Christoph Michl stellt das Jahresmotto „Vielfalt braucht Verstärkung“ vor. Foto: Lichtgut/Ferdinando Iannone

Der CSD-Neujahrsempfang ist nicht nur eine Gelegenheit, um auf Erreichtes zurückzublicken. Der Vorsitzende Christoph Michl kündigt auch dringend notwendige Diskussionen zum Jahresmotto an.

Stuttgart - Dramaturgie ist alles. So blickte Christoph Michl, der Geschäftsführer der Interessensgemeinschaft Christopher Street Day (IG CSD) Stuttgart, zunächst zurück beim Neujahrsempfang. In der Sparda-Welt berichtet er von Erreichtem. Land und Stadt unterstützen in ihren Doppelhaushalten die Regenbogencommunity. Gelder von der Stadt gab es etwa für Beratungsangebote, der FETZ Frauenberatung und der Weissenburg oder für das LSBTTIQ-Projekt der Türkischen Gemeinde. Talks und Ausstellungen wie „100% Mensch“ und das CSD-Kulturfestival sind bedacht worden. Michl sagte auch, was noch zu tun ist. Gewalt und Hassverbrechen gegen LSBTTIQ müssten konsequent geahndet werden, das Abstammungsrecht für Regenbogenfamilien geändert, auch das binär auf Mann und Frau ausgerichtete Grundgesetz. Und: 2021, wenn der Marktplatz saniert wird, würde der CSD-Verein gerne auf dem Schlossplatz feiern. Der Höhepunkt war die Vorstellung des Mottos für 2020: „Vielfalt braucht Verstärkung“ heißt es. Mehr als 80 Prozent stimmten dem zu.

Der Verein CSD regt Diskussionen über das Thema Vielfalt an

Vielfalt scheine zwar selbstbewusster und sichtbarer zu sein. „Aber sie wird auch komplexer und konfliktträchtiger wahrgenommen.“ In diesem Spannungsfeld zwischen Optimismus und Skeptik wolle der CSD ergründen, wer und was damit gemeint sei. Manche würden Vielfalt als Bedrohung sehen, als inflationären Begriff und Luxusproblem, andere als absolute Bereicherung. Der Kulturkampf um Macht, Privilegien, Meinung und Deutungshoheit werde oft erbittert geführt – in Mehrheitsgesellschaft und Regenbogen-Communities. „Alle sind gefragt, nur ‚für oder gegen mich’ geht nicht. Wo ist die Mitte? Es bedarf in diesen populistischen, aufgeregten und unruhigen Zeiten dringend weiterer Diskurse mit allen, um ein selbstbestimmtes Zusammenleben aller Menschen in einer diverser werdenden Gesellschaft zu schaffen, das auf Respekt beruht“, betonte Michl.

Die Nachbarschaft sei ein wichtiger Handlungsraum, um konstruktiv mit Vielfalt und ihrer Akzeptanz umzugehen, betonte Ferdinand Mirbach von der Robert Bosch Stiftung. Er stellte deren Studie „Zusammenhalt in Vielfalt: Das Vielfaltsbarometer 2019“ vor.