Philipp Amthor sorgt mit einem Interview im Netz für Furore. (Archivbild) Foto: Gregor Fischer/dpa/Gregor Fischer

Zum Holocaust-Gedenktag warnen Politiker und Vertreter des Judentums vor einem erneuten Erstarken des Antisemitismus in Deutschland - und greifen in diesem Zusammenhang die AfD scharf an. Ein Interview von Philipp Amthor ruft indes scharfen Widerspruch hervor.

Berlin - Zum Holocaust-Gedenktag warnen Politiker und Vertreter des Judentums vor einem erneuten Erstarken des Antisemitismus in Deutschland. Der CDU-Innenexperte Philipp Amthor warnte vor Judenhass unter Zuwanderern. „Antisemitismus, das darf man nicht vergessen, ist vor allem in muslimisch geprägten Kulturkreisen besonders stark vertreten“, sagte er den Sendern RTL und ntv. Die deutsche Gesellschaft erwarte „zu Recht“, dass sich Zuwanderer an die hiesige Kultur hielten. „Dann gehört es auch dazu, dass Antisemitismus bei uns keinen Platz hat“, sagte Amthor.

Seine Äußerungen riefen scharfen Widerspruch der Linksfraktion hervor. Deren Parlamentarischer Geschäftsführer Jan Korte erklärte in Berlin, ausgerechnet am Gedenktag „für den bürokratisierten, industriellen Massenmord der Deutschen an sechs Millionen Juden auf so eine Idee zu kommen - das zeigt das ganze Ausmaß des Problems in diesem Land“. Gerade die CDU, „die seit Jahren politisch die Verantwortung im Land trägt“, müsse Verantwortung zeigen und ihre Politik ändern, „statt sie auf andere abzuwälzen“.

Knobloch sagt der „Passauer Neuen Presse“, es seien „vor allem die Politiker der AfD, die den Antisemitismus gesät haben und weiter säen“. Die AfD sei eine Ursache des neuen Judenhasses, „zusammen mit Linksextremisten und Islamisten“. Knobloch forderte einen „Aufschrei“ der Gesellschaft. Es dürfe nicht länger geschwiegen werden, „wenn Judenhass alltäglich wird“. 

Wütende Reaktionen auf Twitter

Auch beim Kurznachrichtendienst Twitter gab es in Folge Amthors Aussagen eine Welle der Entrüstung. Wie ein Beispiel zeigt.

Die Partei spiele beim Anwachsen der Judenfeindlichkeit eine „ganz zentrale Rolle“, sagte auch CSU-Chef Markus Söder. Die Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, bezeichnete die AfD als „eine Ursache des neuen Judenhasses“.

Söder beschuldigte insbesondere den rechten „Flügel“ in der AfD, den Antisemitismus wieder „hoffähig“ machen zu wollen. Der Kurs des „Flügels“ sei „eindeutig eine „Vorstufe des Antisemitismus“, sagte er am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“. Söder plädierte zugleich für eine härtere Bestrafung von Straftaten mit antisemitischem Hintergrund.

Hass und Ausgrenzung aktiv bekämpfen

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak schrieb in einem Gastbeitrag für die „Welt“ vom Montag: „Angesichts heutiger Dimensionen von Demokratieverachtung müssen wir alle Hass und Ausgrenzung aktiv bekämpfen. Wir haben viel zu lange viel zu wenig getan. Ich auch.“

Ziemiak konstatierte eine „sich schleichend ausbreitende Vergiftung unserer Demokratie“, gegen die „wir immun geworden sind“. Millionen Menschen hätten „eine Partei des Hasses gewählt“ und veränderten damit die politische Kultur in Deutschland, schrieb er mit Blick auf die AfD.

Aufklärung nötig

Auch der Präsident des Jüdischen Weltkongresses (WJC), Ronald S. Lauder, forderte einen entschlosseneren Kampf gegen antisemitische Hetze. „Deutschland muss deutlich mehr tun, um Menschen aufzuklären“, sagte er der „Bild“-Zeitung. Den größten Nachholbedarf sehe er bei der Bekämpfung von Hass und Rassismus im Netz.

Am 27. Januar wird international der Opfer des Holocaust gedacht. An diesem Tag vor 75 Jahren wurde das nationalsozialistische Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz von sowjetischen Truppen befreit. Hauptredner der diesjährigen Gedenkzeremonie in der KZ-Gedenkstätte sind vier Auschwitz-Überlebende. Für Deutschland nimmt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier teil.