Der VfB steht in allen Bereichen besser da als vor zwei Jahren. Dass das Momentum im Fußball viel mehr zählt als anderswo, habe ich allerdings auch schon mehrfach erfahren müssen. Denn fast allein die aktuelle sportliche Situation prägt das Bild des VfB in der Öffentlichkeit – und mir geht es nicht anders als meinen 17 Kollegen in der Bundesliga: Die Arbeit fällt viel leichter, wenn wir gewinnen, und viel schwerer, wenn wir verlieren. Aber wir haben die Ziele erreicht, die wir uns vor zwei Jahren gesetzt haben. Wir sind aufgestiegen und haben im ersten Jahr mit dem 7. Platz unser sportliches Ziel weit übertroffen. Oder schauen Sie sich die Entwicklung unserer Infrastruktur, die Mitglieder- und Zuschauerzahlen an. Und vor allem die Umsetzung der Ausgliederung mit einem Ankerinvestor (die Daimler AG, Anm. d. Red.), um den uns viele Clubs in der Liga beneiden. 2019 ist unser wichtigstes Ziel, im verflixten zweiten Jahr in der Liga zu bleiben.

Trainer und Spieler in der Pflicht

3. Bis Mitte 2019 soll auch ein zweiter Investor gefunden sein. Können Sie bestimmte Konstruktionen ausschließen – geografisch oder strukturell?

Wir suchen einen Partner, der dem VfB nicht nur zusätzliches Eigen-Kapital bringt, sondern auch strategisch weiterhilft. Der neue Investor muss einen operativen Mehrwert bringen, beispielsweise in Sachen Vermarktung oder bei der Weiterentwicklung verschiedener Bereiche in der Mercedes-Benz-Arena im Hinblick auf die EM 2024 und vor allem für unsere Zukunft. Darüber hinaus muss er unsere Rahmenbedingungen, unsere Werte und die Mehrheitsverhältnisse akzeptieren. Dem Verein werden auch in Zukunft 75,1 Prozent der AG-Anteile und damit die beherrschende Mehrheit gehören.

4. Die Mannschaft hatte in der Hinrunde Probleme und soll verstärkt werden. Die Leihe von Alexander Esswein ist bereits fix. Auf wie viele Neuzugänge für insgesamt wie viel Geld kann sich Trainer Markus Weinzierl 2019 freuen?

Es ist immer leicht, Hoffnungen über neue Spieler zu wecken. Viel wichtiger ist, dass die sportliche Leitung, der Trainerstab und das Funktionsteam alles dafür tun, dass die Spieler, die vergangene Saison das Ruder schon einmal herumgerissen haben, wieder an ihre Leistungen anknüpfen. Da haben wir noch viel Luft nach oben. Wir sind alle von der Mannschaft überzeugt und wenn wir einigermaßen vom Verletzungspech verschont bleiben ist sie in der Lage unsere sportlichen Ziele zu erreichen. Trotzdem wissen wir, dass wir im Moment einige Verletzungsprobleme haben und Handeln angesagt ist. Deshalb müssen wir den Kader ergänzen und verstärken – die finanziellen Mittel dafür sind vorhanden.

5. Warum ist Markus Weinzierl der richtige Trainer für 2019 und auch darüber hinaus?

Markus Weinzierl strahlt eine extreme Ruhe aus, geht hochmotiviert an die Dinge heran und ist dabei total fokussiert. Er will das Team wieder offensiver ausrichten, um mehr Torgefahr zu kreieren. Ich glaube auch, dass er den richtigen Ton bei der Mannschaft trifft. Eines unserer Ziele ist natürlich, auf der Position des Cheftrainers Kontinuität zu bekommen in den kommenden Jahren.

Rückendeckung für Michael Reschke

6. Der Sportvorstand Michael Reschke soll Unterstützung durch einen Technischen Direktor bekommen. Bis wann im neuen Jahr ist mit der Besetzung des Postens zu rechnen?

