Diakon Bläsi spricht am Grab des Mannes, der einer Frau und sich selbst das Leben nahm. Foto: Anna Theresa Bachmannn

Johannes Bläsi bestattet in Heilbronn einsame und mittellose Menschen. Der Diakon taucht in fremde Leben ein, findet frühere Freunde, berührende Geschichten – und manchmal tiefe Abgründe.

Heilbronn - Die Mail vom Ordnungsamt ist kurz: „Herr Nowak* wurde 1971 in Polen geboren, verstorben vor Kurzem in Heilbronn.“ Durch die Gläser seiner goldenen Nickelbrille schaut Johannes Bläsi auf die ausgedruckte Nachricht in seinen Händen. Der 54-Jährige streicht sich über das kurze, graue Haar und runzelt die Stirn: „Nowak ist nur 47 Jahre alt geworden.“ Am unteren Ende der Nachricht stehen die letzte Adresse des Toten und die Telefonnummern seiner Ex-Frau und der beiden Kinder. Mehr weiß Bläsi nicht über den Menschen, den er in wenigen Tagen bestatten wird. Es ist der Anfang einer Spurensuche, an deren Ende ein würdiges Begräbnis mit Trauerrede stehen soll. Bläsi macht das ehrenamtlich. „Ich möchte noch einmal etwas zum Glänzen bringen“, sagt er. Was er zu diesem Zeitpunkt nicht weiß: Herr Nowak hat ein schreckliches Verbrechen begangen.