Ozan Kabak (li.) ist in der Abwehr des VfB Stuttgart ein stabilisierender Faktor. Foto: Baumann

Noch ist nichts erreicht, aber beim VfB Stuttgart gibt es zumindest leise Signale der Besserung. Was das mit Thomas Hitzlsperger zu tun hat.

Stuttgart - Davon, im Kampf gegen den Abstieg Entwarnung auszurufen, ist der VfB Stuttgart noch ein ganzes Stück entfernt. „Wir stehen immer noch auf dem Relegationsplatz“, sagte am Freitagabend in Bremen Thomas Hitzlsperger. Das ist der eine Fakt, den der neue Sportvorstand benannte. Der andere ist ein nicht zu übersehender Aufschwung in den letzten beiden Spielen – also beim 1:3 gegen RB Leipzig, als die Leistungssteigerung noch keinen Ertrag gebracht hatte. Und beim 1:1 bei Werder Bremen, als endlich auch mal wieder ein Pünktchen aufs Konto flatterte.

Nun sind die in dieser Saison allesamt kriselnden Stuttgarter Spieler in den vergangenen beiden Wochen nicht im Stile einer Rakete emporgestiegen. Der Aufschwung ist ein sanfter, die Schritte sind klein – doch dass es sie überhaupt gibt, schürt nun wieder die Hoffnung, dass diese Saison doch nicht in einem sportlichen Desaster endet. Warum es sie gibt?

Düsseldorf war ein Tiefpunkt

„Am System allein kann es nicht liegen“, sagt Markus Weinzierl – obwohl der Trainer auch erklärt, dass er nun eine Grundordnung gefunden habe, in der sich das Team sicher und gut aufgehoben fühlt. Der VfB startete zuletzt im 3-5-2-System, das sich in der Defensive in eine 5-4-1-Ordnung wandelt. Aber, wie gesagt: Das allein ist es nicht. Weshalb einen die Suche nach weiteren Gründen direkt zu Thomas Hitzlsperger führt.

Der 36-Jährige hat nach dem desaströsen Auftritt des VfB beim 0:3 in Düsseldorf das Ruder von Michael Reschke übernommen, seitdem geht es aufwärts – wobei die Leistung bei der Fortuna auch einen Tiefpunkt markiert hatte. Aber sei’s drum – beim VfB wirkt seitdem der Hitz-Effekt.

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Viel beobachtet hat der frühere Nationalspieler in den vergangenen Tagen. Hat ergründet, wo die Probleme liegen – der ganzen Mannschaft, aber auch der einzelnen Spieler. Viele Gespräche hat er zudem geführt – vor der kompletten Truppe hat er geredet, aber auch mit den Spielern im Einzelnen. „Wir haben gewisse Erwartungen an unsere Spieler“, sagt Hitzlsperger – und hat sie noch einmal glasklar artikuliert. Den Trainer hat er von Beginn an gestärkt, ohne ihm eine Job-Garantie auszustellen. Zwischen Coach und Sportvorstand stimmt die Chemie, das merkt auch das Team. Markus Weinzierl strahlt seitdem wieder mehr Kraft und Zuversicht aus, er scheint seinen Weg für diese Truppe gefunden zu haben.

Das Team wehrt sich wieder

„Die Mannschaft hat verstanden, wie sie jetzt agieren muss“, sagt der Chefcoach, „wir haben die Situation jetzt angenommen“. Tatsächlich scheint das Team aufgewacht zu sein, es wehrt sich wieder, es tut dem Gegner auch mal weh, es lässt den Niedergang nicht emotionslos über sich ergehen, man hilft sich wieder gegenseitig. „Die Mannschaft hat Leidenschaft gezeigt“, sagte Hitzlsperger in Bremen. Aber nicht nur.

Benjamin Pavard spielt nun im Abwehrzentrum und wirkt wie ausgewechselt. Nicht lustlos wie zuvor, sondern hellwach und aggressiv in den Zweikämpfen. „Er hat zwei sehr gute Spiele gemacht“, lobt Weinzierl. Gonzalo Castro hat im Mittelfeld durch die drei Innenverteidiger hinter ihm mehr Absicherung, und man kann sich doch noch vorstellen, dass er ein Fixpunkt im Spiel werden könnte. Andreas Beck, in der Fünferkette leicht vorgerückt, setzt die linken Außenspieler des Gegners stärker unter Druck, auch mal mit Härte. Steven Zuber ist im Mittelfeld zugleich Zweikämpfer und Torschütze, und auch Mario Gomez ist wieder präsenter in den Zweikämpfen – muss sich vor dem Tor allerdings noch mächtig steigern. Insgesamt scheint sich innerhalb des Kaders aber wieder eine Gruppe zu finden, die sich gegen den Abstieg stemmt. „Für mich“, sagt Weinzierl zu alledem, „gibt es eine klare Tendenz nach oben“. Aber auch noch viel zu tun.

Noch nicht alle sind auf Kurs

Wirklich alle Spieler scheinen den Ernst der Lage noch immer nicht erkannt zu haben – die Szene, wie der eingewechselte Anastasios Donis sich erst viel zu langsam aus dem Abseits bewegte, dann den Ball wegschlug und Gelb sah, ist ein Beispiel dafür. Auch gibt es noch immer Zweifel an den Trainingsleistungen des einen oder anderen Spielers. „Es gab natürlich auch noch Sachen, die nicht so prickelnd waren“, sagte Hitzlsperger in Bremen. Und: Der ultimative Test für das neue Klima steht erst noch bevor – ein erneuter Knick in der Leistungskurve wäre kaum reparabel.

Am kommenden Sonntag (15.30 Uhr) ist in Hannover 96 ein direkter Konkurrent in der Mercedes-Benz-Arena zu Gast. „Da braucht nur jeder auf die Tabelle schauen um zu sehen, was da auf dem Spiel steht“, sagt Weinzierl, der aber zuversichtlich ist, dass sein Team sich der Wichtigkeit bewusst ist: „Da wird jetzt keiner weniger machen. Wir haben die Chance, im eigenen Stadion einen Schritt nach vorne zu machen. Das wollen wir unbedingt.“ Wie auch das: sich von Woche zu Woche steigern. Damit der Hitz-Effekt ein nachhaltiger ist.