Die Fleischindustrie ist durch die Corona-Fälle in den Fokus geraten. Foto: dpa/Emily Wabitsch

Corona-Fälle in Schlachthöfen haben eine Debatte über die Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie entfacht. Aus der CSU kommt der Vorschlag, Werbung mit Dumpingpreisen zu stoppen. Der Handel hält davon wenig.

Berlin - Angesichts problematischer Arbeitsbedingungen in Schlachthöfen fordert Unionsfraktionsvize Georg Nüßlein einen Stopp von Billigpreis-Werbung für Fleisch. „Wir müssen das Übel an der Wurzel packen“, sagte der CSU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Nicht zuletzt der Preisdruck beim Fleisch sei für prekäre Beschäftigungsverhältnisse mit daraus resultierenden Gesundheits- und Hygienerisiken verantwortlich. „Deshalb muss der unanständige Dumpingwettbewerb durch Preiswerbung für Fleisch beendet werden.“ Aus dem Handel, aber auch von Verbraucherschützern kam Kritik.

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Nach einer Häufung von Corona-Infektionen in Schlachtbetrieben stehen die Arbeitsbedingungen mit Sub-Unternehmern und Sammelunterkünften massiv in der Kritik. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) haben Konsequenzen angekündigt. In mehreren Schlachtbetrieben - etwa im westfälischen Coesfeld und im schleswig-holsteinischen Bad Bramstedt - waren Corona-Infektionen bei einer Vielzahl von Beschäftigten festgestellt worden.

Lebensmittelhandel reagiert ablehnend

Nüßlein sagte: „Preise für Schweinefleisch von beispielsweise 4,44 Euro pro Kilo halte ich für unethisch.“ Ein besonders wirksames Mittel dagegen wäre ein Werbeverbot über den Preis. Zu erreichen wäre dies am besten durch eine freiwillige Verpflichtung des Handels. Sollte das nicht möglich sein, müsste ein Verbot in Betracht gezogen werden. „Wenn stattdessen mit qualitativen Differenzierungsmerkmalen geworben wird, erhöht das in der Folge den Schutz der Verbraucher, verbessert die Situation der Beschäftigten und nützt dem Tierwohl.“

Der Lebensmittelhandel reagierte ablehnend. Preiswerbung für Fleisch und gehäuft auftretende Covid-19-Erkrankungen in Fleischbetrieben hätten nichts miteinander zu tun, teilte der Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels auf dpa-Anfrage mit. Preiswerbung erfolgt „im Rahmen des Wettbewerbsrechts“ und beruhe auf einer durchkalkulierten Entscheidung. So könne „überschüssige Ware, die durch Marktverwerfungen die Lager füllt, Kosten verursacht und vernichtet zu werden droht“, vermarktet werden. Zudem seien viele Kunden auf günstige Preise angewiesen ist. Hygieneregeln müssten natürlich überall in der Lebensmittelkette eingehalten werden.

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Die Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG) sieht auch die Verbraucher gefragt. „Die Konsumenten sollten sich bewusst sein, was die Niedrigpreise für Folgen, auch für die Beschäftigten haben“, sagte der Vorsitzende Guido Zeitler der „Rhein-Neckar-Zeitung“ (Donnerstag). Unterkünfte für Mitarbeiter verfügten häufig nicht über hygienische Bedingungen. „So war es leider nur eine Frage der Zeit, bis es dort zu einem Coronavirus-Ausbruch kommt“, sagte Zeitler.

Kein Verbot für Werbung an Kindern

Foodwatch-Geschäftsführer Martin Rücker warf Nüßlein Populismus vor. Die „Dumpingstrategie“ der Fleischwirtschaft könne nur aufhören, wenn die Politik bereit sei, „eine auf Billig-Exporte setzende Agrarpolitik hinter sich zu lassen und endlich akzeptable Standards zum Beispiel für die Tierhaltung durchzusetzen“, sagte er der dpa. „Herr Nüßlein betreibt mit seinem Vorschlag ein Ablenkungsmanöver und plumpe Klientelpolitik.“ Die Union trete für Werbeverbote ein, wenn es den Bauern helfen könnte, blockiere aber ein Verbot der Werbung für ungesunde Lebensmittel an Kinder.