Mindestens 37 294 Euro wird die X-Klasse von Mercedes kosten, die im November auf den deutschen Markt kommt. Foto: Daimler

Offene Lieferwagen – Pick-ups – mit einer Außenlänge von fünf Metern gibt es bereits reichlich auf dem Weltmarkt. In Südamerika, Fernost und Afrika blüht das Geschäft. Jetzt stellt Daimler seine X-Klasse vor, die im November auf den deutschen Markt kommen soll.

Kaptstadt - In Deutschland spielen Pick-ups mit 19 927 Zulassungen im vergangenen Jahr angesichts von über drei Millionen neu zugelassener Pkw eine untergeordnete Rolle. Doch ihr Anteil am Markt wächst: Gegenüber 2015 liegt der Anstieg bei 14,8 Prozent. Einzelne Modelle wie der Nissan Navara konnten ihre Zulassungszahlen gar um mehr als die Hälfte steigern. Mit 4049 neu zu gelassenen Exemplaren binnen zwölf Monaten belegt er so den zweiten Platz – eine gute Voraussetzung für Mercedes-Benz, dessen X-Klasse auf der technischen Grundlage des Nissan aufbaut. Am Dienstagabend nun hat die Serienversion der neuen Daimler-Fahrzeugklasse in Südafrika Weltpremiere gefeiert.

Ford führt mit dem preisgünstigen Ranger die Zulassungsliste an, Volkswagen verlor mit dem seit diesem Jahr nur noch mit V6-Diesel erhältlichen Amarok an Marktanteil und belegt mit 3589 Zulassungen den dritten Platz. Weitere Mitbewerber sind der Mitsubishi L200, den es auch von Fiat als Fullback gibt, sowie der Toyota Hilux. Neu kommt noch in diesem Jahr ebenfalls auf Navara-Basis der Renault Alaskan. Auch Peugeot hat einen robusten Pick-up angekündigt, der aber vorerst nicht nach Mitteleuropa geliefert werden soll. Weiter am Markt: Isuzu mit dem D-Max und der Ssang Yong Actyon Sports – beide Modelle stehen aber kaum mit der preislich höher einsortierten X-Klasse in Konkurrenz. „Unsere X-Klasse ist wie ein Cowboy. Zuverlässig und sicher am Tag, stylisch abends an der Bar,“ schwärmte Daimler-Chef Dieter Zetsche per Video über das Auto. Und Volker Mornhinweg, der Leiter Mercedes-Benz Vans, fügte hinzu: „Die X-Klasse ist der erste echte Pickup, der mit Pkw-Eigenschaften überzeugt. Robust, belastbar und geländegängig, wie es ein Pickup sein muss“.

Die X-Klasse ist knapp 5,3 Meter lang

Mit dem Pick-up nimmt Daimler eine alte Idee wieder auf: Bereits in den 1990er Jahren gab es konkrete Pläne für einen Pick-up mit Stern. Basis sollte die 1997 eingeführte M-Klasse sein, doch erschien die Konkurrenz auf dem vor allem angepeilten US-Markt zu groß. Dort ist es schon seit Langem Mode, mit solchen Mini-Lkw ins Büro zu fahren. Auch mit der nun in Südafrika präsentierten, knapp 5,30 Meter langen X-Klasse wollen die Stuttgarter nicht in die USA. Für das Mid-Size-Segment sind vor allem die Märkte in Lateinamerika, Australien, Europa, Südafrika und Asien relevant.

Weltweit werden jährlich 2,2 Millionen Pick-ups dieser Größe verkauft, insgesamt soll der Markt in den kommenden zehn Jahren laut Daimler-Schätzungen um mehr als vierzig Prozent auf 3,2 Millionen Einheiten wachsen. Nur etwa ein Viertel davon wird derzeit allerdings als reines Arbeitsgerät eingesetzt, etwa die Hälfte wird als Privat- und Geschäftswagen genutzt, und das letzte Viertel geht an anspruchsvolle Privatkäufer, denen ein weichgespülter Geländewagen inzwischen zu wenig abenteuerlich ist.

Der Markt für Pick-ups wächst weiter

Vor allem die letztgenannte Gruppe soll künftig weiterwachsen, und ebenjene hat sich Mercedes-Benz als Kundschaft ausgeguckt, wenn im Sommer die Produktion im Nissan-Werk in Barcelona und ab 2019 im Renault-Werk in Argentinien anläuft. Wie schon mit V-Klasse und Vito will Mercedes-Benz Vans mit dem neuen Pick-up die Schnittstelle zwischen leichtem Nutzfahrzeug und Pkw stärken. Zu diesem Zweck haben die schwäbischen Ingenieure die Nissan-Basis deutlich überarbeitet. Zwar gibt es unter dem Blech zahlreiche Gleichteile, doch ist die X-Klasse von außen sofort als Mercedes-Benz zu erkennen: Ein Stern im Großformat füllt den Kühlergrill. Zum Marktstart im Herbst stehen im Zubehörprogramm ein Hardtop für die Ladefläche und allerlei Chromzierrat bereit. Innen geht es komfortabel zu: Ein Multifunktionslenkrad ist serienmäßig, auch das Infotainment-System mit großem Farbbildschirm aus den Pkw-Modellen liefert Mercedes auf Wunsch.

Unter dem Blech befindet sich viel Technik von Nissan: Der 2,3-Liter-Vierzylinder- Diesel leistet 120 kW (163 PS) oder 140 kW (190 PS) und stammt samt Sechsgang-Schaltgetriebe aus dem Regal der Japaner. Das durchzugskräftige Triebwerk ist aus dem Nissan Navara als etwas ungehobelt bekannt, Daimler rückt dem mit zusätzlichen Dämmstoffen zu Leibe. Außerdem steht ein 122 kW (165 PS) starker Benzinmotor zur Verfügung. Ab Mitte nächsten Jahres kommt mit einem V6-Diesel samt permanentem Allradantrieb und Siebenstufen-Automatik auch ein Mercedes-Antriebsstrang in die X-Klasse.

Hoher Sicherheitsanspruch

In das Fahrwerk investierten die Ingenieure viel Arbeit, serienmäßig sind Schraubenfedern und Scheibenbremsen. Der Sicherheitsanspruch spiegelt sich in den elektronischen Assistenzsystemen wider, Spur und Abstand werden automatisch gehalten. Um allen Kundenanforderungen gerecht zu werden, bietet Mercedes-Benz drei Ausstattungen an: Pure als robustes Einstiegsmodell mit über einer Tonne Zuladung, Progressive für mehr Komfort sowie Power mit allem Komfort – auch für den gelegentlichen Opernbesuch. Im November kommt die X-Klasse zuerst zu Preisen ab 37 294 Euro nach Deutschland und Europa, Anfang 2018 folgen Südafrika und Australien. In Argentinien und Brasilien werden die Autos nach dem südamerikanischen Produktionsstart Anfang 2019 erhältlich sein.