Schon am Ende der letzten Saison war klar, dass wir diese Stelle besetzen wollen. Wir hatten auch schon eine sehr gute Lösung für diese Position, die dann aber leider doch nicht zustande gekommen ist. Die Zahl der Kandidaten dafür in Deutschland ist überschaubar. Wir werden in den nächsten Wochen weitere Gespräche mit diversen Kandidaten mit dem Ziel führen, die Stelle zur neuen Saison zu besetzen. Das ist keine Ad-hoc-Geschichte.

7. Michael Reschke wurde im Sommer für seine frühen Transfers gefeiert, später hagelte es Kritik, etwa für seinen Umgang mit der Beurlaubung von Trainer Tayfun Korkut. Was macht Sie so sicher, dass er auch für die Zukunft der richtige Mann am richtigen Platz beim VfB ist?

Er kam im August 2017, kurz vor dem Ende der Transferperiode und hat den Kader dann und in der folgenden Winterpause so ergänzt, dass wir unser Saisonziel mit Platz sieben weit übertroffen haben. Da hat er erneut bewiesen, dass er sein Geschäft versteht. Nicht nur was neue Spieler angeht, sondern auch die rechtzeitige Verlängerung mit Spielern wie Timo Baumgartl, Benjamin Pavard, Santiago Ascacibar oder Orel Mangala. Wenn ich sehe, was jetzt für die Winterpause oder auch schon für die neue Saison für Ideen da sind, das weiterzuentwickeln, haben wir weiter das Vertrauen, dass er der richtige Mann ist, das hinzukriegen. Und dass auch die guten Leute in dem Geschäft ab und zu danebenliegen können, gehört dazu. Ich kenne keinen Sportvorstand oder Sportdirektor im Fußball, der eine 100-prozentige Treffergenauigkeit hat.

8. Wann im neuen Jahr verlässt Benjamin Pavard den VfB? Noch im Winter – oder erst im Sommer?

Er hat im Sommer eine Ausstiegsklausel (in Höhe von 35 Millionen Euro, Anm. d. Red.), die Entscheidung liegt damit ausschließlich bei ihm. Wir würden uns wünschen, dass er länger bleibt. Aber wir wissen auch um das große Interesse anderer Vereine an ihm, deshalb halte ich das eher für unwahrscheinlich. Zu einem Wechsel im Winter hat sich Michael Reschke klar geäußert: Wir wollen den Kader verstärken und nicht schwächen.

Gespräche mit Christian Gentner

9. Wer wird der neue Star des VfB, wer wird die neue Identifikationsfigur mit Blick in die Zukunft?

Hoffentlich viele von denen, die langfristig bei uns unter Vertrag stehen. Wir haben da einige Leute im Team mit dem Potenzial dazu, sich in eine solche Rolle hinein zu entwickeln.

10. Der Vertrag von Christian Gentner läuft im Sommer 2019 aus. Sieht man im der Rückrunde die letzten Auftritte von ihm als Profi im VfB-Trikot?

Ich wünsche mir auf jeden Fall, dass Leute wie er dem VfB lange erhalten bleiben. Solche Menschen haben einen riesigen Wert im heutigen Gefüge des Profisports, Christian Gentner ist da wirklich eine dieser Ausnahmeerscheinungen. Wir werden mit ihm im Frühjahr Gespräche führen, um zu schauen, wie es weitergehen könnte.

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11. Halten Sie trotz der aktuell misslichen Lage an ihrem Fünfjahresplan fest, mit dem VfB dann wieder fest im oberen Tabellendrittel dabei zu sein?

Wir haben unsere Pläne nicht geändert, als wir vergangene Saison Siebter wurden und damit unser Ziel fast schon drei Jahre früher erreicht hätten – und wir ändern sie auch jetzt nicht. Wir haben die Rahmenbedingungen, die wir uns vorgenommen haben zu schaffen erreicht und müssen jetzt trotz der schwierigen sportlichen Situation alles dafür tun, um die nächsten Schritte gehen zu können.

12. Jürgen Klinsmann hat aus dem fernen Kalifornien signalisiert, dass er sicher wieder einen Job in Deutschland vorstellen könnte. Übernimmt er 2019 einen Posten beim VfB?

