Der neue Anbau soll in dem Bereich zwischen der Villa Berg (rechts) und dem ebenfalls denkmalgeschützten Gutbrod-Bau (links) entstehen. Foto: Jürgen Brand

Der Bezirksbeirat Stuttgart-Ost begrüßt das Konzept für eine umfassende Sanierung der Villa Berg inklusive Anbau, lehnt eine Entwicklung des Projekts in Richtung Konzerthaus aber ab.

S-Ost - Der Bezirksbeirat Stuttgart-Ost hat die große Lösung für die Sanierung und Umgestaltung der Villa Berg zu einem offenen Haus für Musik und mehr einstimmig befürwortet. Auch die CDU im Bezirksbeirat unterstützte das Konzept – im Gegensatz zur CDU-Gemeinderatsfraktion bisher – einmütig. In der Debatte wurde deutlich, dass eine Pflegeeinrichtung in Teilen der alten Fernsehstudios unvereinbar mit einer Nutzung der Villa als Musikhaus wäre, ganz unabhängig davon, ob die alten Studios überhaupt dafür geeignet wären. Darüber soll nun am 21. Mai erneut im Ausschuss für Umwelt und Technik des Gemeinderats diskutiert werden.

Säle können parallel genutzt werden

Die in Einklang mit dem Denkmalschutz geplante Sanierung der Villa samt Errichtung eines Anbaus im Zwischenbereich zum Gutbrod-Bau hin soll nach den bisherigen Schätzungen 39,3 Millionen Euro kosten, die Sanierung der Tiefgarage 23,2 Millionen Euro. Dabei inbegriffen ist allerdings auch die denkmalgerechte Sanierung der zurzeit abgesperrten großen Brunnenanlage unterhalb der Villa Berg.

Ziel der großen Sanierungsvariante ist, die Räume der Villa unabhängig voneinander möglichst vielfältig und auch parallel nutzen zu können. Deswegen werden beispielsweise der kleine Saal unten – das sogenannte Stimmzimmer – und der große Saal schallentkoppelt. Im großen (Sende-)Saal wird der bisher schräge Boden geebnet, die Bühne verkleinert. Nur so ist künftig eine Nutzung für Tagungen möglich. In der Villa selbst soll das Tagescafé mit 50 Plätzen entstehen, dazu gehört auch die Außenterrasse der Villa. Im Neubau und im Zwischenbau sind im Untergeschoss Werkstätten und Proberäume für Bands vorgesehen, im Erdgeschoss sind das Restaurant, die Küche und Nebenräume geplant, in den Obergeschossen werden die Verwaltung, Backstageräume sowie eventuell Übernachtungsmöglichkeiten für Musiker eingerichtet. Zwischen der Villa und dem Anbau könnte eine Fläche für Open-Air-Veranstaltungen entstehen.

Eröffnung 2024 angestrebt

Die Zustimmung des Gemeinderats vorausgesetzt, sieht der Zeitplan die Vergabe der Planungsleistungen noch für dieses Jahr vor. Mit einer Baugenehmigung könnte Mitte 2021 gerechnet werden, Baubeginn wäre dann Mitte 2022. Die Bauzeit ist auf etwa zwei Jahre veranschlagt, Mitte 2024 könnte das neue, offene Kunst- und Kulturzentrum fertig sein.

Matthias Bertram vom Amt für Stadtplanung und Wohnen wies im Zusammenhang mit der Diskussion im Gemeinderat darauf hin, dass eine Pflegeeinrichtung in den Fernsehstudios nur etwa 60 Meter von der Andienungs- und Laderampe der Villa entfernt wäre. Entsprechend den besonderen Schutzbestimmungen für solche Einrichtungen dürfte dort spätestens ab 22 Uhr kein Lärm mehr sein, es dürfte also auch nicht mehr be- und entladen werden. Das hätte, so Bertram, erhebliche Auswirkungen auf die geplanten Nutzungen in der und um die Villa.

Stellungnahme der Projektgruppe

Jörg Trüdinger ist Sprecher der SPD-Bezirksbeiratsfraktion und beschäftigt sich seit seiner ersten Bezirksbeiratssitzung im Jahr 2004 mit der Villa und dem Park. „Viele Menschen haben in den vergangenen Jahren viel Zeit und viel Herzblut reingesteckt“, sagte er in der Sitzung am Mittwoch. „Ich habe sogar Menschen weinen sehen angesichts des Verfalls der Villa.“ Den Antrag auf Prüfung der Fernsehstudios auf ihre Tauglichkeit für eine Pflegeeinrichtung bezeichnete er als „unredlichen Wahlkampf auf niedrigstem Niveau“, durch den Soziales und Kultur gegeneinander ausgespielt würden.

Trüdinger kritisierte die in der Vorlage im Zusammenhang mit der Erarbeitung eines Betreiberkonzepts erwähnte „Profilschärfung in Richtung Kammermusiksaal/Konzerthaus“. Die Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bezirksbeirat, Ingrid Schwerdtfeger, die sich wie Trüdinger auch in der Projektgruppe Villa Berg im Sanierungsgebiet Stöckach engagiert, kündigte sogar an: „Wenn das so kommt, werde ich vors Rathaus gehen und schreien. Bitte machen Sie unser Nutzerkonzept, das die Bürgerbeteiligung erarbeitet hat, nicht kaputt.“ Redner der anderen Parteien schlossen sich den Kritikpunkten an.

Der Bezirksbeirat fasste den Grundsatzbeschluss zur umfassenden Sanierung der Villa einstimmig. Ebenso einstimmig wurde eine Stellungnahme der Projektgruppe gebilligt, in der die erwähnte Profilschärfung abgelehnt wird. Einig war sich das Gremium auch in der Forderung, dass das künftige Betriebs- und Nutzungskonzept unter Einbeziehung des Bezirksbeirats und mit den Bürgern erarbeitet werden soll.