Passagiere warten am Flughafen von Valencia darauf, einchecken zu können. Foto: AFP

Verspätungen und Ausfälle sind auch die Folge von Kapazitätsproblemen, die sich wohl nicht so schnell lösen werden. Dafür sind die Entschädigungen gut geregelt.

Frankfurt/Main - Für Flugpassagiere war es bisher kein gutes Jahr. Weil immer mehr geflogen wird und die Zahl der Flüge im ersten Halbjahr mit knapp 1,6 Millionen allein im deutschen Luftraum auch deutlich über den Erwartungen lag, kommt es vermehrt zu Verspätungen und auch Ausfällen. Hundertausende von Passagieren sind betroffen. Und nun auch noch ausgerechnet in der Ferienzeit die Kunden der irischen Billigfluglinie Ryanair, die sich sonst gern damit brüstet, die pünklichste, oder wenigstens einer der pünklichsten Fluggesellschaften Europas zu sein. Die Gründe für die Verspätungen sind vielfältig. Da sind die Unwetter, die in diesem Frühjahr bisher öfter als früher die Flughäfen lahm gelegt haben. Das sind auch die Kapazitätsprobleme, die durch den Ausfall von Air Berlin entstanden sind, immerhin der zweitgrößten deutschen Airline. Der Aufbau beziehungsweise der Neubetrieb durch die Lufthansa-Tochter Eurowings oder auch den Ryanair-Konkurrenten Easyjet dauert eben eine Weile.

Die Infrastruktur hielt nicht mit dem Wachstum mit

Daneben kommt es zum Stau am Himmel, weil die Flugsicherung nicht an allen Standorten mit dem stärkeren Wachstum standhalten konnte. Der Bundesverband der deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) führt dann noch die langen Wartzeiten an den Sicherheitskontrollen auf, die auch dazu führten, dass die mühsam erarbeiteten Flugpläne nicht immer eingehalten werden können. Oder auch die „starren Betriebszeitbeschränkungen“, sprich Nachtflugverbote, die es den Fluggesellschaften oder auch den Flughäfen nicht erlauben, für schnellen Ausgleich zu sorgen, wenn es einmal nicht so rund läuft wie geplant.

All diese Probleme lassen sich nicht über Nacht lösen – selbst wenn sich Ryanair bald mit den Piloten und den Flugbegleitern einigen sollte, selbst wenn Streiks bei anderen Fluggesellschaften oder Fluglotsen (wie in Frankreich) ausbleiben. Auch nicht dadurch, dass die verbliebenen Maschinen von Air Berlin inzwischen weitgehend in die Flotten von Eurowings und Easyjet integriert sind. Und letztlich auch nicht dadurch, dass in der zweiten Jahreshälfte die Zahl der Unwetter abnehmen soll – was ohnehin niemand vorhersagen kann. Tatsache ist, dass die Infrastruktur mit dem bisherigen Wachstum des Luftverkehrs nicht mithalten konnte. Bis 2040 erwartet die europäische Flugsicherungsorganisation Eurocontrol eine Zunahme des Luftverkehrs in Europa um 53 Prozent. Rund 16 Millionen Flüge sollen dann jedes Jahr im Himmel über Europa abgefertigt werden.

Engpass für die Fluggesellschaften

Eurocontrol weist darauf hin, dass die gegenwärtige Kapazität für dieses Wachstum nicht ausgelegt ist und dass 2040 rund siebenmal so viele Flüge wie heute deutlich verspätet sein könnten, wenn sich an den Kapazitäten nichts ändert. „Es bedarf also massiver Anstrengungen an allen Stellen, um dieses Szenario zu vermeiden“, schreibt der BDL.

Vor allem für die Fluggesellschaften stellt der Engpass ein Problem dar, denn immer mehr Flugreisende wissen, dass sie nach der EU-Fluggastverordnung Recht auf Entschädigung bei Verspätungen oder gar Streichungen haben. Bis zu 600 Euro kann das pro Passagier kosten – übrigens unabhängig vom Ticketpreis oder der gebuchten Klasse. Die Höhe der Entschädigungszahlung berechnet sich aus der Länge der Flugstrecke. Der rechtmäßige Entschädigungsanspruch ist abhängig von der tatsächlichen Verspätungsdauer am Ankunftsort sowie dem Grund für den ausgefallenen oder verspäteten Flug. Betroffene Passagiere können ihren Entschädigungsanspruch sogar rückwirkend durchsetzen, bis zu drei Jahre nach ihrem Flugtermin.