Thomas Strobl hinterlässt in Berlin ein interessantes Erbe: Das Rennen um die Nachfolge im Amt des Landesgruppenchefs ist eröffnet. Foto: dpa

Nach dem Wechsel von Thomas Strobl in die Landesregierung wollen Andreas Jung und Thomas Bareiß ihn in Berlin als Landesgruppenchef beerben – und sie sind nicht die einzigen.

Berlin - Der Wettbewerb um die Nachfolge Thomas Stroblsals Chef der baden-württembergischen CDU-Bundestagsabgeordneten entwickelt sich zu einem Schneckenrennen – aber auch die können ja spannend sein. Klarheit herrscht bisher nur in zwei Punkten: Erstens wird die Wahl des neuen Vorsitzenden wohl erst in der letzten Sitzungswoche des Bundestags, also Anfang Juli, fallen. Zweitens spricht alles für eine Kampfkandidatur. Denn das Feld der Interessenten ist in den letzten Wochen nicht geschrumpft, sondern kräftig gewachsen. Gehandelt werden mindestens sechs Namen. Neben den bisher als Favoriten geltenden drei CDU-Bezirkschefs Andreas Jung (Südbaden), Steffen Bilger (Nordwürttemberg) und Thomas Bareiß (Württemberg-Hohenzollern) zählen auch die Bundestagsabgeordneten Norbert Barthle (Backnang), Joachim Pfeiffer (Waiblingen) und Gunther Krichbaum (Pforzheim) zu den möglichen Kandidaten.

Bisher richteten sich die Blicke vor allem auf die Bezirkschefs, von denen die Ambitionen des Ludwigsburgers Steffen Bilger am gedämpftesten erscheinen. Die drei bescheinigen sich gegenseitig ein freundschaftliches Verhältnis und unter ihnen galt es eigentlich immer als ausgemacht, nicht gegeneinander zu kandidieren. Tatsächlich hat es durchaus Versuche gegeben, die Interessen abzustimmen und ein gemeinsames Vorgehen zu erreichen. Allerdings ohne greifbares Ergebnis. Jung und Bareiß wollen beide den Vorsitz. „Unsere Namen werden genannt, und es gibt sicher grundsätzliches Interesse“, bestätigt Andreas Jung im Gespräch mit unserer Zeitung.

Es gibt noch weitere Bewerber außer Bareiß und Jung

Tatsächlich haben beide gute Gründe dafür. Beiden könnte in Berlin eine neue Bühne gut tun. Bareiß hatte sich eigentlich Hoffnungen gemacht, als Wirtschaftsminister ins neue Stuttgarter Kabinett einzuziehen. In Berlin steht als wirtschaftspolitischer Sprecher der Fraktion Joachim Pfeiffer vor ihm. Bareiß bleibt nur die bescheidenere Rolle des Energiebeauftragten der Fraktion. Da machte sich das einflussreiche Amt des Landesgruppenchefs schon besser. Jung hat ähnliche Probleme. Auf seinem Gebiet der Umweltpolitik ist die NRW-Abgeordnete Marie-Luise Dött Sprecherin. Jung ist Vorsitzender des Nachhaltigkeitsbeirats und der deutsch-französischen Parlamentariergruppe – auch da reizt der Landesgruppenvorsitz.

Bareiß hat intern seinen Anspruch sehr deutlich gemacht. Jung gibt sich moderater, aber auch er rechnet sich gute Chancen aus. Zieht keiner zurück, ist die Kampfabstimmung unvermeidlich. Bareiß sähe darin keine Katastrophe. „Es hat oft Kampfabstimmungen um das Amt gegeben. Bei einer wichtigen Funktion ist das absolut legitim“, sagte er unserer Zeitung.

Die beiden haben es ohnehin nicht allein in der Hand. Denn es gibt weitere Bewerber. „Es stimmt, ich trage mich mit dem Gedanken zu kandidieren“, bestätigte Gunther Krichbaum unserer Zeitung. „Ausgleichend, koordinierend, moderierend“, so beschreibt er die Rolle des Landesgruppenchefs. „Und durchsetzungsstark in der sogenannten Runde der Teppichhändler“, also im Kreis der anderen Landesgruppenchefs, in der es um die Verteilung einflussreicher Positionen geht. Er glaubt, das Anforderungsprofil erfüllen zu können.

„Uns stehen schwierige Zeiten bevor“

Andere beschreiben die Rolle der Landesgruppe und ihres Chefs allerdings ein wenig anders. „Uns stehen schwierige politische Zeiten bevor, da ist es wichtig, die Landesgruppe als selbstbewusste, unabhängige Kraft mit eigenen Ideen und Haltungen zu positionieren, nicht als verlängerter Arm der Bundesregierung.“ Das sagt Joachim Pfeiffer. Und auch, wenn er das nicht so deutlich sagt, hört sich das wie ein Anspruch an. Denn Pfeiffer hat sich in der Vergangenheit als jemand profiliert, der – etwa in der Flüchtlingspolitik oder der Griechenland-Frage – der Bundesregierung und der Kanzlerin munter Contra gegeben hat. Selten zum Wohlgefallen des Fraktionschefs Volker Kauder.

Das wird eine spannende Frage sein: Will die Landesgruppe mit ihrer Personalentscheidung gleichzeitig ein Signal der Profilierung gegenüber Fraktions- und sogar Parteiführung setzen? Setzt sie eher auf eine Person, der zugetraut wird, die sehr unterschiedlichen Strömungen in der Landesgruppe zu integrieren? Oder vermeidet sie vielleicht gar eine Festlegung auf einen künftigen Kurs? Ganz abseitig wäre die Überlegung nicht, erst im Lichte der Ergebnisse der nächsten Bundestagswahl langfristige Festlegungen zu treffen. Dann wäre eine Person gesucht, die den Übergang moderieren könnte. Das ist die Karte, auf die Norbert Barthle setzt. Sollte die Landesgruppe auf die Idee kommen, angesichts einen unübersichtlichen Bewerberfeldes einen Übergangs-Kandidaten zu küren, würde er sich durchaus bitten lassen.