Schüler der Glemstalschule, die Abitur machen wollen, müssen dafür wohl an eine andere Schule wechseln. Foto: factum/Granville

Der Hemminger Gemeinderat spricht sich klar gegen eine Sekundarstufe II an der Gemeinschaftsschule aus – und schiebt den Ball in Richtung Schwieberdingen.

Hemmingen - Von einem historischen Tag sprach Thomas Schäfer, als er die Sitzung des Hemminger Gemeinderats am Dienstag eröffnet hat. „Wegen der US-Wahl“, fügte der Bürgermeister mit einem Augenzwinkern hinzu. Zwar sind die weltpolitischen Implikationen der Entscheidungen des Hemminger Gremiums weit weniger gravierend als die Wahl des Republikaners Donald Trump zum US-Präsidenten, aber auch für die Hemminger war es ein denkwürdiger Tag – und ihr Votum mit Konsequenzen für die Region. Eine große bürgerliche Mehrheit erteilte einer möglichen gymnasialen Oberstufe an der Glemstalschule in Schwieberdingen eine Absage. Gleichzeitig schiebt das Gremium seinem Schwieberdinger Pendant den Ball zu: Wenn dieses die Oberstufe wolle, so empfiehlt ein erfolgreicher gemeinsamer Antrag von CDU, Freien Wählern und FDP, solle es eben selbst zahlen – und die Oberstufe selbst verwalten.

Hemmingen und Schwieberdingen tragen die Gemeinschaftsschule zusammen; ein seltenes Modell im Land – und eines, das nun zum Problem geworden ist. Denn während die Schwieberdinger am gemeinsamen, längst beschlossenen Ziel, die gymnasiale Oberstufe bei entsprechendem Bedarf anzustreben, nicht mehr rüttelten, blieben viele Hemminger Räte skeptisch. Am Dienstag ging es nun formell darum, eine Machbarkeitsstudie auf den Weg zu bringen, um die Kosten für eine mögliche Oberstufe abschätzen zu können. Im Raum stehen bis zu 16 Millionen Euro – viel zu viel für die meisten Hemminger Räte. CDU, Freie Wähler und FDP sprachen sich daher deutlich gegen eine Sekundarstufe II aus.

Unmut unter Eltern und Lehrern

Das sorgte für Unmut unter den zahlreich erschienenen Eltern und Lehrern. Für die Eltern, sagte die Schulleiterin Sandra Vöhringer, sei die Diskussion „unverständlich“. Die Schulleiterin befürchtet, dass die Schule ohne Oberstufe an Attraktivität einbüßt. Dass die Oberstufe gewollt ist, zeigt eine Unterschriftenliste der Eltern, auf der knapp 400 Namen stehen. Auch die Lehrer hatten sich klar für eine gymnasiale Oberstufe ausgesprochen. Sandra Vöhringer erinnerte die Hemminger Räte an ihren einstigen Beschluss – die Oberstufe im Bedarfsfall einzurichten. Während man an der Schule überzeugt ist, dass es die nötige Nachfrage gibt, sehen das viele Hemminger Räte anders. Walter Bauer (CDU) etwa stellt eine andere Rechnung auf – in die Bedarfsplanung bezieht er ausschließlich Schüler aus Hemmingen, Schwieberdingen und Hochdorf ein. Das ist das Einzugsgebiet der ehemaligen Realschule, aus der die Gemeinschaftsschule hervorgegangen ist.

Nur die SPD plädierte klar für eine Oberstufe. „Wir setzen die Kinder dem Risiko aus, dass der Umstieg nicht passt“, sagte der Fraktionsvorsitzende Wolfgang Stehmer. Den anderen Fraktionen warf er vor, die Eltern vor den Kopf zu stoßen. Eindringlich appellierte Stehmer an die Räte, zumindest die Machbarkeitsstudie in Auftrag zu geben – und erst dann grundsätzlich zu entscheiden. Das stieß auf wenig Gegenliebe: Mit einer weiteren Studie, sagte Wolfgang Gerlach (Freie Wähler), würde man die Entscheidung nur aufschieben.

Enttäuschung beim Schwieberdinger Bürgermeister

CDU, Freie Wähler und FDP stimmten, anders als SPD und Bürgermeister, gegen die Machbarkeitsstudie – und damit auch gegen die Oberstufe. Sie votierten für ihren eigenen Antrag, wonach es Schwieberdingen frei stehe, selbst eine Oberstufe zu etablieren. Nach der Entscheidung wirkte ein Großteil der Eltern und Lehrer – ähnlich vieler Beobachter der US-Wahl – konsterniert. Von einem „Schlag ins Gesicht“ sprach eine Lehrerin der Glemstalschule.

Der Ball liegt nun beim Schwieberdinger Gemeinderat. Der Bürgermeister Nico Lauxmann zeigt sich „tief enttäuscht“ ob des Votums – und verweist auf den Beschluss beider Partner, die Oberstufe bei Bedarf einzurichten. Den Vorstoß aus Hemmingen, die Tägerschaft nach Sekundarstufen zu splitten, lehnt er ab. Dies sei „keine umsetzbare und realistische Option“, außerdem entspreche es nicht einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit. Ende November wird das Thema im Gemeindeverwaltungsverband erneut behandelt. Das letzte Wort hätte indes ohnehin das Land; eine Sekundarstufe II soll es nur an wenigen Gemeinschaftsschulen geben.