Auch in Frankreich gibt es eine Stierkampf-Tradition: Das Foto vom 9. Juni 2019 zeigt den Matador Andres Roca Rey im südfranzösischen Nimes. Foto: AFP

In Frankreich kocht die Diskussion um die Corridas hoch. In dieser Situation sorgt in diesen Tagen der Besuch des Agrarministers bei einer Veranstaltung in Bayonne für besondere Empörung.

Paris - Tierschützer in Frankreich sind empört. Seit Jahrzehnten kämpfen sie für das Verbot von Stierkämpfen und nun kursieren im Internet Fotos von Didier Guillaume, die den französischen Agrarminister auf der Tribüne der Stierkampfarena in Bayonne zeigen. Der Skandal in den Augen der Kritiker: Der Politiker ist in Frankreich zuständig für die Einhaltung des Tierwohls, dass also Tiere nicht unnötig gequält werden. Sechs Stiere sind an jenem Nachmittag unter den Augen Guillaumes getötet worden. „Das ist die Unterstützung eines Massakers, eines finsteren Spektakels“, kommentiert Julien Bayou, Sprecher der französischen Grünen.

Karima Delli prangert den Widerspruch im Verhalten des Ministers an. „Man kann nicht auf der einen Seite das Tierwohl verteidigen wollen und auf der anderen Seite in einer Arena sitzen und sich angesichts des Leides eines Stieres vergnügen“, sagt die grüne Europaabgeordnete. Sie will sich dafür einsetzen, den Stierkampf in Frankreich verbieten zu lassen.

Stierkämpfe sind vor allem in Südfrankreich noch immer weit verbreitet

Das versuchen Tierschützer seit Jahrzehnten, denn Stierkämpfe sind vor allem in Südfrankreich noch immer weit verbreitet. In mehr als 50 Städten werden jedes Jahr sogenannte Férias ausgetragen. Zuletzt hatte der Verfassungsrat in Paris, die höchste Instanz in Verfassungsfragen, im Jahr 2012 entschieden, dass Stierkämpfe weiter stattfinden dürfen.

Als Begründung hieß es, dass Stierkämpfe in jener Region ein Kulturgut seien und es sich folglich um „örtliche Traditionen“ handle. Aus diesem Grund sei eine für diese Veranstaltungen geltende Ausnahmeklausel verfassungsgemäß. Dieses Urteil brachte dem Verfassungsrat die wüsten Beschimpfungen der früheren Schauspielerin und Tierschützerin Brigitte Bardot ein. Sie nannte die sogenannten Weisen in dem Gremium „Feiglinge“.

Die Gegner der Féria, wie die Stierkämpfe hier heißen, wollen keine Ruhe geben

Der Stierkampf gilt im Süden Frankreichs allerdings nicht nur als Kulturgut. Für Städte wie Nîmes, Arles und Bayonne seien die Férias ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor, sagt Simon Casas, ehemaliger Matador aus Nîmes, der jetzt Stierkämpfe organisiert. Er unterstreicht, dass weit über die Hälfte der Zuschauer in Nîmes aus der ganzen Welt in seine Heimatstadt kämen. Dieses würden dann sehr viel Geld ausgeben, um eine Féria mitzuerleben.

Die Gegner wollen aber keine Ruhe geben. Immer wieder gelingt es ihnen, kleinere Veranstaltungen verbieten zu lassen, weil zum Beispiel gegen Sicherheitsauflagen oder den Tierschutz verstoßen wurde. Ziel ihrer Klagen sind auch Zuchtbetriebe, wo die Stiere auf ihren Kampf in den Arenen vorbereitet werden. So erzielen die Tierschütze immer wieder kleine Erfolge und agieren in der sehr ungewissen Hoffnung, dass der Stierkampf eines Tages in Frankreich ganz verboten werden könnte.