Stadtbahnfahren mit Transparent, Plakaten und einer politischen Mission. Foto: Lichtgut/Christoph Schmidt

Die Initiative Freifahren Stuttgart hat für einen kostenlosen ÖPNV in Stuttgart demonstriert. Die angeblichen Demo-Schwarzfahrer hatten aber alle Tickets für die Stadtbahn dabei.

Stuttgart - . „Kostenloser ÖPNV“ prangt es groß auf dem Transparent, das Vertreter der Bündnisses SÖS und der Initiative Freifahren Stuttgart am Sonntag vor der S-21-Mahnwache am Hauptbahnhof ausgerollt haben. Sie haben sich versammelt, um die Forderung nach ticketfreiem öffentlichem Nahverkehr zu unterstreichen.

Mit der U 29 will die rund 40-köpfige Gruppe zur Arndt-Spitta-Straße fahren, um im SÖS-Treff das neue politische Jahr einzuläuten. Statt eines Fahrscheins haben sich die Teilnehmer Schilder mit der Aufschrift „Ich fahre frei“ an die Jacken geheftet. „Wenn wir so offen ohne Ticket fahren, umgehen wir den Straftatbestand der Erschleichung von Leistungen“, sagt Andrea Schmidt von der Freifahrer-Initiative. Sie plädiert ohnehin für eine Entkriminalisierung des Schwarzfahrens. „Bundesweit sitzen derzeit 6000 Menschen deswegen im Gefängnis“, erklärt sie. „Die meisten von ihnen können sich Fahrkarten nicht leisten.“

Ticketkontrollen gingen in Leere

Unten am Bahnsteig sieht sich der Tross mit einem anderen Recht konfrontiert: dem Hausrecht der SSB. Der Sicherheitsdienst fordert das Einrollen des Transparents. Der Weigerung folgt ein Platzverweis für alle Beteiligten – da fährt die U 29 ein. Als sich zeigt, dass es unmöglich ist, alle Teilnehmer der Aktion am Einsteigen zu hindern, wird die Weiterfahrt unterbrochen. Polizei rückt an, gefolgt von Fahrkartenkontrolleuren. „Dass wir so viel Aufmerksamkeit bekommen, hätte ich gar nicht gedacht“, bemerkt Paul Russmann, Bezirksbeirat von SÖS/Linke-plus im Westen. Da auch die Freifahrer genügend Fahrausweise besitzen, kann die Bahn ihren Weg schließlich fortsetzen. Gespräche mit anderen Fahrgästen kommen zustande. Wer die kostenfreie Beförderung denn bezahlen solle, fragt einer. „Es ist keine Frage der Finanzierung, sondern eine des Willens, für mehr Klimagerechtigkeit zu sorgen“, so Andrea Schmidt. „Die Aufregung um den Diesel wäre nicht nötig, wenn sich die Politik rechtzeitig um attraktive Alternativen gekümmert hätte. Freifahren bringt mehr als Fahrverbote.“