Die Kliniken im Land haben noch genügend Platz für Corona-Patienten. Foto: dpa/Uwe Anspach

Die Corona-Zahlen steigen, die Kliniken im Südwesten behandeln wieder mehr Intensivfälle. Das zwingt sie mitunter zum Umplanen. Aus der ersten Welle im Frühjahr haben die Krankenhäuser zwar gelernt - doch hoffen sie, dass sich nicht alles wiederholt.

Stuttgart - Trotz steigender Corona-Zahlen und einem Teil-Lockdown müssen Patienten im Moment keine Angst haben, dass Kliniken im Südwesten wegen Überfüllung oder Engpässen schließen. Es gebe auch noch keinen Hinweis auf einen Aufnahmestopp, sagte eine Sprecherin der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG) am Montag in Stuttgart. Den müsse Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) anordnen. Schon allein um Geld zu verdienen, operierten die Ärzte beispielsweise in der Regel auch weiterhin bei theoretisch aufschiebbaren Eingriffen. Nichtsdestotrotz haben viele Einrichtungen Besuchsregeln verschärft und schränken Kontakte auf das Nötigste ein.

Notfallreserve von 1746 Betten

Von mehr als 3000 Intensivbetten seien rund 800 frei, so die Sprecherin. Hinzu komme eine Notfallreserve von 1746 Betten, die innerhalb einer Woche aufgestellt werden könnten. Von den belegten Betten würden nur 245 für Corona-Patienten genutzt. Insgesamt - also auch auf anderen Stationen - wurden nach Angaben vom Montag etwa 1100 Corona-Infizierte in den Krankenhäusern im Land behandelt. Wie groß eine Klinik ist, spiele bei der Frage nach den Kapazitäten weniger eine Rolle, sagte die Sprecherin. Entscheidend sei eher, wie sich die Infektionen in der jeweiligen Region entwickeln.

Dennoch fordert die BWKG von der Politik Sicherheit und Flexibilität bei Finanzen und Personal. „Die Versorgung einer steigenden Anzahl an Covid-19-Patienten ist eine absolute Ausnahme- und Notfallsituation“, sagte BWKG-Vorstandschef Detlef Piepenburg laut Mitteilung. „Sie darf nicht von Personalvorgaben behindert oder sogar verhindert werden, die für den Alltagsbetrieb der Krankenhäuser gemacht wurden.“

BWKG fordert finanzielle Sicherheit

So müsse die Regierung etwa Personaluntergrenzen wieder aussetzen, damit Krankenschwestern und Pfleger auf anderen Stationen eingesetzt werden können. Wenn dann dort die Behandlung eingeschränkt werde, um Personal für schwer kranke Covid-19-Patienten auf anderen Stationen zu haben, sollte es auch eine finanzielle Sicherheit geben.

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Ferner möchte die BWKG, dass die Krankenkassen dauerhaft Rechnungen der Kliniken innerhalb von fünf Tagen bezahlen müssen. „Die bisher vorgesehene Begrenzung dieser Regelung auf das Jahr 2020 muss gestrichen werden“, heißt es in einem Papier der BWKG. Piepenburg erläuterte: „Damit sich die Krankenhäuser auf die Versorgung der Covid-19-Patienten konzentrieren können, muss ihre Liquidität zu jedem Zeitpunkt sichergestellt sein.“ Rettungsschirme auch für Reha-Kliniken und Pflegeeinrichtungen sollten für die Dauer der Pandemie gesichert werden, mindestens aber bis Ende März 2021.

Spahn verweist auf gesetzliche Regelung

Spahn hatte am Sonntagabend im ZDF auf eine gesetzliche Regelung verwiesen, die sicherstelle, dass es keine wirtschaftlichen Nachteile für Krankenhäuser gebe und alle Defizite auch im letzten Quartal 2020 ausgeglichen würden. „Wo wir nachsteuern müssen, werden wir nachsteuern“, sagte er. Jedes Krankenhaus solle sich in der Pandemie darauf verlassen können, keine wirtschaftlichen Nachteile zu haben.

Vor welchen Problemen Krankenhäuser schon jetzt mitunter stehen, machte eine Meldung des Klinikverbunds Südwest mit Standorten unter anderem im Calw und Böblingen vor wenigen Tagen deutlich: Schon da waren die Zahlen der stationär behandelten Patienten auf dem Stand von Mitte März angekommen. Anders als im Frühjahr werde das reguläre OP-Programm aber unter Volllast gefahren - eine Doppelbelastung also. Zudem fielen Dutzende Mitarbeiter wegen Quarantäne aus.

Getrennte Wege für Corona-Verdachtsfälle

Im Frühjahr hatten viele Patienten mit anderen Erkrankungen als Corona häufig aus Angst vor einer Infektion einen großen Bogen um Krankenhäuser gemacht. Dafür gebe es auch heute keinen Grund, betonte die BWKG-Sprecherin. „Wir hoffen, dass das eine Lehre aus der ersten Welle war.“ Die Kliniken seien gut vorbereitet. Zum Beispiel gebe es getrennte Wege für Corona-Verdachtsfälle. Wer etwa Symptome eines Schlaganfalls oder Herzinfarkts habe, müsse ebenso wie Kinder mit schwerem Magen-Darm-Infekt unbedingt im Krankenhaus behandelt werden. Erkrankte oder Angehörige könnten auch über die Telefonnummern 112 oder 116 117 Experten zurate ziehen, welche Hilfe richtig ist.