Ich telefoniere öfter mit Jürgen Klinsmann. Er ist jemand, den ich seit vielen Jahren kenne und mit dem ich mich austausche. Wenn er in Stuttgart ist, trinken wir manchmal einen Kaffee. Abgesehen davon habe ich mir auch immer mal wieder einen Rat bei ihm geholt, aber aktuell ist das kein Thema.

Lob für Thomas Hitzlsperger

13. In Antonis Aidonis und Leon Dajaku haben zwei 17-Jährige von den eigenen A-Junioren in den vergangenen Wochen ihr Bundesliga-Debüt gegeben – wird 2019 schon das Jahr der neuen Jungen Wilden?

Vor zwei Jahren hat die U 19 gerade so den Abstieg verhindert. Jetzt ist sie Tabellenführer. Die U17 steht auch ganz gut da. Die U 21 tut sich schwer nach der Umwandlung von einer U 23 zu einer U 21, da stecken wir mitten in einem Prozess. Die Jugend steht aber heute insgesamt auf einem sehr guten Fundament. Die ersten leichten Anzeichen, dies sichtbar zu machen, sind die beiden erwähnten Spieler.

14. Hält der Aufschwung in der VfB-Jugend auch 2019 an?

Wir haben im Nachwuchsleitungszentrum sehr viele gute Mitarbeiter und eine klare Führungsstruktur mit Thomas Hitzlsperger als Direktor an der Spitze. Er gestaltet in dieser Funktion die Schnittstellen zum Profibereich und ist als Mitglied des Präsidiums Teil der Vereinsführung und ein starker Lobbyist für die Belange der Talente. Darüber hinaus haben wir durch die Ausgliederung und spezielle Jugendsponsoren mehr finanzielle Mittel für diesen Bereich zur Verfügung. So hatten wir die Möglichkeit, alle unsere größten Talente langfristig zu binden.

15. Sie loben Thomas Hitzlsperger. Ist die Rolle des Nachwuchsleiters ein Ausbildungsschritt für ihn, um irgendwann einmal jemandem wie Michael Reschke nachfolgen zu können?

Er kämpft jeden Tag für das Thema Jugend und ist auch heute schon ein wichtiger Sparringspartner für Michael Reschke.

Verstärkung für die zweite Mannschaft

16. Die zweite Mannschaft steht in der Regionalliga weit hinten. Würden Sie in Kauf nehmen, dass sie 2019 absteigt?

Dass die U 21 in der vierten Liga spielt ist Teil unserer Ausbildung. Es war aber auch klar, dass es ein schweres Übergangsjahr wird. Die zweite Mannschaft ist ganz klar ein fester Teil unserer Gesamtplanung – und wir werden auch in Sachen Personalplanung agieren, damit die U 21 den Klassenverbleib schafft.

17. Das Jubiläumsjahr geht zu Ende, die Ausstellung im Mercedes Museum ist ein großer Erfolg. Kann daraus nach Ausstellungsende im April 2019 ein festes VfB-Museum entstehen?

Sicherlich gibt es dazu erste Überlegungen im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung der Mercedes-Benz-Arena mit Blick auf die EM 2024. In unseren bestehenden räumlichen Möglichkeiten ist es leider nicht denkbar.

18. Die Hälfte Ihrer Amtszeit als VfB-Präsident ist um. Denken Sie 2019 schon über eine zweite Amtszeit nach?

In den nächsten Monaten sicher noch nicht. Meine Arbeit macht mir Spaß, aber die wichtigsten Fragen, die sich dann für mich stellen sind die: Wie steht der VfB zu diesem Zeitpunkt da und glaube ich, dass ich in meiner Rolle weiterhin einen Beitrag für eine positive Entwicklung leisten kann? In einem Jahr um diese Zeit kann ich diese Frage wahrscheinlich eher beantworten.

19. Blicken wir voraus in den Mai 2019 – auf welchem Rang beendet der VfB die Saison?

Ich gehe davon aus, dass wir unser Ziel, Platz neun bis 13, erreichen.