In Karlsruhe waren Beschäftigte des Gesundheitswesens auf die Straße gegangen. Foto: epd/Uli Deck

Die Corona-Politik treibt im Südwesten erneut Tausende auf die Straße. Dabei sind die Blickwinkel unterschiedlich. Ein eindrucksvolles Signal senden Gesundheitsbeschäftigte mit Blaulicht und Lichterkette.

Freiburg/Karlsruhe - Demonstrationen von Gegnern und Befürwortern der Corona-Politik in Freiburg, eine Lichterkette von Beschäftigten des Gesundheitswesens in Karlsruhe: Rund 10 000 Menschen sind am Samstag in Baden-Württemberg bei drei größeren Veranstaltungen zum Thema Corona auf die Straße gegangen. Die Kundgebungen verliefen friedlich, besondere Vorkommnisse gab es nach Angaben der Polizei vom Sonntag nicht.

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Wegen steigender Corona-Zahlen gelten seit dem Wochenende in zwei Dutzend Stadt- und Landkreisen wieder nächtliche Ausgangsbeschränkungen für Nicht-Geimpfte, darunter in der Landeshauptstadt Stuttgart, in Mannheim und Karlsruhe. Die Beschränkungen greifen in den jeweiligen Gebieten bei einem zweimaligem Überschreiten der Sieben-Tage-Inzidenz von 500 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner binnen einer Woche.

1000 Demonstranten in Karlsruhe fürs Impfen

Mit einer Lichterkette machten am Samstagabend in Karlsruhe rund 1000 Sanitätsdienstbeschäftigte, Ärzte, Apotheker, Pflegekräfte und Labormitarbeiter teils in Berufskleidung auf die Belastung im Gesundheitswesen aufmerksam. „Impfen rettet Leben“, „Die Pflege ist krank - bitte helft uns“ oder „Hilf mir dir zu helfen: Lass dich impfen! Deine Hausärztin“ war auf Transparenten zu lesen. Eine Teilnehmerin in Corona-Schutzmontur fragte auf einem Schild: „Wie lange soll ich noch SO Hausbesuche machen?“ Parallel dazu blinkten um 18.00 Uhr etwa 60 Blaulicht-Fahrzeuge drei Minuten lang - so lange, wie man laut Veranstalter etwa braucht, um Schutzkleidung anzulegen.

Die Veranstaltung ging auf eine Initiative des Arbeiter-Samariter-Bunds (ASB) zurück. Christoph Nießner, Arzt und Vorsitzender des ASB Karlsruhe begründete dies vorab in einer Mitteilung: „Wir Betroffene im Gesundheitswesen haben uns bislang mit einer Stellungnahme sehr zurückgehalten. Nun wollen wir unsere Stimme erheben und den Bürgerinnen und Bürgern aufzeigen, wo unsere Probleme in der derzeitigen Pandemie liegen.“

Betroffene im Gesundheitswesen erheben ihre Stimme

So nähmen Mitarbeiter große persönliche Einschränkungen in Kauf, arbeiteten kräftezehrend vielfach unter Vollschutz, seien vermehrt mit Reinigungsaufgaben beschäftigt und dadurch gebunden, erklärte Nießner. Quarantäne-Anordnungen reduzierten zudem die Zahl an Helfern. Die Versorgung von Corona-Patienten gelinge nur bei Einschränkung der normalen Arbeiten. Rettungsfahrzeuge müssten nach entsprechenden Transporten aufwendig gereinigt werden und fielen während dieser Zeit für die Notfallrettung aus.

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In Freiburg demonstrierten am Samstagnachmittag mit einem Zug um die Innenstadt laut Polizei etwa 6000 Menschen gegen die Corona-Politik und Impfzwang. Sie zeigten unter anderem Plakate mit einem Skelett und mit der Aufschrift „Nur ein kleiner Pieks“ oder „Boostern ist die Kapitulation der Impfdoktrin“.

Demo gegen Querdenker-Aufzug in Freiburg

Bei einer dagegen gerichteten Demonstration in der Freiburger Stadtmitte hatten sich zuvor etwa 2500 Menschen versammelt, um sich unter anderem gegen Verschwörungsideologien und Corona-Verharmlosung zu wenden. Sie hielten Plakate mit Aufschriften hoch wie: „Mit Nazis geht man nicht spazieren“ oder „Mehrdenken statt Querdenken“. Nach Polizeiangaben kamen im Anschluss an diese Gegendemonstration rund 1000 Menschen zu einer nicht angemeldeten Versammlung zusammen, die nach Absprache mit den Beamten in Richtung Europaplatz zog. Größere Zwischenfälle verzeichnete die Polizei bei keiner der Demonstrationen.

Die Freiburger Polizei war mit einem Großaufgebot vor Ort und wurde von auswärtigen Beamten unterstützt. Ihr Einsatzkonzept zielte darauf ab, dass sich beide Demo-Lager nicht in die Quere kamen. Die Beamten hatten unter anderem vorsorglich einen Teil der B31 gesperrt. Es kam deshalb zu Verkehrsbehinderungen.

Göppinger OB appelliert an Gegner der Corona-Politik

Alex Maier, grüner Oberbürgermeister der Stadt Göppingen, appellierte am Samstag an die Gegner der Corona-Politik: „Melden Sie die Demonstration ordnungsgemäß an und halten Sie sich an die gesetzlichen Regeln.“ Wer sogenannte Spaziergänge ohne Anmeldung organisiere, breche das Recht. Wer ohne Abstand und Mund-Nasen-Bedeckung in einer größeren Gruppe durch die Stadt ziehe, handle verantwortungslos.

Weil er eine Eskalation vermeiden will, setzt Maier auf das Gespräch statt auf Verbote: Er lud Bürger für Montag (16.00 Uhr) zu einem Online-Gespräch ein. Über die städtische Facebook-Seite könnten dem Rathauschef Fragen gestellt und Ängste mitgeteilt werden, hieß es in einer Mitteilung.