Die Crimemap erfasst das aktuelle Polizeigeschehen – und alle Polizeimeldungen der vergangenen fünf Jahre. Foto:  

Wo gibt es die meisten Einbrüche? Und wo finden fast nie Gewaltdelikte statt? Künstliche Intelligenz hilft uns Antworten auf diese Fragen zu bekommen – mit der neu gestarteten Crimemap.

Stuttgart - Wo gab es in Stuttgart im Juni 2019 die meisten Einbrüche? Wo sind die Unfallschwerpunkte in der Stadt? In welchem Stadtbezirk gibt es so gut wie gar keine Gewaltdelikte? Diese und viele weitere Fragen beantwortet die Crimemap unserer Zeitung – tagesaktuell, aber auch rückblickend für die vergangenen fünf Jahre.

Die Crimemap basiert auf Künstlicher Intelligenz – und auf den Berichten des Polizeireviers Stuttgart. Mehr als 2000 Meldungen verfassen die Pressesprecher der Polizei jedes Jahr. Unser Crimemap-Algorithmus liest sie alle – und verortet die berichteten Vorfälle auf einer interaktiven Karte, eben der Crimemap. So wird für jeden der 23 Stuttgarter Stadtbezirke, aber auch für einzelne Viertel und sogar bis auf einzelne Straßen genau abgebildet, wo die Polizei besonders häufig ausrückt – oder wo es besonders ruhig ist.

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Natürlich kann nicht das ganze Polizeigeschehen in seiner vollen Breite abgebildet werden. Deshalb beschränkt sich die Crimemap auf neun Kategorien, von Eigentumsdelikten bis zu Unfällen. Und: In der Crimemap kann nur angezeigt werden, was die Polizei auch selbst berichtet.

Der bestmögliche Ausschnitt der Wahrheit

Die Crimemap zeigt somit nur einen Ausschnitt der Wahrheit – aber eben den bestmöglichen, öffentlich verfügbaren Ausschnitt. Den Anspruch auf ein vollständiges Bild erhebt er nicht. Dies liegt auch daran, dass die Polizei nur einen Teil der 50 000 bis 60 000 Straftaten pro Jahr via Pressemitteilung vermeldet: Nicht jeder Polizeieinsatz ist von öffentlichem Interesse, außerdem ist manche vermeintliche Straftat oftmals gar keine – etwa ein Raubüberfall, der sich am Ende nur als ein Streit unter Betrunkenen herausstellt.

Die Crimemap schaut ohnehin weniger auf den einzelnen Vorfall als auf das große Ganze: auf Hotspots, an denen sich die Vorfälle häufen, auf bestimmte Zeiträume, in denen besonders viel passiert, auf mögliche Zusammenhänge. Hierfür hilft uns der neue, datengetriebene Blick auf das Stuttgarter Polizeigeschehen. Diese Perspektive ist neu und sie wird nur möglich, weil Künstliche Intelligenz und die Fähigkeit, große Text- und Datenmengen automatisch zu verarbeiten, mittlerweile technisch so weit ausgereift sind, dass sie auch für anspruchsvolle redaktionelle Anwendungen eingesetzt werden können.

Das ermöglicht neue Erkenntnisse ganz im Sinne unserer Leser: Die Karte bietet nicht nur den Nutzern, sondern auch der Redaktion neue Ansätze für eine vertiefte Berichterstattung, sei es zur Einordnung aktueller Fälle oder für tiefer bohrende Analysen und Reportagen. Übrigens nutzt auch die Polizei selbst längst neue Technologien, etwa über eine sogenannte Zentrale Integrierte Auswertung (ZIA). Experimentiert wird auch mit Kriminalitätsprognoseprogrammen – etwa der Einbrecher-Vorhersage Precobs. So kann die Polizei schneller reagieren und reisenden Tätern auf die Schliche kommen, die über Bundesländergrenzen hinweg agieren und meist einen Schritt schneller sind als die ermittelnden Beamten. Man denke nur an Einbrecherbanden oder Autoknacker, die sich auf Bordcomputer hochwertiger Fahrzeugen spezialisiert haben. Die Crimemap kann helfen, Schwerpunkte zu erkennen und Bewohner sensibilisieren.

Wie verlässlich sind Infos aus sozialen Medien?

Vor Jahren noch war die gedruckte Tageszeitung das erste und aktuellste Informationsmedium für lokale Kriminalität. 83 Prozent der Stuttgarter, so das Ergebnis einer wissenschaftlichen Bürgerumfrage, informierten sich dort über das örtliche Verbrechen. Inzwischen sind soziale Medien dazugekommen, wo schnell Informationen geteilt werden, aber eben auch häufig ungeprüfte Gerüchte. Daraus kann ein Bedrohungsgefühl entstehen, das stärker ist als die tatsächliche Gefährdung.

Um einen realistischen Blick auf das Stuttgarter Kriminalitätsgeschehen zu bekommen, kann die Crimemap unserer Zeitung helfen. Sie bildet die Statistik mit dem neutralen Blick des Computers ab – dem die Redaktion permanent über die Schulter schaut, damit alle Meldungen richtig einsortiert werden. Insgesamt sind an dem Projekt mehr als ein Dutzend Kolleginnen und Kollegen beteiligt, von Redakteuren über Grafiker bis zu Webentwicklern.