Die Spitzen der großen Koalition – hier bei der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags im März – haben das erste Rentenpaket auf den Weg gebracht. Foto: dpa

Nun also doch: Trotz Theaterdonners in den vergangenen Tagen ist das erste Rentenpaket ist fertig. Schwachpunkt bleibt aber die Finanzierung, meint Politikredakteur Roland Pichler.

Berlin - Erst Theaterdonner, jetzt ein gemeinsamer Gesetzentwurf zur Rente: Die Regierung hat geliefert und das erste Rentenpaket auf den Weg gebracht. Das ist angesichts des Streits der vergangenen Tage nicht selbstverständlich. Mit einer Woche Verzögerung passiert der Gesetzentwurf das Kabinett. Wie passen gelebte Streitkultur und Ergebnisse zusammen? Dabei handelt es sich um eine Art großkoalitionärer Dialektik: Die SPD versucht, sich mit Alleingängen bei der Rente von der Union abzuheben. Wenn es aber um die praktische Regierungsarbeit geht, kommen die Partner wieder zusammen. Nach diesem Rollenplan dürfte in den nächsten Monaten weitergespielt werden. Das kann durchaus eine Zeit lang funktionieren. Das Vorgehen birgt aber Risiken. Wenn die große Koalition ständig nur als zankender Haufen wahrgenommen wird, könnte sich das Publikum abwenden. Außerdem führen Alleingänge eines Partners sofort zu Gegenreaktionen. Das ist nun zu beobachten: Wenn die Sozialdemokraten für die Rentengarantie 2040 trommeln, macht sich die Union für die sofortige Soli-Abschaffung stark. Bei diesem Gegeneinander ist ein gemeinsamer Kurs nur schwer erkennbar. Das belastet wiederum die Regierungsarbeit.

Koalition zeigt sich handlungsfähig

Mit dem Rentenpaket stellt die Koalition unter Beweis, dass sie handlungsfähig ist. Die Verbesserungen bei der Mütterrente und der Erwerbsminderungsrente kommen. Außerdem sollen bis 2025 neue „Haltelinien“ bewirken, dass das Rentenniveau stabil bleibt und die Beiträge nicht über 20 Prozent steigen. In Zeiten guter Konjunktur ist das keine große Sache. Falls der wirtschaftliche Aufschwung eines Tages an Kraft verliert, wird es für den Bundeshaushalt teuer. Das ist ein weiterer ungedeckter Scheck für die Zukunft.

Bei der Mütterrente nimmt die Regierung eine gravierende Änderung vor. Nicht nur ältere Mütter mit drei und mehr Kindern sollen höhere Rentenansprüche erhalten, sondern alle Mütter, deren Kinder vor 1992 geboren sind. Das ist die gerechtere Lösung, denn es ist kaum zu vermitteln, warum nur ein Teil der älteren Mütter begünstigt wird. Doch das Vorgehen dämpft die Hoffnung der Betroffenen auf spürbare Zuwächse: Damit die Kosten nicht aus dem Ruder laufen, wird der Rentenbonus gegenüber dem ursprünglichen Plan halbiert. Dennoch ist das der bessere Weg.

Mit der Finanzierung macht es sich Berlin zu einfach

Das Beispiel Mütterrente zeigt ein Grundproblem der Rentenpolitik: Mit der Finanzierung der neuen Rentenleistungen macht es sich die große Koalition zu leicht. Nicht die Steuerzahler, zu denen auch Beamte und Selbstständige gehören, sondern die Beitragszahler der Rentenversicherung sollen jährlich 3,8 Milliarden Euro für die Mütterrente aufbringen. Das ist für die Rentenversicherung eine schwere Hypothek. Die Folgen werden sich in einigen Jahren zeigen. Die Rücklagen der Rentenversicherung werden sinken. Diese Risiken werden zurzeit noch von der guten Konjunktur überdeckt. Die Wohltaten haben aber ihren Preis. Bei der Rente werden die künftigen Spielräume kleiner.